Schattenblume
»
Jeffrey schloss: «Swan schießt noch einmal, dann geht
Roberts Pistole los, und er schießt Swan in den Kopf.»
Sara sah nach unten. Die Blutspritzer auf dem Boden
zeigten nicht zum Schrank.
Sie sagte: «Er hätte hier stehen müssen.» Sie ging zur
Tür. «Schau mal da.» Sie zeigte auf das Blut auf dem Teppich, wo Swan gelegen hatte. «Robert hätte hier stehen
müssen.»
«Warum?»
«Er schießt», sagte sie und imitierte mit Daumen und
Zeigefinger eine Pistole. «Die Kugel trifft Swan in den
Kopf, und das Blut spritzt zurück. Sieh dir das Muster der Spritzer an.»
Jeffrey stand neben ihr und sah sich den Teppich an.
«Okay», sagte er. «Jetzt sehe ich es. Er stand also hier.»
«Warte mal», sagte Sara und war draußen, bevor er fra‐
gen konnte. Dann kam sie mit dem Nähkorb zurück. «Das
ist vielleicht nicht ganz lehrbuchmäßig ...»
«Was hast du vor?»
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Sie fand eine Rolle gelben Faden, der ihr am besten ge‐
eignet schien. «Blut folgt den Regeln der Schwerkraft, genau wie alles andere auch.»
«Und?»
«Und», sie nahm eine Schachtel Stecknadeln heraus,
«man kann an der Tropfenform erkennen, woher das Blut
kam. Ob es schräg spritzte oder senkrecht herunterfiel.»
Sie zeigte auf das Loch in der Tür, wo die Kugel eingeschla‐
gen war. «Siehst du?», sagte sie. «An dem Muster sieht
man, dass Robert bei der Tür stand, als die Kugel aus seinem Körper ausgetreten ist. Die Blutstropfen sind fast
kreisrund, außer ganz oben, wo sie tränenförmig sind. Das
bedeutet, dass die Kugel von unten nach oben flog.»
«Aber es ist alles verschmiert», Jeffrey zeigte auf die fei-nen roten Linien, die von jedem der kreisrunden Tropfen
ausgingen.
«Das Blut ist waagerecht auf die Wand getroffen und
dann zurückgespritzt. » Sie steckte eine Nadel horizontal in
die Wand. «Hier hat der stärkste Aufprall stattgefunden.»
«Also gut», sagte er, auch wenn sie ihm anmerkte, dass
er noch nicht ganz überzeugt war. «Und was sagt uns das ?»
«Schau her», sagte sie und zupfte am Ende des Fadens.
Sie wickelte ein paar Meter ab, dann hockte sie sich auf den
Teppich und legte den Faden neben das Blut. «Ich versuche
den Winkel einzuschätzen und muss natürlich die parabo‐
lische Flugbahn mit einrechnen, wahrscheinlich von unten
nach oben, aber –»
«Wovon redest du?»
«Einfache Trigonometrie», antwortete sie wie selbstver‐
ständlich. «Ich habe nicht die richtige Ausrüstung und
mache das hier Pi mal Daumen, aber die Formel geht un‐
gefähr so: Das Verhältnis zwischen Breite und Länge des
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Blutflecks entspricht dem Winkel des Aufpralls ...» Doch
Jeffrey kam nicht mit, und so sagte sie einfach nur: «Besorg mir Klebeband.»
«Kreppband? Gewebeband? Tesafilm?»
«Irgendwas, das klebt.»
Während Jeffrey sich auf die Suche machte, ordnete
Sara mehrere Fäden an. Mit Stecknadeln pinnte sie die En‐
den am Teppich fest und wickelte jeweils ein paar Meter
Faden ab.
«Funktioniert es damit?», fragte Jeffrey und reichte ihr
eine Rolle Isolierband.
«Bestimmt.» Sie pulte ein Stück Klebestreifen herunter
und klebte es sich auf den Arm. Die größten Spritzer befanden sich neben dem Nachttisch, und sie musste aufpas‐
sen, nicht an die Gehirnmasse zu kommen, die dort klebte.
Sara wünschte, sie hätte ein Paar Handschuhe dabei, aber
jetzt war es zu spät.
Zu Jeffrey sagte sie: «Stell dich da hin» und zeigte zum Fußende des Betts.
«Was hast du vor?»
«Ich habe nichts, wo ich die anderen Enden festmachen
kann», sagte sie. «Du musst sie festhalten.»
«Okay», willigte er ein. Sara ging zu den anderen Enden
der Fäden zurück und versuchte, jeweils den Winkel so
genau zu bestimmen wie möglich. Dann folgte sie dem
Winkel und steckte das andere Ende des Fadens mit einer
Stecknadel an Jeffreys Kleidung fest. Am Ende benutzte
sie das Isolierband, um den Punkt zu markieren, wo sich
die gelben Faden kreuzten. Sara war schweißgebadet, als
sie fertig war, doch die Mühe hatte sich gelohnt.
«Sein Kopf befand sich also hier», sagte Jeffrey und
zeigte auf den Punkt, wo die Fäden zusammenliefen. Wie
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eine Spinne im Netz zeigte das schwarze Isolierband die
Stelle an, wo die Kugel in Luke Swans Kopf eingedrungen
war und Blut, Knochen und Gehirn unter dem Einschlag
explodierten.
Auch wenn Saras Jeans längst schmutzig waren, weil sie
über den blutigen Teppich gerobbt war, zögerte sie jetzt, bevor sie den Platz
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