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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Fundament einer Kaimauer, nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt.
    Da er spürte, dass seine Beine jeden weiteren Dienst verweigerten, verlegte er sich auf lautes Rufen, in der Hoffnung, ein Fischer oder Spaziergänger würde ihn hören.
    Tatsächlich vernahm er nach einer Zeit Schritte, die im Sand knirschten und sich ohne Zweifel auf ihn zu bewegten.
    »Siehst du, ich habe gleich gesagt, dass jemand überlebt hat«, sagte eine ältere Frau, die eine Spur Triumph in ihrem Tonfall hatte.
    »Die Möglichkeit war aber sehr gering, das musst du zugeben, Laja«, hielt eine zweite Frau dagegen. »So wie das Schiffswrack dort drüben auf den Klippen aussieht, muss der Steuermann so blind wie der alte Dubjuschek gewesen sein.« Beide sprachen Ulldart, allerdings mit einem stark rollenden »r« in den Wörtern, sodass sich der Pirat sicher war, an der tarpolischen Küste gelandet zu sein.
    »Dich möchte ich mal am Steuer eines solchen Kahns sehen, wo du noch nicht einmal mit einem Ruderboot geradeaus fahren kannst«, lachte die Ältere, die Schritte kamen immer näher. »Sieh mal. Er hat die Augen auf.«
    »Und er trägt Ketten und ist von oben bis unten voller Sauerkraut«, fügte die andere trocken hinzu, die plötzlich in Torbens Gesichtsfeld auftauchte und sich zu ihm hinunter beugte. »Verstehst du mich?«
    Torben nickte schwach. »Hilfe«, flüsterte er, das laute Rufen hatte seiner Stimme den Rest gegeben. Er sah inzwischen alles verschwommen und so undeutlich, dass er sogar ein Walross für einen Menschen gehalten hätte.
    Jetzt erschien auch die zweite Frau, die sich auf einen Stock stützte und den Rogogarder mit zusammengekniffenen Augen musterte. Dann wurde ihre Miene eine Spur freundlicher.
    »Keine Angst, Junge. Wir kriegen dich wieder auf die Beine.« Sie klopfte mit dem Stockende an die rechte Handgelenkfessel, Torben zuckte zusammen. »Die werden wir dir auch abnehmen, sobald wir dich in mein Haus verfrachtet haben.«
    Weitere Schritte kamen über den Strand, eine leise Unterhaltung klang zu den dreien herüber, die sich mit der Herkunft des Mannes beschäftigte.
    »Ihr könnt euch später noch Gedanken machen, wo er herkommt und was er ist. Er braucht jetzt erst mal Pflege. Kommt her und bringt ihn in mein Haus.«
    Der Mann schloss müde die Augen, hilfreiche Hände hoben ihn auf eine Bahre und trugen ihn vom Strand weg.
    Torben erlebte alles wie im Traum, der Weg durch das Dorf, vorbei an staunenden Kinder und Erwachsenen, das Betreten das Hauses seiner Wohltäterin und endlich das Liegen in einem weichen Bett, in dem er sofort einschlief.
    Ein stechender Schmerz im Rücken ließ ihn schreiend erwachen. Er lag auf dem Bauch, seine Kleider fehlten, und etwas brannte fürchterlich auf seinem Schulterblatt. Doch als er versuchte, sich aufzurichten, drückten ihn Hände sanft, aber bestimmt wieder zurück auf das Lager.
    »Du wirst stillhalten, sonst bekomme ich den Sand niemals aus deinen Wunden gewaschen«, sagte die ältere Frau, die am Strand Laja genannt worden war. »Es sieht schlimm aus, aber es gibt keine Verletzung, die ich bisher nicht geheilt bekommen habe.« Wieder stach es, aber Torben war diesmal auf den Schmerz vorbereitet und knurrte nur leise. »Schon besser, Junge. Du hast es gleich überstanden, danach bekommst du eine schöne heiße Suppe, die dich wieder zu Kräften bringt.«
    »Ich heiße Torben Rudgass, nicht Junge.« Der Pirat versuchte den Kopf zu drehen, konnte die Frau aber nicht sehen. »Ich habe mich noch gar nicht bedankt, dass man mir die Fesseln abgenommen hat.«
    »Unser Schmied ist ein sehr geschickter Mann, der mit dem Hammer sehr gut umzugehen weiß. Er hat deine Ketten gesprengt, ohne auch nur die Haut zu ritzen.« Laja strich ihm über den Kopf. »Keine Angst, du bist hier in Sicherheit. Später wird der Richter herkommen und dich befragen wollen. Er ist natürlich neugierig, was für ein Schiff das war und was du dort gemacht hast.«
    Torben überlegte fieberhaft. »Ich sollte als Sklave verkauft werden, es waren palestanische Händler, die …«
    »Nein, nein. Mich interessiert es nicht«, unterbrach die Frau ihn.
    Der Pirat hörte, wie sie aufstand, etwas vom Tisch nahm und zum Kopfende des Bettes kam. Er roch die Suppe, bevor er sie sah, und sie weckte einen enormen Hunger in dem Rogogarder.
    Dann stand Laja vor ihm und hielt ihm die tiefe Schüssel hin.
    Die Frau war um die Fünfzig, hatte langes, schwarzes Haar mit grauen Strähnen darin und ein

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