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Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Titel: Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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Scheinwerferlicht sehen sie aus wie ein Wolfsgebiss. So wenig menschlich. Trotzdem, wenn der Mann abdrückt, wenn nach Sjöll jetzt Thursen stirbt, will ich auch sterben.
    Doch noch ehe ich mir überlegen kann, wie ich das verhindern will, ehe der Mann das Gewehr richtig angelegt hat, springt ein heller Wolf ihn von hinten an. Rawuhn packt ihn am Arm und beißt zu. Der Jäger schreit auf vor Schmerz. Ein Schuss löst sich, doch er geht ins Leere. Thursen ist raubtierschnell zur Seite geglitten. Dem Jäger rutscht die Waffe aus der Hand. Klappernd fällt das Gewehr auf den Asphalt. Mit der freien Hand schlägt der Jäger nach Rawuhns Maul.
    «Ruft eure verdammten Hunde zurück!», brüllt er.
    Rawuhn springt weg. Wimmernd presst der Jäger seinen Arm an den Körper. Der Ärmel färbt sich langsam dunkel. Ich kann mir denken, wie es schmerzt. Rawuhn ist der Wolf, der damals den mächtigen Ast in Norrocks Händen zerbissen hat. Zerbrochen hat wie ein Stöckchen.
    «Das sind keine Hunde. Das sind Wölfe», sagt Norrock. «Du willst Jäger sein und erkennst das nicht?»
    Im Licht aus dem Autoinneren tastet der Jäger nach dem Gewehr. Doch Norrock ist schneller. Nimmt es am Lauf und schlägt die Scheinwerfer kaputt. Schlägt dem Auto den Kotflügel ein. Zwei, drei Hiebe, und es fährt nirgendwo mehr hin. Zu Fuß sind sie so viel schneller als er. Der Mann hat keine Möglichkeit mehr, zu fliehen. Und offenbar weiß er das.
    «Aufhören!» Der Jäger hat sich an die Fahrertür gelehnt, den Unterarm an den Leib gepresst. Mit der Linken zieht er sein Handy aus der Tasche. «Ich rufe jetzt die Polizei.»
    Norrock antwortet nicht. Nimmt die Patronen aus der Waffe, lässt sie klackernd auf den Boden fallen und befördert sie mit einem Fußtritt unter das Auto.
    Mit einer ungeduldigen Handbewegung reißt Thursen dem Jäger noch ehe er zu Ende gewählt hat, das Handy aus der Hand. Wirft es in hohem Bogen quer über den Parkplatz ins Gebüsch, das es leise raschelnd verschluckt.
    «Was soll das?»
    «Du hast einen Wolf getötet, Jäger!», sagt Norrock.
    «Wie kommt ihr darauf?» Der Mann keucht. «Und selbst wenn. Wir können doch darüber reden! Ich bezahl euch! Seid ihr Tierschützer?»
    «Wir sind die Wölfe.» Thursens heisere Stimme. Es ist ihr Stichwort.
    Des Jägers Gesicht versteinert vor Schreck, als sie sich verwandeln. Vor Entsetzen, als ihn acht struppige, wilde Wölfe angreifen.
    Jerro und Fath zerren ihn von den Beinen, dass er wie eine Stoffpuppe hintenüber auf den Asphalt knallt. Hilflos rudert er mit dem unverletzten Arm. Versucht, sich abzustützen, aber es gelingt ihm nicht.
    Der Norrock-Wolf springt auf ihn zu. Packt ihn an der Wade. Nicht so wie bei mir damals im Wolfslager, richtig fest verbeißt er sich im Fleisch. Schleift den Mann über den Parkplatz und hinterlässt eine Blutspur. Der Jäger schlägt verzweifelt um sich. Sein Hosenbein reißt der Länge nach auf und hängt in Fetzen, als Norrock abrutscht. Loslassen will? Die Schuhe hat der Mann längst verloren. Die Wölfelassen ihn wieder auf die Beine kommen. Er humpelt in Socken, will wieder zurück zum Auto, doch dort erwartet ihn der Norrock-Wolf schon.
    Der Mann stoppt. Schwankt. Unsicher auf den Füßen. Zerschrammt. Über und über besudelt mit dem Dreck, durch den Norrock ihn gezogen hat.
    «Ich wusste doch nicht, dass das ein Wolf war!», schreit er. «Der sah aus wie ein Hund!»
    Falsche Antwort. Die Werwölfe knurren.
    Der Thursen-Wolf springt wie ein schwarzer Dämon aus dem Schatten. Erwischt den Jäger am verletzten Arm. Beißt zu, zerreißt die Jacke, springt elegant zurück. Der Jäger knickt vornüber, brüllend hält sich der Mann den Arm. Noch mehr Blut tropft herab und färbt den Asphalt dunkel.
    Lurnak schleicht geduckt heran, beißt ihn in den Knöchel.
    Es ist genug, will ich schreien. Der Mann ist am Ende. Der fasst nie wieder eine Waffe an! Aber ich zeige mich nicht. Nicht, weil ich Zrrie nicht verraten will. Nicht, weil ich weiß, dass Thursen jetzt keine Gefahr mehr droht. Ich kann es einfach nicht. Etwas hält mich zurück, zwingt mich ins Dunkel. Es schmeckt salzig und bitter wie Angst.
    Zitternd muss ich zusehen, wie sie von den verwandelten Menschen, die sie zu sein vorgeben, vollends zu Tieren werden. Wie ihr Angriff von Rache zu etwas anderem wird: zur Jagd. Der Mann in Lodengrün ist Beute. Sie hören seine Schreie. Sie riechen seine Furcht, und es macht sie nur noch gieriger.
    Krestor zieht ihm die Beine weg, und der

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