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Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Titel: Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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dafür. Der Grund steht vermutlich hinter mir. Hunde und Wölfe hassen einander. «Wer ist das?», brüllt Edgar, während er mit Tätscheln und geflüsterten Worten seinen Hund zu beruhigen versucht.
    Ich weiß, wen er meint. Im Umdrehen überlege ich, wie ich den großen schwarzen Hund erklären soll. Wird Edgar als Hundehalter erkennen, dass mein Hund ein wilder Wolf ist? Doch dann steht da, ein Bein angezogen, an die Hauswand gelehnt, den Mantel vom Sturm gezaust, ein Junge, mein buntes Halstuch in der linken Hand.
    «Bist du dieser Thursen?», fragt Edgar, immer noch über seinen Hund gebeugt.
    Thursen stößt sich mit dem Fuß von der Hauswand ab und kommt langsam auf uns zu. «Du hast ihm von uns erzählt?», fragt er mich. Ich weiß, wen er mit «uns» meint. Nicht ihn und mich.
    Ich stemme die Hände in die Hüften. «Nein!» Wie kann er denken, ich hätte die Wölfe verraten?
    «Stimmt», stöhnt Edgar. «Luisa erzählt nie was.»
    Danke. Er hat mich gerettet und weiß es noch nicht mal.
    «Sie erzählt auch nicht, warum sie die Schule schwänzt. Vermutlich hängt das mit dir zusammen.» Er wirft Thursen einen abschätzenden Blick zu.
    «Das, Thursen, ist Edgar. Der geht in meine Klasse. Passt immer auf, dass auch alle brav und glücklich sind.»
    «Mensch, Luisa, ich bin Klassensprecher und Konfliktlotse! Das ist mein Job! Luisa, sei einmal vernünftig! Das ist kein Wetter, um hier herumzulaufen!»
    Ich reibe meine Arme. Mir ist kalt. «Du bist ja auch hier!»
    «Ja, aber nur wegen meiner Tante. Sie wollte unbedingt   –»
    «Das interessiert mich so was von überhaupt nicht!» Wir müssen weiter. Entschlossen gehe ich einen Schritt auf Edgar zu.
    Er stellt sich mir in den Weg. «Ich ruf deine Mutter an, Luisa! Geh jetzt nach Hause! Sie sagen das schon überall im Radio! Der Sturm ist gefährlich.»
    «Geh mir aus dem Weg!»
    «Das geht jetzt erst richtig los! Das wird ein Orkan! Soll dir erst ein Dachziegel auf den Kopf knallen?»
    Eine Windböe erwischt mich von vorn und schubst mich einen Schritt zurück. «Mein Gott, Edgar!», brülle ich dem Sturm ins Gesicht. «Wir sind doch nicht zum Spaß hier unterwegs!»
    «Und wieso dann?»
    Thursen, eben noch ein paar Meter hinter mir, kommtneben mich und schiebt mir mein Halstuch in die Hand. Edgars Hund drückt sich winselnd zu Boden, als der Werwolf so nahe kommt. Offenbar erkennt das Tier, was Thursen in Wahrheit ist. Thursen beachtet den Hund gar nicht. «Wir suchen ein kleines Mädchen», sagt Thursen zu Edgar. «Mit einem Kinderfahrrad und einer rosa Jacke, hast du es gesehen?»
    Edgar hockt sich hin und streichelt seinem Hund mit der Hand über den Kopf. Von unten herauf sieht Edgar Thursen aufmerksam an. Wundert er sich über Thursens raue, kratzige Stimme, oder ist da noch mehr?
    Seit wann redet Thursen überhaupt mit Menschen?, denke ich, während ich mein Halstuch in die Jackentasche stopfe. Und wieso ausgerechnet mit Edgar?
    Langsam, sein Hund ist jetzt still, richtet Edgar sich wieder auf. Lässt Thursen immer noch nicht aus den Augen, als wüsste er nicht, ob er ihm trauen kann oder ob der ihn veräppelt.
    «Nein, hab ich nicht», sagt Edgar. Sein Hund heult mit dem Wind zweistimmig.
    Nein, was ich höre, ist nicht Edgars Hund! Es kommt von viel weiter her. Und ich höre es auch mehr mit der Seele als mit den Ohren.
    «Wo sollte ich die denn auch sehen», redet Edgar weiter, fummelt an der Kapuze seiner Jacke, die ihm der Wind von hinten gegen den Kopf geschlagen hat. «Die Straßen sind doch fast leer!»
    Thursen hat es auch gehört, das Heulen. Die Wölfe haben eine Spur gefunden. Ungeduldig verlagert er sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Und ich sehe, was Edgar, der ihm ins Gesicht sieht, nicht bemerkt. Sehe, wie Thursens Hände zu zittern beginnen.
    In Edgars Gesicht verwischt der Zweifel und macht einem entschlossenen Lächeln Platz. «Okay», nickt er, «meine Tante kann warten, ich helfe euch suchen. Wo habt ihr die Kleine zuletzt gesehen?»
    «Also   –» Thursens raue Stimme bricht. Er hustet in seine Faust. Gibt mir mit den Augenbrauen ein Zeichen. Ich weiß. Ich muss Edgar unbedingt loswerden, bevor Thursen sich verwandelt. Lange hält er in seiner Menschengestalt nicht mehr aus.
    Gut, ich versuche es auf die nette Art, damit Edgar nicht misstrauisch wird. Vielleicht will er wirklich helfen und hat nur das Pech, grundsätzlich zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. So wie jetzt.
    «Pass auf, Edgar», sage ich und

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