Schattenblüte. Die Erwählten
erleuchteten Fenster zu uns herüber. Das Gerüst, an dem Haddrice und ich heruntergeklettert sind, steht tatsächlich immer noch da. Geduckt huschen wir mit den Wölfen hinüber an die Hauswand und hoffen, dass uns keine Kameras gesehen haben. Denn so ein teuer erbautes Haus hat sicher auch außen Überwachungskameras, oder? Thursen gibt uns mit einer Handbewegung das Zeichen, unter dem Gerüst zu warten. Direkt vor uns führt eine Leiter auf die nächste Ebene. Einige der Wölfe werden zu Menschen, damit wir uns absprechen können. «Wie kommen wir hinein?», flüstere ich.
«Ganz einfach», sagt Mauriks, nimmt ein paar Schritte Anlauf, packt eine der Stangen des Gerüstes und schwingt sich, Füße voraus, durch das Fenster. Es kracht, klirrt, Scherben regnen. Ohne Zögern folgen die Wölfe und springen durch die Öffnung in der Fensterscheibe ins Haus.
Thursen hält mich zurück. «Du solltest», beginnt er, verstummt und drückt mich mit dem gesunden Arm an sich. Keine Zeit mehr zum Streiten. Er weiß so gut wie ich, dass ich nie im Leben draußenbleibe, wenn er da hineingeht. «Bleib einfach bei mir, ja?», sagt er.
«Immer», verspreche ich. Keine Zeit für Küsse. Thursen umwickelt sich die Hand mit einem Putzlappen, greift durch das scherbengezackte Loch und öffnet den Fensterflügel. Rasch über das Fensterbrett, dann sind auch wir drin.
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56. Elias
VERSTÄNDNISLOS drehe ich mich zu Esther um. «Es gibt Bedenken? Ich dachte, die Bundeslade wäre längst auf dem Weg hierher!»
«Das haben wir auch gedacht! Lass mich die Botschaft lesen!» Vittorios Assistentin tritt zu mir an den Computer, der Bildschirm ist bereits wieder schwarz. Sie blickt in das Sensorfeld für die Retinakontrolle und nachdem der Computer ihren Augenhintergrund identifiziert hat, kann sie die Zeilen ebenfalls lesen. Es ist ein umständlich formuliertes Schreiben und im Namen von Rom, Mekka und Jerusalem unterzeichnet. Kein Mensch dürfe das Heiligtum berühren. Die Bundeslade werde daher das geheime Versteck, in dem sie bereits viele Jahrhunderte sicher verwahrt wird, nicht verlassen. Und außerdem, das folgt in einem Nachsatz, sei sie zum Schutz der Gesetzestafeln da und nicht zum Angriff auf Dämonen.
«Du weißt vermutlich, wozu er das Heiligtum wollte, Elias?»
«Ja», antworte ich vorsichtig, denn ich weiß nicht, wie weit sie Vittorio eingeweiht hat.
«Vittorio wollte die Finsternis dieser Welt mit dem unerschöpflichen Licht des Heiligtums vertreiben! Wie können sie ihm in dem Kampf, den er zu führen hat, die einzig taugliche Waffe verwehren?» Esther drückt die Löschtaste und schaltet den Computer aus. Sie legt mir die Hand auf die Schulter. «Wir müssen es ihm sofort sagen! Niemand aus dem Haus darf davon erfahren!»
Genau das wiederholt Vittorio ein paar Minuten später, als er, seinen Wintermantel über dem Arm, auf einen Stuhl sinkt. «Niemand darf davon erfahren!»
«Wir können es uns nicht leisten, unsere Leute zu entmutigen!», stimmt Esther ihm zu. «Ich kenne einflussreiche Persönlichkeiten in Israel, die ich entsprechend beeinflussen kann. Ich werde mich darum kümmern, dass die Ablehnung aufgehoben wird.»
«Und mir schuldet jemand im Vatikan noch einen Gefallen», sagt Jordan. «Vielleicht ist es Zeit, den einzufordern.»
«Gut. Esther, du und Elias, ihr setzt euch mit Israel in Verbindung. Jordan, du sprichst mit deinem Kontakt im Vatikan. Felicity und ich werden überlegen, was wir derweil als Waffe gegen die Wölfe einsetzen können.»
«Sollten wir nicht lieber erst einmal abwarten, bis alles geklärt ist?», frage ich. Dann könnten die Werwölfe vielleicht wirklich entkommen.
Felicity schüttelt den Kopf. «Wir haben keine Zeit. Wir werden das Heiligtum erhalten. Wir haben schon ganz andere Dinge möglich gemacht, Elias.»
Esther steht bereits in der offenen Tür und wartet, dass ich sie begleite. Ich trete ganz dicht an Vittorio heran und spreche so leise, dass nur er mich hören kann. «Vielleicht wollen unsere Gegner gar nicht kämpfen?»
«Hör auf, dir etwas vorzumachen, Elias», antwortet Vittorio ebenso leise.
«Wir werden sehen, wer recht hat.» Ich nicke Vittorio zu und verlasse hinter Esther sein Büro.
Wir haben gerade den Kommunikationsraum erreicht, da erwacht unser Alarmsystem mit lautem Heulton zum Leben.
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57. Luisa
JEMAND hat den Alarm ausgelöst! Kaum sind wir durchs Fenster hindurch im ersten Zimmer, erfüllt ein an- und
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