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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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wusste nicht, dass Ihr auch Gaukler eingeladen habt.«
    »Meine Tagelöhner sind sehr vielseitig. Feuerspucker, Jongleure, Geschichtenerzähler und Zukunftsleser, diese Leute haben wirklich viele Qualitäten.«
    Erneut erhellte ein Flammenstrahl das Dunkel. Die wallende Hitze spürte Lodrik bis zu sich.
    In aller Seelenruhe legte der Mann die brennende Fackel auf die Zunge und schloss den Mund. Nach wenigen Lidschlägen stieß er dunkle Qualmwolken aus der Nase, nahm das erloschene Holz heraus und verbeugte sich vor seinen faszinierten Zuschauern.
    »Wollt Ihr nicht wissen, wie Eure Zukunft aussieht?«, fragte einer der Gäste den Gouverneur. »Es wäre doch sehr hilfreich, wenn Ihr über die ein oder andere Überraschung, die Euch noch bevorsteht, Bescheid wüsstet.«
    »Ich glaube nicht an diese Kunst«, lehnte Lodrik ab. »Es gibt niemanden, der das Schicksal anderer vorhersehen kann.«
    »Da täuscht Ihr Euch aber gewaltig, Exzellenz.« Der Mann machte ein verschwörerisches Gesicht. »Ich kann Euch versichern, Fatja hat mir ein paar Sachen gesagt, die später wirklich eingetreten sind.«
    »Vermutlich hat sie dafür gesorgt, dass sie eintraten. Es war bestimmt ein Diebstahl, den sie weissagte, oder?«, schaltete sich Waljakov ein. »Ich kenne diese Scharlatane. Ihre Fähigkeiten bestehen darin, anderen Leuten das Geld mit rätselhaften Andeutungen aus der Tasche zu ziehen. Die einzigen, die wirklich über eine göttliche Gabe verfügen, sind die Cereler.«
    »Jetzt tut Ihr aber meinen Tagelöhnern Unrecht«, verteidigte Miklanowo seine Freunde. »Ich habe schon einiges gehört, was später in Erfüllung gegangen ist.«
    »Wie ich schon sagte, Diebstähle und Geldverluste.« Der Leibwächter ließ sich nicht beirren. »Beliebt sind auch immer Hochzeiten und tragische Todesfälle. Dinge, die ach so selten sind.«
    »Du hast schon schlechte Erfahrungen mit Zukunftsdeutern gemacht, nehme ich an«, bemerkte Stoiko.
    »Ich nicht, aber viele andere, die ich kenne.«
    »Lasst es doch einmal darauf ankommen«, empfahl der Brojak. »Es wird Euch kein Geld kosten. Ihr müsst einfach nur zuhören, Exzellenz.«
    »Ich gestehe, ich bin inzwischen schon ein bisschen neugierig geworden.« Lodrik erhob sich. »Wo ist die Dame?«
    »Hier entlang. Sie ist, glaube ich, drüben im Gesindehaus.« Der granburgische Gastgeber ging los, gefolgt vom Gouverneur, Stoiko, Waljakov und Norina.
    Sie durchquerten den Gemeinschaftsraum und liefen in Richtung des großen Schlafsaales, wo der Brojak anhielt. »Ich sehe nach, ob sie Zeit hat, Exzellenz. Einen Moment.«
    Er huschte hinein und erschien kurz darauf wieder. »Sie ist bereit.«
    Die Gruppe trat ein und entdeckte lediglich ein Mädchen von höchstens zwölf Jahren am Fenster, das die aufgehenden Monde betrachtete.
    Ihr Haar schimmerte silbern in den Strahlen, das Antlitz wirkte ernst und erwachsener, als man es für das Alter erwartet hätte. Sie trug ein einfaches Leinenkleid und Stoffschuhe, ein Ring blinkte an ihrem rechten Mittelfinger auf.
    Als sie näher kamen, deutete sie eine Verbeugung an. »Es ist mir eine Ehre, den Gouverneur von Granburg kennen zu lernen.«
    »Sehr erfreut«, erwiderte Lodrik. »Wir suchen vermutlich deine Mutter, Kind. Kannst du uns sagen, wo Fatja steckt?«
    »Ich bin Fatja«, stellte sie sich vor. Miklanowo und Norina grinsten.
    »Ich würde gerne etwas über meine Zukunft wissen«, begann Lodrik und überspielte seine Überraschung, aber der Leibwächter machte eine verächtliche Geste.
    »Das wird ja immer schöner. Nun versuchen sich schon Kinder an der Betrügerei«, stellte er grollend fest. »Herr, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, sich von einem Mädchen aus der Hand oder sonst wo lesen zu lassen.«
    »Ich lese normalerweise nicht aus der Hand, sondern schaue den Menschen in die Augen.« Sie blickte auf und fixierte Waljakov. »Eure sind sehr interessant. Sie bergen viele Geheimnisse.«
    »Du hörst auf der Stelle damit auf, sonst werde ich etwas dagegen unternehmen.« Die mechanische Hand ruckte an den Säbelgriff. »Niemand liest in meinen Gedanken, wenn ich es nicht will!«
    »Was regst du dich denn so auf?«, fragte Stoiko erstaunt. »Ich dachte, es wäre alles nur Scharlatanerie und Humbug?«
    »Sie macht mich nervös«, knurrte der Kämpfer als Entschuldigung.
    »Ich bin dagegen sehr gespannt, was sie in meinen Augen lesen wird.« Der Gouverneur setzte sich ihr gegenüber.
    »Ich sage Euch etwas, wenn wir alleine sind, Exzellenz.

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