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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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es nachdenklich.
    Warum hatten es die Modrak ausgerechnet ihm gegeben? Was sollte er damit? Würde er in Granburg so viel Hass erzeugen, dass die Wesen zurückkehrten und das unter einer »besseren Zeit« verstanden? Und weshalb sollte er ihre Hilfe benötigen? Fragen über Fragen, auf die der Thronfolger keine echte Antwort fand.
    Er beschloss, sich davor in Acht zu nehmen, Feindseligkeit und Zwietracht zu säen, sondern mit seinen Reformen die Menschen in der Provinz glücklicher zu machen. Denn wo mehr Zufriedenheit herrschte, dort fanden die schrecklichen Wesen mit den glühenden Augen keine Nahrung und keine Bleibe. Er war sich nur noch nicht darüber im Klaren, ob er das Schmuckstück behalten sollte oder nicht.
    »Bäche und Flüsse in Granburg«, las Waljakov den Einband des Folianten vor.
    Lodrik zuckte erschrocken zusammen und versuchte, ein interessiertes Gesicht zu fabrizieren.
    »Es ist wirklich erstaunlich, wie viele Wasserwege es in der Provinz gibt und jeder hat seine eigene Geschichte mit Geschichtchen«, redete der junge Mann drauf los. »Musst du dich immer so anschleichen?«
    »Ich habe drei Mal geklopft, Herr. Aber jetzt verstehe ich, weshalb Ihr nicht geantwortet habt. Es ist bestimmt sehr schwierig, die ganzen Abhandlungen verkehrt herum zu lesen.«
    Der Gouverneur blinzelte. »Bitte?«
    »Euer Buch, Herr«, der Leibwächter legte die mechanische Hand auf die Oberseite des dicken Wälzers, »steht auf dem Kopf, falls Ihr es noch nicht bemerkt haben solltet.«
    »Ich betrachte gerade eine Zeichnung, die falsch eingebunden wurde«, erklärte er kaltblütig und schnappte sich die Ränder des Folianten, um zu verhindern, dass Waljakov seinen Sichtschutz herumdrehte und damit das Amulett entdeckte.
    »Sucht Ihr etwas über die Modrak? Stoiko erwähnte vorhin etwas, dass Ihr so einen Namen gerufen hättet.«
    »Ja, ja. Genau, ich suche die Modrak«, sprang Lodrik auf die unvermittelt angebotene Hilfe an. »Ich habe im letzten Dorf ein paar Leute über einen Bach mit diesem Namen reden hören, und das ist mir unterwegs wieder eingefallen. Ich weiß inzwischen so viel über die Provinz, nur die Flüsse und Bäche sind mir noch völlig unbekannt. Das wollte ich ändern.«
    »Das scheint Euch wirklich sehr am Herzen zu liegen.« Der Leibwächter schien auf die Lüge hereinzufallen, und der Statthalter atmete innerlich auf. »Was ich noch fragen wollte: Habt Ihr gestern Nacht gut geschlafen, Herr? Miklanowo hat mich über diese seltsamen Wesen unterrichtet, die angeblich hin und wieder vorbeikommen.«
    »Mir hat er es auch gesagt, aber ich habe keines von ihnen gesehen. Vermutlich hatten sie zu viel Respekt vor deinen Wachen, alter Haudegen«, versuchte der junge Mann zu scherzen. »Ich hätte sie mir gern mal aus der Nähe angesehen.«
    »Wie den Kullak damals, der Euch um ein Haar erwischt hätte?«
    »Waljakov, ich bitte dich.« Lodrik winkte ab. »Ich bin seitdem viel besser mit dem Säbel geworden, das hast du selbst gesagt. Ich hätte mich schon zu verteidigen gewusst.«
    »Wollt Ihr nicht umblättern? Ihr müsst die Zeichnung doch schon auswendig kennen?«
    »Ich betrachte sie noch ein bisschen. Außerdem lese ich lieber, wenn ich alleine bin.«
    »Ich habe verstanden, Herr. Wenn Ihr mir nicht zeigen wollt, was Ihr da hinter dem Buch versteckt, werde ich einfach wieder gehen.« Der Leibwächter drehte sich um und verschwand zur Tür hinaus.
    Der Statthalter gab genau darauf Acht, dass der muskulöse Krieger auch wirklich das Gesellschaftszimmer verließ, dann steckte er das Amulett schnell wieder unter die Rüstung, klappte das Buch zu und stellte es zurück ins Regal.
    »Er merkt aber auch wirklich alles«, wunderte sich Lodrik über die Auffassungsgabe des Mannes.
    Ein tiefes Grummeln stieg aus seinen Gedärmen. Hoffentlich würde das Fest bald beginnen, denn sein Hunger wurde immer größer. »Ich würde sogar Eintopf essen«, sagte er zu sich selbst.
    Nach fast eineinhalb Stunden wurde der Gouverneur von seinem granburgischen Gastgeber im Gesellschaftszimmer abgeholt und in seine Unterkunft gebracht, damit er sich noch ein wenig frisch machen konnte, bevor das Fest anfing.
    Während Lodrik mit Wasser und Seife eine schnelle Waschung vornahm und sich in die offizielle graue Uniform der Königlichen Beamten zwängte, lauschte er nach draußen.
    Mehrere Leute schienen sich zu unterhalten, Lachen drang zu ihm herauf, Musikinstrumente wurden gestimmt. Der junge Mann glaubte, Geigen und Gitarren zu

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