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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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Moment an mir vorbei aus dem Fenster. Dann beugt er sich zu mir. «Doch Kampf ist möglicherweise nicht der einzige Weg, die Werwölfe zu vernichten.»
    «Es gibt einen anderen Weg?»
    «Nein, Elias, frag mich das nicht. Dieses Wissen ist mein letzter Rückhalt, wenn nichts anderes mehr funktioniert, und gehört mir ganz allein. Es reicht für dich zu wissen, dass wir nicht schutzlos sind.»
    Zurück in meinem Zimmer bleibe ich vor dem Bild von Michael stehen. Michael, der Erzengel mit der Waffe in der Hand, der, wie man sich erzählt, Gottes Auftrag ausführte und die Dämonen in die Hölle zurückschickte, aus der sie gekommen waren. Ich stehe vor dem Bild des Erzengels und denke darüber nach, was Michaels Name bedeutet. «Wer ist wie Gott?»

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    46. Luisa
    ALS Thursen und ich von unserer Begegnung mit den Krähen zurückkommen, ist Lurnak tot. Er liegt noch immer unter dem Schnee, an der gleichen Stelle, an der wir ihn schlafen sahen. Doch jetzt hat er seine Menschengestalt zurück. Jackenarme und Jeansbeine und Füße in Chucks und auf dem Kopf hellbraunes Haar, in dem frischgefallene Flocken hängen. Irgendwann in den frühen Morgenstunden ist seine Seele gegangen. Steif und unbeweglich liegt er da.
    «Warum ist er gestorben?», frage ich. War er verletzt, und wir haben es nicht bemerkt? Nirgendwo ist Blut zu sehen.
    «Du siehst doch, wie alt er war.» Irudit wischt die Schneeflocken von seinem Gesicht, das auf seltsame Weise alt und jung zugleich ist. Sein Jungengesicht ist überzogen von zahllosen Fältchen, und er hat Tränensäcke unter den geschlossenen Augen. Lurnak sieht aus wie ein alter Mann, auch wenn seine Haare vergessen zu haben scheinen, dass sie hätten grau werden sollen.
    Thursen drückt meine Hand. Dieser Tod kam ruhiger, nicht so wie der von Krestor, der zuckend verendete. Nicht einmal die Wölfe, die neben ihm schliefen, sind von seinem Sterben erwacht.
    Norrock schnüffelt an dem Toten. Dann kippt sein Körper nach hinten, und er wird zum Menschen. Er haucht in die Hände und reibt sie, um warm zu werden. Seine Lederjacke ist viel zu dünn für diese mörderische Kälte.
    «Wieder einer, den unsere lieben Feinde auf dem Gewissen haben», sagt er. «Der Kampf und die überstürzte Flucht waren zu viel für ihn. Klar, er war alt, aber die Shinanim haben ihm den Rest gegeben.»
    «Lasst uns trauern», sagt Thursen.
    «Genau. Und mach Edgar bereit, wie wir besprochen haben, Thursen. Das ist doch jetzt genau der richtige Zeitpunkt dafür.»
    Jetzt? Jetzt soll Edgar doch sterben? «Nein», sage ich. «Nein.»
    «Du willst zwei Leichen in einem Aufwasch loswerden?», faucht Zrrie. «Gute Idee! Aber dazu musst du an mir vorbei.»
    «Lurnak starb wegen der Shinanim. Dafür werden sie bezahlen. Jetzt, denn Schulden bezahlt man doch gleich, oder?»
    «Norrock», rufe ich. «Du kannst doch Edgar nicht einfach umbringen!»
    «Pass auf, Luisa. Wir haben keine Zeit für Brimborium, Abstimmung, großes Edgar-Ermordungsfest oder so etwas. Ich werde jetzt einfach und schnell dafür sorgen, dass die verdammten Shinanim ihren Novizen niemals mehr zurückbekommen.» Norrock wendet sich den anderen zu. «Los, Thursen. Schnapp dir Luisa und bereitet Edgar vor. Der Rest kommt mit mir. Wir nehmen Lurnak mit, suchen uns einen Trauerplatz. Ihr kommt nach, und dann gibt es einen Kreis, wie es ihn noch nie gegeben hat.»
    «Norrock!»
    «Nein, Zrrie, ich bin dein Leitwolf. Mein Wort gilt! Du kommst mit und hältst die Klappe.»
    Mauriks und Irudit nehmen den Toten bei den Armen, Polmeriak und Norrock die Beine. Die übrigen Werwölfe und Rieke begleiten sie. Sie sind schnell, trotz ihrer Last, fast als würde Lurnaks Körper im Tod nichts mehr wiegen.
    «Hör auf damit, Norrock!», schreit Zrrie und läuft neben Norrock her. Packt seinen Arm und klammert sich daran. Rieke übernimmt Lurnaks Bein. Ich sehe, dass Norrock sich von Zrrie losreißt und sie miteinander streiten, doch sie sind schon so weit weg, dass ich außer Edgars gebrülltem Namen nichts mehr verstehe. Im nächsten Moment stehen sich zwei zornbebende Wölfe gegenüber, und Worte werden überflüssig. Dann laufen sie davon.
    Ich bleibe zurück mit Thursen. Gemeinsam gehen wir zu Edgar.
    «Norrock und du, ihr habt also gestern abgesprochen, wie ihr mich am besten tötet, ja?», empfängt er uns.
    «Das ist nicht so einfach», sagt Thursen.
    «Warum nicht? Gerade dir müsste es doch leichtfallen. Du hast doch schon mehr als einmal ein

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