Schatten über Ulldart
schnell entdeckte er den schaumigen Speichel im Rachen und rund um das Maul des Nagers. Aus den Nasenlöchern tropfte dünnflüssiger Schleim.
»Verdammt, der palestanische Hund wollte mich doch vergiften.« Torben warf die Ratte weg und stieß die Suppenschale um. »Das hast du dir so gedacht, DeRagni.«
Mit einem lauten Krach rammte die Fröhlicher Gruß etwas. Die Planken in Torbens Holzverlies rissen auf, und eiskaltes Meerwasser ergoss sich in einem dicken Schwall über den Piraten und in das Rauminnere.
Der Rogogarder wurde durch den Wasserdruck nach hinten geschleudert, die Kettenhalterungen hatten sich aus dem zerstörten Holz gelöst und den Gefangenen freigegeben. Zwar lagen immer noch die Ringe um Hand- und Fußgelenke, aber er konnte sich bewegen.
Die Freude wurde schnell durch das eindringende Wasser gedämpft, das in Windeseile höher und höher stieg.
Glücklicherweise hatten sich die Wachen nicht die Mühe gemacht, sein Gefängnis sorgsam abzusperren, und so gelang es Torben, den Raum zu verlassen und mit einiger Mühe die steile Leiter zu erklimmen, die nach oben an Deck führte.
Über sich erkannte er durch die Luke einen sturmbewölkten Himmel. Wahre Sturzbäche prasselten auf die Fröhlicher Gruß herab, und zerfetzte Segelstücke knatterten laut im peitschenden Wind.
Das Schiff krängte in dem Moment nach Steuerbord, als der Pirat aus der Luke kletterte, der geschwächte Mann verlor das Gleichgewicht und fiel in einen Stapel Seile.
Eigentlich hatte er gedacht, dass ein Aufschrei über Deck ginge, wenn der Gefangene versuchte, in die Freiheit zu flüchten, aber es blieb alles still.
Von der Mannschaft, die bei einem solchen Unwetter damit beschäftigt sein sollte, die Segel zu reffen, fehlte jede Spur. Unkontrolliert surrte das Steuerruder auf dem Oberdeck, die Positionslichter waren verloschen, und das Krähennest war unbesetzt. Die Fröhlicher Gruß war zu einem Geisterschiff geworden.
Mit zusammengebissenen Zähnen kam Torben aus dem Seilstapel heraus und kroch auf allen Vieren über die schwankenden Holzplanken in Richtung Kapitänskajüte, in der ein unruhiges Licht flackerte. Der Pirat wollte wissen, was hier vorging, ungeachtet der Schwierigkeiten, die im dadurch blühten.
Die Tür zur Kajüte klappte im Takt der Wellen auf und zu, und auch wenn das Schiff auf einem Felsen oder ähnlichem festlag, hob und senkte sich der Rumpf immer noch, das Krachen und Splittern der Holzverstrebungen wurde lauter. In wenigen Minuten würde die komplette linke Rumpfseite aufgerissen sein, und von da an war es nur eine Frage von Sandkörnern, wann die Fröhlicher Gruß auf den Grund sinken würde.
Torben stand auf und wankte hinein, die Ketten klirrten hinter ihm her.
DeRagni lag mit dem Gesicht nach oben auf dem Schreibtisch, aus seiner Brust ragte sein eigener Degen, der ihm mit Wucht durch den Leib gerammt worden war und ihn auf der Arbeitsplatte des Tisches fest hielt, sodass er trotz des Seeganges nicht herab rollte.
Die Augen des Palestaners waren weit aufgerissen, als habe er sich im Tod sehr erschrocken, das Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Die Sachen des geheimnisvollen Passagiers fehlten, die beiden Seesäcke waren verschwunden.
Der Pirat konnte sich keinen Reim darauf machen. Seine vagen Vermutungen gingen in Richtung Meuterei der Mannschaft, die vielleicht den wertvollen Schmuck haben wollte.
Ein neuerlicher Ruck zeigte dem Rogogarder, dass er nicht mehr allzu viel Zeit hatte, und so verließ er die Kajüte, um nach einer Möglichkeit zu suchen, die ihn von Bord des verfluchten Schiffes bringen konnte.
Das große Beiboot pendelte, so bemerkte er zurück an Deck, in seiner Halterung.
»Also doch keine Meuterei«, sagte sich Torben, der sich an einem herunterhängenden Seil fest halten musste, um nicht über die Reling gespült zu werden. »Aber wo sind die Männer abgeblieben?«
Mit dem Boot jetzt in See zu stechen, wäre bei diesem Wellengang Selbstmord, außerdem konnte er in seinem Zustand die Winde nicht bedienen, um es zu Wasser zu lassen. Also brauchte er eine andere Lösung.
Der Mann beschloss, in der Kombüse nach einem leeren Fass zu suchen, das ihn beim Kentern des Schiffes vor dem Ertrinken bewahren sollte.
Der Weg dorthin schien ihm unendlich weit. Obwohl der Sturm sich allmählich legte, spülte das Meer immer noch eine Woge nach der anderen über Deck, die letzte hätte ihn beinahe über Bord geworfen.
In der Kombüse erwartete ihn die nächste
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