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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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der Gouverneur denkt über Eure Bestrafung ebenfalls nach.« Die Vasruca rauschte hinaus.
    »Ein starker Auftritt«, sagte Stoiko vor sich hin und wandte sich zu Lodrik. »Und wie wollt Ihr den bösen, bösen Waljakov nun bestrafen?«
    »Ich könnte ihn eine Stunde mit meiner Cousine alleine lassen«, schlug der Junge vor.
    »Sie ist Eure Cousine?« Der Leibwächter machte ein nicht gerade intelligentes Gesicht.
    Lodrik erhob sich und stellte sich zu seinen beiden Vertrauten. »Kostromo entstand, wenn ich mich noch richtig an den Geschichtsunterricht erinnere, im Jahre Zweihundertzwölf nach Sinured, als ein Vasruc namens Sengac einen Aufstand der Minenarbeiter und Holzfäller anzettelte und sich von unserem allseits geschätzten Nachbarn Hustraban lossagte. Zwar schaffte es Sengac immer wieder, kleinere Auseinandersetzungen zu gewinnen, ging aber sicherheitshalber ein Militärbündnis mit Tarpol ein. Richtig?« Stoiko nickte zur Bestätigung. »Und seitdem sind die Beziehungen immer weiter ausgebaut worden. Irgendwann hatten die Bardrics mit geschickter Heiratspolitik einen Fuß in der Tür, sodass die derzeitige Vasruca die Nichte meines Vaters ist. Kostromo ist im Grunde nichts anderes als eine Kolonie Tarpols. Meine Tante, die eigentliche Vasruca, ist schon seit mehr als zehn Jahren tot. Sie war aber nie besonders gut gelitten im Palast meines Vaters.«
    »Was macht dann die Großcousine hier in Granburg?« Waljakov schaute grimmig. »Und wieso hat sie Euch oder Stoiko nicht erkannt?«
    »Wir haben uns glücklicherweise nie kennen gelernt. Dann wäre spätestens jetzt unsere kleine Komödie in Granburg zu Ende gewesen.« Lodrik ging zur Tür und warf einen Blick nach draußen. Das schmale Vorzimmer war leer. »Ich glaube, ich werde die Audienz früher als sonst beenden. Ich bin wirklich gespannt, was sie hier möchte.«
    Der Leibwächter und Stoiko begleiteten den Jungen durch die Gänge zum Teezimmer, in dem die Vasruca auf das Erscheinen des königlichen Statthalters wartete.
    Als sie Lodrik eintreten sah, stand sie vom Sofa auf und verbeugte sich tief, gewährte dem Gouverneur somit einen deutlichen Einblick in ihr viel versprechendes Dekolleté.
    »Exzellenz.« Sie hob den Kopf und schickte ihm einen funkelnden, schelmischen Blick, als ob sie genau wüsste, worauf der Junge eben gestarrt hatte.
    »Durchlaucht«, stotterte er und errötete. »Es ist mir eine Ehre, die Vasruca von Kostromo in meinem Palast begrüßen zu dürfen.«
    Schnell setzte er sich in den Sessel, verhedderte sich dabei vor lauter Ungeschicklichkeit im Wehrgehänge und saß sehr schräg im Sitzmöbel.
    Ein Diener schenkte dampfenden Tee ein.
    Es senkte sich eine etwas peinliche Stille auf den Raum herab, nur das Klingeln, das Lodriks Löffel beim Rühren in der Tasse verursachte, war zu hören. Der Junge spürte die forschenden Augen der Frau auf sich ruhen.
    Schließlich nahm er all seinen Mut zusammen. »Was verschafft mir das Vergnügen?« Seine Stimme klang zu betont unverbindlich.
    »Ich dachte schon, Exzellenz will mich das niemals fragen«, sagte sie und legte ihre Hand beiläufig auf den Unterarm ihres Cousins. »Ich bin auf der Durchreise in Richtung Meer. Ich wollte ein paar Wochen im Sommer nutzen, um in einem meiner Landhäuser ein wenig Salzwasser zu riechen. Es ist gut für die Haut, müsst Ihr wissen«, plauderte sie. »Und da meine Pferde auf der langen Fahrt von Kostromo bis hierher inzwischen etwas müde geworden sind, dachte ich, der Gouverneur könnte mir für ein oder zwei Tage Asyl gewähren, bis sich die Tiere erholt haben.« Sie zog die Hand zurück und nahm ihre Teetasse auf, während sie Lodrik abwartend beobachtete.
    »Äh, das dürfte kein Problem bereiten«, beeilte sich der Statthalter zu sagen. Innerlich war er sehr froh darüber, dass sie keinerlei verwandtschaftlichen Ähnlichkeiten besaßen, sonst wäre es bestimmt zu ein paar unangenehmen Fragen gekommen, obwohl er fürchtete, dass die Sache noch nicht ausgestanden war. Im entscheidenden Moment hoffte er auf die Unterstützung von Stoiko und Waljakov, die wie die Marmorsäulen dastanden.
    »Das ist sehr freundlich von Euch. Ihr seid noch nicht lange im Amt, wie ich unterwegs gehört habe?« Sie nahm einen kleinen, vornehmen Schluck. »Die Leute reden nur gut über Euch, wisst Ihr das? Zumindest setzten sie Hoffnungen in Euch.«
    »Ja. Ich hoffe, dass es so bleibt.« Er setzte die Tasse an und verbrannte sich selbstverständlich die Lippen am heißen

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