Schatten über Ulldart
Torben sie am Handgelenk fest.
»Du hast Recht mit dem, was du vorhin gesagt hast. Es tut mir Leid, wenn ich wie ein selbstmitleidiges Kind geklungen habe.«
Laja lächelte wieder. »Du bist nicht nur ein zäher Mensch, du hast auch noch Verstand dazu. Das gefällt mir an einem Mann.«
»Habt ihr am Strand noch andere gefunden? Tote vielleicht?«, fragte der Pirat, während er sein Essen hineinschaufelte. Die Frau schüttelte den Kopf.
»Das war eigentlich sehr seltsam. Niemand außer dir wurde angespült, nur ein paar Sachen vom Schiff und die Trümmer eines Beibootes.«
Torben verschluckte sich. »Die Trümmer eines Beibootes, sagst du? Lagen vielleicht noch zwei große, lederne Seesäcke darin? Das ist sehr wichtig für mich.«
Laja musterte ihn aufmerksam. »Ich weiß es nicht. Die Männer und Frauen des Dorfes haben den Strand direkt nach dem Sturm gefleddert und alles, was einigermaßen wertvoll ausgesehen hat, mit nach Hause genommen. Ich wollte auch etwas haben, aber ich fand nur dich.« Sie kicherte. »Warum?«
Torben verfluchte seine Verletzungen und die Schwäche, die ihn daran hinderten, sich den Strand selbst anzusehen. »Laja, ich muss dir eine seltsame Geschichte erzählen.«
»Ich hoffe, es ist keine Lügengeschichte, wie du sie dem Richter angedreht hast«, meinte sie und hob scherzhaft den Stock, wurde aber mit einem Schlag ernst, als sie sah, wie wichtig Torben die Sache zu sein schien. »Es geht vermutlich um das Schiff, oder? Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht, weshalb der Kapitän oder der Steuermann nicht rechtzeitig einen sicheren Hafen angelaufen haben, anstatt vor der klippenreichen Küste zu kreuzen.« Sie setzte sich auf einen Schemel.
Der Pirat nickte. »Das ganze Unglück begann in Gustroff«, sagte er und schilderte den geheimnisvollen Fremden, dessen seltsame Ausrüstung und was er in jener Sturmnacht an Bord der Fröhlicher Gruß alles gesehen hatte.
Am Ende der Erzählung wirkte Lajas Gesicht sehr interessiert. »Glaubst du, er hat sich irgendwie an Bord des palestanischen Händlers geschlichen und die Mannschaft vergiftet?« Die Frau spielte nachdenklich am Knauf des Stocks.
»Ich bin auch zu der Vermutung gekommen, gerade weil DeRagni dieses seltsame weiße Pulver im Ring gefunden hatte. Was wäre, wenn der Fremde noch mehr von diesem Zeug gehabt und es heimlich in den Topf geschüttet hätte?« Torben war ganz aufgeregt.
»Möglich wäre das schon«, stimmte Laja zu. »Es gibt solche Mittel, aber es müsste schon ein sehr starkes Gift gewesen sein, das eine ganze Mannschaft schnell töten kann. Vermutlich hat er die Leute nur deshalb kurz vor dem Sturm umgebracht, weil er sich mit der See und dem Wetter nicht auskannte. Das erklärt auch, weshalb das Schiff in die Klippen gerast ist. Und DeRagni hat er getötet, weil er vermutlich nichts von dem Eintopf zu sich genommen hatte. Du sagtest, du hast in der Nacht eine Gestalt mit einem Kurzschwert an der Winde des Beibootes gesehen?«
Der Pirat nickte. »Jeder, der sich nur ein bisschen mit dem Meer auskennt, weiß, dass ein Beiboot der palestanischen Bauart im Sturm schneller kentert, als ein Stück Blei im Wasser sinkt. Er hätte sich besser auch ein Fass gesucht wie ich.«
»Was erneut dafür spricht, dass der Fremde wenig Kenntnis von der Seefahrt besaß, was ihn letztendlich das Leben gekostet hat«, ergänzte Laja mit zufriedenem Gesicht und stampfte mit dem Stock auf. »Er hat seine Strafe für den Mord an den Menschen erhalten, auch wenn es nur Palestaner waren.«
»Es hätte mich schon interessiert, wie der Assassine es geschafft hat, an Bord der Fröhlicher Gruß zu kommen und so lange unentdeckt zu bleiben«, murmelte Torben, der eine zunehmende Müdigkeit spürte. Ein ausgedehntes Gähnen ließ sich nicht länger unterdrükken.
»Ich glaube nicht, dass es dir der Assassine gesagt hätte, wenn du ihm begegnet wärst.« Sie deckte ihn vorsichtig zu. »Du schläfst jetzt besser. Wir können später noch darüber reden. Gute Nacht, Torben.«
Laja stand vom Schemel auf und ging hinaus.
Der Rogogarder versank in kürzester Zeit in unruhige Träume, die sich immer wieder um den geheimnisvollen Passagier drehten, der so vielen Menschen einen heimtückischen, qualvollen Tod gebracht hatte.
»Und Sinured opferte Tzulans Geist Menschen in großen Mengen. Manche sagen, es waren so viele, dass sie tausend große Kornspeicher gefüllt hätten. Er machte keinen Unterschied, ob Mann oder Frau, ob Kind oder
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