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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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freundliches, wettergegerbtes Gesicht. Die braunen Augen strahlten eine gewisse Sanftmut aus, verrieten aber gleichermaßen Energie und starken Willen. Sie trug eine abgetragene, dunkelbraune Tracht mit grünen und dunkelgelben Stickarbeiten, die linke Hand ruhte auf dem Stockgriff.
    »Iss das.« Laja reichte Torben das Gefäß mit der dampfenden Flüssigkeit. »Du musst dich stärken, bevor der neugierige Kerl herkommt. Ich bin nebenan in der Küche, wenn du mich brauchst.«
    »Danke. Für die Freundlichkeit und die Pflege stehe ich in deiner Schuld.« Der Pirat machte sich über die Suppe her, die mit extra viel Fleisch zubereitet worden war, und gönnte sich hinterher ein kleines Schläfchen, das aber nur kurz dauerte, weil sich der Richter mit viel Getöse in der Stube ausbreitete und Torben ohne Rücksicht auf dessen Zustand verhören wollte.
    Der Pirat erzählte dem Mann die Geschichte, die er sich im Halbschlaf ausgedacht hatte. Er wäre ein Fischer gewesen, der von palestanischen Händlern als Sklave verkauft werden sollte. Das Schiff sei eine Sonderkonstruktion für Sklavenjagd auf See gewesen, mit dem die Händler andere Schiffe aufgebracht hatten. Im Sturm hatte er sich befreien und mit dem Fass absetzen können.
    Der Richter nickte viel, lauschte gebannt und verstand das Ganze wohl eher als Märchenstunde, die ein bisschen Abwechslung in das ansonsten langweilige Dorfleben brachte. Zum Schluss wünschte er ihm gute Besserung und sagte ihm alle Hilfe der tarpolischen Regierung zu, die er brauchte, um zurück in sein Heimatdorf zu kommen. Danach verabschiedete er sich und ging.
    Laja stand in der Tür, beide Hände auf den Stock gestützt, und lächelte wissend.
    »Du bist ein großartiger Geschichtenerzähler, Torben Rudgass. Der alte Narr mag dir vielleicht glauben, aber ich nicht.«
    Der Pirat spürte ein leichtes Unbehagen, die Blicke der Frau schienen jeden Winkel seiner Gedanken zu durchdringen und ihn der Lügen, die er dem Mann aufgetischt hatte, zu überführen.
    »Ich bin aber wirklich ein Fischer gewesen, der …«
    »Du bist zur See gefahren, das stimmt. Aber du hast nicht die üblichen Schwielen eines Fischers. Außerdem trägt dein Körper alte Narben, die man sich nicht an Netzen, sondern an Schwertern oder Dolchen holt. Ich denke, du bist ein Pirat, der von den Palestanern gefangen genommen wurde.« Laja kam zu ihm ans Bett, wobei sie den rechten Fuß etwas nachzog. »Ich mag die Palestaner auch nicht, Torben, und deshalb bist du mir herzlich willkommen.«
    Der Rogogarder kratzte sich verlegen am Kopf. »Und ich dachte, ich sei überzeugend.«
    »Für den Alten, ja«, winkte sie ab und lachte. »Und weil er nicht der Hellste ist, haben wir ihn ja auch gewählt, aber jeder im Dorf, der nur einen Funken Grips im Kopf hat, wird sich die Wahrheit oder zumindest einen Teil davon denken können. Keine Angst, wir alle bevorzugen den Handel mit Rogogard, anstatt teure Ware aus Palestan zu kaufen. Deshalb habe ich gesagt, du bist hier sicher.«
    »Aber was ist, wenn jemand dem Richter die Wahrheit sagt?« Torben verzog das Gesicht, als er eine unachtsame Bewegung machte und sich die Wunden auf seinem Rücken schmerzhaft zurückmeldeten.
    »Keiner der Bewohner wird dich beim Richter anzeigen, dafür garantiere ich.« Laja sah dem Piraten in die Augen. »Du wirst lange brauchen, bis du wieder richtig auf den Beinen stehst.«
    »Ich habe alle Zeit der Welt, denn ich habe kein Schiff und keine Mannschaft mehr.« Der Rogogarder schaute aus dem Fenster und betrachtete die Sonnen, die durch die verschneiten Bäume schienen. »Und ich wäre auch besser mit meinen Leuten zusammen gestorben, glaube ich.«
    Laja drückte unvermittelt mit dem Stock auf den Verband, und Torben war so überrascht, dass er einen Schmerzensschrei ausstieß.
    »Die Schmerzen zeigen dir, dass du überlebt hast. Es war der Wille der Götter und des Meeres, dass du weiter auf dem Lebenspfad läufst, wie es dir bestimmt ist. Wären die Götter anderer Meinung gewesen, würdest du auf dem Grund der See liegen. Also sei nicht wehleidig und undankbar, sondern fang von vorne an.«
    Der Pirat schwieg und sah Laja mit funkelnden Augen an.
    »Ich wollte nur, dass du dich daran erinnerst, Torben.« Die Frau verließ das Zimmer. Der Mann war allein und überdachte die Worte seiner Wohltäterin.
    Nach kurzer Zeit kehrte sie zurück und brachte die nächste Schüssel mit Suppe, die einem Fischeintopf sehr ähnlich war. Als sie gehen wollte, hielt

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