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Schattenauge

Schattenauge

Titel: Schattenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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wolle. Ich konnte sehen, wie sehr das Zoë zu schaffen machte. Ich hielt mir die Ohren zu, versuchte einen klaren Kopf zu bekommen und logisch nachzudenken.
    Die Gemeinschaft hatte Rubio nicht umgebracht. Aber wer dann? Eve? Ich stellte mir vor, wie die zierliche Eve Rubio überwältigte. Irgendwie passte es nicht. Gar nichts passte zusammen. Selbst wenn Zoë die Schuldige war – dann gab es immer noch jemanden, der Rubio auf dem Gewissen hatte.
    Leon bekam aus heiterem Himmel seinen nächsten Tobsuchtsanfall.
    »Bring ihn zum Schweigen oder ich setz ihn an die Luft!«, knurrte Gizmo genervt.
    »Lass ihn in Ruhe!«, rief Zoë. Die Stimmung im Wagen war kurz vor dem Explodieren. Und sie wurde nicht besser, als wir Gizmos Viertel erreichten.
    Ich dachte, es könnte nicht schlimmer kommen. Aber ich hatte mich gründlich geirrt. Als wir mit einer Vollbremsung und quietschenden Reifen vor den Garagen in seinem Hinterhof hielten, wehte Rauch am Autofenster vorbei. Er quoll aus dem Lüftungsgitter, das zum Keller führte.
    »Was zum Teufe l …«, zischte Gizmo. Er haute den Leerlauf rein und sprang bei laufendem Motor aus dem Wagen. Irves und ich folgten ihm.
    Es sah nicht gut aus.
    Der eklige Gestank nach brennendem Gummi und Styropor brannte in meinen Augen und versengte mir schon vier Schritte vor der Kellertreppe fast das Gehirn. Unten angekommen, konnte ich kaum mehr atmen. Gizmos Tür war angelehnt, offenbar war das Schloss aufgebrochen worden. Als Gizmo gegen die Tür trat und sie aufstieß, quollen uns schwarze Wolken entgegen. Wir sprangen zurück. Alles, was ich erhaschen konnte, war ein Blick in den Kellerraum. Na ja, den ehemaligen Kellerraum. »Scheiße!«, schrie Gizmo. »Das schwelt schon länger! Schaut euch die Kacke nur an! Meine ganzen Daten!« Seine Stimme überschlug sich. Noch nie hatte ich Gizmo fassungslos gesehen. Er riss sich die Brille von der Nase und schleuderte sie gegen die Wand, wo die Gläser mit einem Klirren zerbrachen. Ich versuchte zu rekonstruieren, was hier passiert war. Schwierig war es nicht. Der Geruch von Brandbeschleuniger war überall. Soweit ich durch die Tür erkennen konnte, waren die Wände ölig und rußgeschwärzt. Und alle Monitore, die Kabel, schwelende Styroporverpackungen und angekokelte Handys lagen auf einem hübsch angerichteten Scheiterhaufen mitten im Zimmer. Das Einzige, was seltsamerweise noch einigermaßen unversehrt aussah, war das Sofa.
    »Sie waren also auch hier«, stellte Irves fest. »Offenbar klappern sie uns der Reihe nach ab.« Die Ruhe in seiner Stimme überraschte mich. Und als er neben die Tür deutete, blieb mir der Mund offen stehen. Die vier Zeichen der Gemeinschaft. Inklusive der violetten Zahl von Eve. Ich dachte an meine Dachwohnung. Und als gäbe es nichts Wichtigeres, bangte ich um meine Bilder.
    »Wir müssen untertauchen«, entschied ich. »Die Zeichen sagen eindeutig, dass sie uns aus unseren Revieren vertreiben wollen.«
    Irves nickte nur und trat zu Gizmo, der immer noch in das Chaos starrte.
    »Gib mir die Autoschlüssel«, sagte er. »Wir fahren zu mir.«
    »Sie wissen bestimmt, wo du wohnst«, erwiderte ich.
    Irves warf mir nur einen kühlen Seitenblick zu. »Wisst ihr es?«, fragte er lakonisch. Er drehte sich um und ging zum Wagen zurück. Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Er hatte Recht! Ich kannte ihn schon seit Monaten, aber ich hatte keine Ahnung, wo er sich aufhielt, wenn er nicht durch die Clubs streifte. Einmal hatte ich ihn gefragt und er hatte nur geantwortet: »Mal hier, mal da. Wo es sich anbietet.«
    Gizmo fluchte, ich konnte die Wellen seiner Wut spüren. Doch dann ließ er seine Höhle zurück und folgte Irves zum Auto.
    Leon hatte sich ein bisschen beruhigt und starrte mich aus verquollenen Augen vorwurfsvoll und immer noch verschreckt an, während Irves den Wagen in dem engen Hinterhof wendete.
    »Ich nehme Leon auf keinen Fall mit«, sagte Zoë.
    »Das hättest du dir früher überlegen sollen«, gab Irves zurück.
    Zoë bekam den harten Blick, den ich so gut an ihr kannte. »Ich werde ihn nicht noch einmal in Gefahr bringen«, schnauzte sie Irves an.
    »Aber du kannst ihn jetzt nicht heimbringen«, widersprach ich leise. »Was, wenn sie schon dort sind?«
    Sie nickte grimmig, mit Tränen in den Augen, und reckte trotzig das Kinn vor. »Ich weiß. Dann müssen wir ihn eben an einen Ort bringen, an dem er sicher ist.«
     
    Immer noch umgab sie das Gefühl der Unwirklichkeit. Sie versuchte den Blick der

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