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Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Titel: Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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also, geht wieder!»
    Ich schäme mich. Thursen gibt schon alles, um Mensch zu sein. Für mich. Und ich verlange immer noch mehr von ihm. Verlange, dass er sich gar nicht mehr verwandelt. Dabei kostet ihn das, was er tut, schon all seine Kraft.
    «Gut, lass ihn schlafen», sage ich. «Dann musst du mir helfen, Norrock! Lotti ist verschwunden. Meine kleine Nachbarin. Schon seit heute Morgen.»
    Norrock steht auf, hängt sich Zrries Jacke an einem Finger über die Schulter. «Und was habe ich damit zu tun?»
    «Ich habe ihrer Mutter versprochen, ihr suchen zu helfen.»
    «Na, dann los! Geh suchen!» Er machte eine vage Armbewegung in die Richtung, aus der ich gekommen bin.
    «Ich brauche jemanden, der ihre Spur aufnimmt!»
    «Spürhunde? Geh ins Tierheim, die haben welche.»
    «Norrock, ich brauche eure Hilfe!»
    «Da raus? In die Wohnsiedlung, zwischen die Spielplätze und all das?» Er schüttelt den Kopf. «Dafür sind wir doch alle schon viel zu kaputt.»
    «Alle?»
    «Ja, verdammt!»
    «Sjöll hätte mir geholfen!», schreie ich.
    «Sjöll ist tot.»
    «Ihr könnt die kleine Lotti doch nicht einfach im Stich lassen!»
    Ein Rascheln hinter mir lässt mich herumfahren. Thursen steht hinter mir. Thursen, der noch blasser und kränker aussieht als sonst. Ich bin im nächsten Atemzug neben ihm, um ihn zu stützen, ihm zu helfen, irgendwie. Doch natürlich will er meine Hilfe nicht.
    «Was ist los? Wieso bist du nicht zu Hause?»
    Ich komme mir so dumm vor. Wie ich dastehe, den Rucksack auf dem Rücken und die Daumen in die Tragegurte gehängt, weil ich sonst nicht weiß, wohin mit meinen Händen. Wie soll ich meine Worte von heute Morgen wieder einfangen?
    «Du solltest auch nicht jedes Mal davonlaufen, weißt du?», sagt er. Ganz leise raunt er es mir ins Ohr, während er mich an sich zieht. Und ich meine Arme unter seinem offenen Mantel um seine Taille schlinge, durch sein Shirt hindurch seinen schlanken, muskulösen Menschenkörper fühle. Ich lehne mich an ihn, vergrabe das Gesicht in seinen dunklen Haaren, die ihm schon fast über die Schulter hängen, und kann wieder atmen.
    Thursen riecht nach Trost und Hoffnung. Immer noch. Endlich kann ich weitersprechen. «Lotti ist weg.»
    «Du willst sie suchen?»
    «Ich finde doch ihre Spur nicht. Ich dachte, dass einer von euch vielleicht   …»
    «Wo war sie zuletzt?»
    Da schaltet Norrock sich ein. «Das kannst du nicht, Thursen. Das packst du nicht.»
    «Luisa braucht Hilfe. Lotti braucht Hilfe.»
    «Weißt du eigentlich, wie du aussiehst? Du bist total fertig, Kumpel!»
    Thursen lässt mich los. Legt seine Stirn an meine und streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr. «Ich schaff das schon.»
    «Zwischen all den Menschen?», fragt Norrock. Breitbeinig steht er da, eine Hand in der Tasche seiner Lederjacke.
    «Sie will mich als Fährtenleser. Da kann ich Wolf sein.» Thursen guckt mich an, zieht einen Mundwinkel hoch. «Oder sollte ich nicht mehr Wolf sein, wie war das heute Morgen?»
    Ich nehme seine Hand. «Vergiss, was ich gesagt habe. Ich war blöd. Lass uns los, bitte!»
    Thursen nickt mir zu, den Waldrand im Blick, will schon gehen, da sagt Norrock das, was er wohl die ganze Zeit hatte sagen wollen: «Und was ist, wenn du dich verwandeln musst? Wenn sie dich doch als Mensch braucht? Du hast es schon damals nicht geschafft, Mensch zu werden, als sie unter der Laterne auf dich gewartet hat, weißt du noch? Stunden hast du zitternd im Gebüsch gesessen und es nicht geschafft. Sie war es, die dich schließlich gefunden hat. Du bist schon zu lange Werwolf. Das packst du nicht mehr. Bleib hier, Thursen.»
    Thursen bleibt stehen. Dann dreht er sich um und macht einen Schritt auf Norrock zu. Bleibt so nah vor ihm stehen, dass sie sich fast berühren. «Dann geh du doch!», sagt er und sieht ihm in die Augen. «Geh du, such das kleine Mädchen und bring es nach Hause. Mach es, wenn du nicht willst, dass ich es tue.»
    Norrock erwidert seinen Blick. Da ist irgendetwas, über das sie nicht reden. Das in ihrem Blick flirrt wie eine gefangene Fliege im Spinnennetz. «Ich will ein Thing», sagt Norrock schließlich.
    «Was ist ein ‹Thing›?», frage ich.
    «Wolfsrat. Alle stimmen ab», sagt Thursen über die Schulter zu mir. Lässt Norrock nicht aus den Augen.
    «Verdammt, als ihr Sjöll retten wolltet, habt ihr auch kein Thing gebraucht! Und Lotti ist schon Stunden da draußen! Es ist kalt!»
    Thursen nickt Norrock zu. «Lass das Rudel entscheiden!»
     
    Norrock hat

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