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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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gebe es Edgar, der dem fremden Mädchen damit den Mund abwischt.
    «Ich soll Seelen spüren?», fragt Edgar. «Weil ich zum Werwolf werde? Könnt ihr das alle auch?»
    «Manchmal», sagt Thursen. «Was meinst du, wie Zrrie sonst Seddram finden konnte?»
    Edgar betrachtet die junge Frau in seinen Armen. «Sie wollte wohl auch nicht mehr leben. Macht ihr sie jetzt auch zu einem Wolf?»
    «Wenn sie das will», sagt Irudit. Sie beugt sich über die immer noch halb bewusstlose Frau und rümpft die Nase, weil sie dem sauer stinkenden Erbrochenen so nahe kommt. Irudit rüttelt sie an der Schulter, damit sie antwortet. «Warum wolltest du dich umbringen?»
    «Sterbe ich jetzt?», murmelt die Fremde.
    «Nein», beruhigt Edgar sie. «Erst mal nicht.»
    «Wo ist er?» Sie sieht sich suchend um. «Hat er mich gefunden?»
    «Wer?», fragt Irudit.
    «Mein Freund. Er wusste doch, wo ich hinwollte! Das ist unser Platz. Hier haben wir uns im letzten Sommer das erste Mal geküsst. Er hat mich gefunden, nicht wahr?»
    Edgar seufzt. «Nein, tut mir leid, du warst ganz allein.»
    «Nein!» Tränen strömen ihr über die Wangen. «Ich will das nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr, aber das interessiert ja keinen! Meine Eltern lassen sich scheiden, und mein Freund ist auch nie da, hängt immer nur mit seinen Kumpels ab. Ich habe gedacht, wenn ich genug von dem Zeug hier schlucke, dann kapiert er endlich, wie dreckig es mir geht!»
    «Dir geht es wirklich schlecht, nicht?»
    Sie nickt. «Ich dachte, er sucht mich. Aber er ist nicht gekommen, verstehst du? Er ist einfach nicht gekommen.» Nach einer kleinen Pause, in der sie sich die Tränen mit zitternden Händen von den Wangen reibt, flüstert sie: «Mir ist so furchtbar kalt!»
    Sie ist kaum zu verstehen. Das mit der Kälte muss sie nicht sagen. Ihre Zähne krachen in schnellem Flamenco-Rhythmus aufeinander.
    Edgar zieht seine Jacke aus und legt sie ihr um. «Wir sind da. Erzähl weiter.»
    «Ich sterbe doch, nicht? Ich wollte doch gar nicht sterben! Ich war nur auf einmal so schrecklich unglücklich. Und dann hockten da die ganzen Krähen, mit ihren schwarzen Flügeln, die haben mich auch so traurig angeguckt.» Sie schluckt. «Er ist wirklich nicht gekommen?»
    «Nein», sagt Thursen. «Aber hab keine Angst, wir kümmern uns ab jetzt um dich.»
    «Wieso schon wieder eine, Thursen?», frage ich. «Erst Seddram und jetzt das Mädchen?»
    «Es ist das Tor, Luisa. Es ist nicht richtig geschlossen, und seitdem drängen die ganzen bitteren Erinnerungen an die Toten in unsere Welt.»
    «Und dann will Norrock das Tor ganz öffnen? Damit die Werwölfe Kraft bekommen, einen Shinan zu ermorden? Das ist doch nicht euer Ernst! Wie viele Menschen sollen sich denn danach das Leben nehmen?»
    «Tut mir leid, wir sind nun mal nicht die Guten in diesem Spiel, Luisa! Das habe ich dir immer gesagt. Er da …» Er nickt zu Edgar hinüber. «… ist einer von den Guten. Nur leider versuchen die Guten gerade, uns alle umzubringen. Erlaube also bitte, dass wir uns wehren!»
    «Entschuldigt, wenn ich euer Techtelmechtel unterbreche», mischt sich Mauriks ein. «Verwandeln wir sie endlich? Wir können eine zusätzliche Kämpferin gerade jetzt gut brauchen.»
    «Soll ich Edgar schon mal wieder fesseln?», fragt Polmeriak. «Du kannst das ja nicht mit deinem Arm, Thursen.»
    «Nein!», sagt Thursen, hebt die gesunde Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen, und sieht Edgar nachdenklich an. «Man hat dich also keine Eide schwören lassen?»
    Edgar sieht zu ihm auf. «Nein.»
    «Gut.» Thursen nickt. «Dann wirst du jetzt einen schwören. Du schwörst, dass du dieses Mädchen ins Krankenhaus bringst, so schnell wie möglich. Außerdem wirst du dafür sorgen, dass deine Leute frühestens in zwei Stunden rauskriegen, dass du noch lebst.»
    Edgar schüttelt den Kopf. «Wie stellst du dir das vor, Thursen? Ich muss doch im Krankenhaus meinen Namen sagen. Und die in meinem Orden –»
    Thursen unterbricht ihn erneut. «Danach kannst du erzählen, was du willst.» Als Thursen merkt, wie Edgar zögert, grollt er. «Schwöre, oder wir fesseln dich an den nächsten Baum, und sie stirbt hier draußen mit dir. Sie hat zwar gekotzt, aber sie hat garantiert noch genug Tabletten in sich, das kann ganz schnell gehen.»
    Edgar guckt kampflustig. «Woher willst du das denn wissen?»
    Thursen zuckt die Achsel. «Ich habe meine Mutter ein paarmal so gefunden. Bevor sie sich endgültig ins Jenseits befördert hat.»
    Ich kenne ihn gut

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