Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter
vertraut, ich bin hierher zurückgekommen.»
«Lass uns raufgehen.»
Und während ich ihm durch die Gänge folge, erzählt er mir, dass er das Mädchen, das im Park angefallen wurde, im Krankenhaus besucht hat und dass es ihr langsam bessergeht.
Sie wurde nicht angefallen. Nicht, wenn das stimmt, was Rieke sagt. «Konnte sie erzählen, wie es genau passiert ist?»
«Was gibt es denn da zu erzählen? Es war ein Werwolfsüberfall. Wahrscheinlich ist es besser, sie erinnert sich nicht.»
«Hauptsache, sie wird wieder gesund.»
«Die Chance hat der Junge nicht, den die Wölfe getötet haben.» Vor der Tür zur Wohnung bleibt Elias stehen. «Du kannst hier nicht lange bleiben, Luisa. Nicht nach noch einer Verwandlung.»
«Die anderen würden mich am liebsten in Stücke reißen, nicht?»
Er öffnet die Tür. «Wir Shinanim reißen niemanden in Stücke. Es ist allerdings für die anderen schwer zu verstehen, dass du mit diesen Werwölfen sprichst, die genau das tun.» Ich bin mir sicher, dass es für ihn genauso schwer zu verstehen ist.
«Ich reiße auch niemanden in Stücke.» Nein, ich werde nur dabei helfen, dass es Norrock gelingt. Heuchlerin, ätzt eine Stimme in mir.
«Dein Zimmer ist noch für dich da, Luisa», sagt Elias und schiebt mich mit einer Hand auf dem Rücken an den anderen Shinanim vorbei. Das Zimmer hat eine neue Tür. Der Rahmen ist sorgfältig geflickt, und ein neues Türblatt hängt darin, noch ungestrichen. Als ich die Tür öffne, ist dahinter alles noch so, wie ich es verlassen habe. Selbst mein Bett ist noch bezogen, als wäre Elias immer davon ausgegangen, dass ich zurückkomme. «Du willst bestimmt duschen, bevor wir alles Weitere bereden, oder? Ich hole dir Handtücher.»
«Danke!» Ich muss die Tür nicht schließen, schon gar nicht abschließen. Ich weiß ja jetzt, wie wenig so ein bisschen Holz einen entschlossenen Shinan abzuhalten vermag.
In der Wand steckt noch der nackte Nagel, an dem das Bild meines Bruders hing.
Es klopft, aber statt Elias steht ein blondes Mädchen mit einem Stapel Handtücher in der Tür. «Hallo, Luisa, ich bin Chiara. Ich habe dir die hier mitgebracht und auch eine Haarbürste.»
«Danke! Die kann ich jetzt gut gebrauchen.»
«Dachte ich mir, wo du doch ohne irgendwelche Sachen direkt aus dem Wald zu uns gekommen bist!»
Warum ist sie so nett? «Du weißt aber schon, wer ich bin?»
«Ja, du bist Luisa, das Menschenmädchen, über das der Rat sich so aufregt. Luisa, die über uns Bescheid weiß und den Werwölfen, unseren Erzfeinden, unsere geheime Wohnung hier verraten hat!»
«Ja», sage ich und sehe ihr in die Augen. «Ich habe einem der Werwölfe wirklich gesagt, wo diese Wohnung liegt. Und weißt du auch, warum: Ich war mit ihm zusammen. Vielleicht bin ich doch kein so normales Menschenmädchen, wie du denkst.»
«Ich habe keine Angst vor dir. Ich finde nur, wenn du deinen Werwölfen sagst, wo sie uns finden, dann könntest du uns auch sagen, wo wir sie aufstöbern können!»
«Nein, das werde ich nicht tun!» Ein Knurren entfährt mir. Ein Laut, der sie sich in Angriffsstellung ducken lässt.
«Na los, verwandele dich, lass mich das Monster sehen, das in dir steckt!», sagt sie.
Wenn ich das tue, dann könnte mich selbst Elias nicht mehr beschützen. Dann hätten die Shinanim jedes Recht, auf mich loszugehen. Offenbar legt Chiara es genau darauf an. Entschlossen schlucke ich die Wut herunter. «Ich glaube, ich dusche jetzt besser. Kannst du bitte rausgehen?»
Ich warte nicht, bis sie verschwindet, sondern nehme die Handtücher, gehe ins Bad und schließe die Tür hinter mir.
Ich dusche mir den Wald aus den Haaren und die Kälte aus der Seele. Schließe die Augen und bin unter dem rauschenden Wasser einen Moment wieder daheim. In unserem Haus. Gleich wird Fabi an die Tür hämmern und sich beschweren, dass ich so lange im Bad bin.
Ich stelle das Wasser ab. Nein, das wird nie wieder geschehen. Aber wenn ich Norrocks Spiel mitspiele, dann werde ich Fabi wenigstens sagen können, dass ich ihn mehr vermisse als er mich. Er war es doch, der mich verlassen hat, nicht ich ihn. Er ist gestorben und auf die andere Seite gegangen, auf die ich ihm nicht folgen konnte. Jedenfalls glaubte ich das bisher.
Und als Preis werde ich ein paar Verbrecher ans Messer liefern, die die Polizei nie erwischen würde. Dann können Mädchen wie Rieke endlich wieder ruhig schlafen.
Ich trockne meine Haare und mache mich auf die Suche nach Elias. Ich muss ihn
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