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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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sich an den Jungen, der sich an ihrem Arm wie eine Fliege im Netz einer Spinne vorkam.
    »Ich esse zu viel«, antwortete Lodrik, ohne groß nachzudenken. Sein Kopf fühlte sich an, als wäre er rot wie ein überreifer Apfel.
    »Ich bitte Euch, Exzellenz! Ihr wirkt eher stattlich als dick.« Sie legte seine schweißnasse Hand auf ihren makellosen Bauch, dann auf die schlanke Hüfte. »Seht Ihr, ich müsste abnehmen.«
    »O nein. Nein, Ihr seid wunderschön«, hauchte Lodrik, bei dem alle Dämme brachen, und die alte Tapsigkeit, die der Kabcar auf Bällen immer so fürchtete, kehrte zurück.
    Die Frau beugte sich vor und brachte ihren Mund auf die Höhe seines rechten Ohres. »Exzellenz müsste mich einmal ohne die störende Kleidung sehen.« Angenehm wie ein warmer Lufthauch umgab ihn ihr Atem. »Ihr könntet mich heute Abend in meinem Zimmer besuchen, wenn Ihr möchtet.«
    Sie drückte seine Hand, befreite sich von seinem Arm und schlenderte in aller Ruhe zum Fenster, hinter dem die Sonnen gerade in einem feuerroten Himmel untergingen.
    »Kleine verwandtschaftliche Plaudereien, wie ich vermute?« Stoiko reichte Lodrik ein Taschentuch. »Ihr sabbert, Herr.«
    Erschrocken griff der Gouverneur nach seinem Kinn, dann nach dem Stoff, aber sein Vertrauter steckte das Tuch nur lächelnd wieder ein. »Es sollte ein Scherz sein. Aber, so wie es aussieht, ist Eure Großcousine gerade dabei, Euch den Kopf zu verdrehen, kann das sein?«
    »Was macht man mit Frauen, wenn man mit ihnen alleine ist?«, fragte der Statthalter, die Augen auf Aljaschas Rücken gerichtet.
    »Man redet mit ihnen, trinkt etwas, trägt ein Gedicht vor oder ignoriert sie, je nachdem.« Belustigt beobachtete der Vertraute den Ausdruck auf Lodriks Gesicht. »Oder was habt Ihr gemeint, Herr?«
    »Du weißt sehr wohl, was ich gemeint habe«, gab er beleidigt zurück. »Ich meine das, was jeder tut, mit Ausnahme von Waljakov, glaube ich, über das man in meiner Gegenwart aber noch nie gesprochen hat.«
    »Ihr habt Euch bisher auch noch nicht dafür interessiert, wenn Ihr ehrlich seid«, grinste Stoiko. »Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, ausgerechnet mit Eurer Großcousine den allerersten Schritt auf den Pfad der Liebesspiele zu wagen. Ich denke, sie wird sich einen Spaß mit Euch erlauben wollen. Obwohl, sie hätte genügend Erfahrung, um Euch in die richtige Bahn des gemeinsamen Liebesglücks zu lenken.« Er strich sich über den Schnauzer. »Wenn sie ihr Angebot ernst meint, wird es eine ziemlich unvergessliche Liebesnacht werden, um die sogar ich Euch beneiden würde. Sie wird Euch alles beibringen, denke ich, was ein Mann wissen muss, wenn es um Frauen geht. Es ist Eure Entscheidung, Herr.«
    »Ich werde mich anstellen wie der letzte Idiot«, seufzte Lodrik.
    Nur im letzten Moment unterdrückte der Vertraute ein bestätigendes Nicken, verbeugte sich stattdessen und kehrte zu Miklanowo zurück, der sich wie immer vornehm im Hintergrund hielt.
    Nach einer Weile löste sich der Brojak von Stoiko und steuerte auf den sinnierenden Statthalter zu. »Ich würde Euch gerne ein paar Vorschläge machen, Exzellenz. Ihr solltet Euch mehr um die Granburger persönlich kümmern.«
    »Ich bin eigentlich derzeit nicht in der Laune, mir etwas über die Ausbildung anzuhören«, gestand der Junge. »Dazu sind meine Gedanken zu sehr mit anderen, wichtigeren Dingen beschäftigt.«
    Miklanowo verfolgte den stieren Blick des Gouverneurs. »Ich verstehe. Diese Art von Gedanken sind mir aus meiner Jugend nur allzu gut bekannt. Dafür habe ich größtes Verständnis, Exzellenz. Wir reden morgen darüber.« Er zog sich zurück.
    Die Musik spielte einen langsamen Tratto, als sich Aljascha Lodrik wieder näherte. »Möchtet Ihr tanzen, Exzellenz? Ich liebe Tratto über alles.«
    Lodrik spürte vor Schreck einen leichten Schwindel. Schlimmer hätte es wahrlich nicht mehr kommen können. War er schon in der Kunst der Konversation alles andere als bewandert, so versagte er bei dieser neuerlichen Prüfung mit tödlicher Sicherheit. Wenn es jemand gab, der niemals im Leben einen Takt gefunden geschweige denn gehalten hatte, dann war er es. Höfische Tänze beherrschte er nicht einen.
    Aber es war bereits zu spät.
    Seine Großcousine wiegte sich mit der Musik und übernahm das Führen, der Gouverneur stolperte ungeschickt hinterher und trat der Frau mehr als einmal auf die Füße.
    Bücher und Regale schossen an ihm vorbei. Bei der einen Drehung huschte ein grinsender Stoiko durch

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