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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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    Jeffrey schloss: «Swan schießt noch einmal, dann geht
    Roberts Pistole los, und er schießt Swan in den Kopf.»
    Sara sah nach unten. Die Blutspritzer auf dem Boden
    zeigten nicht zum Schrank.
    Sie sagte: «Er hätte hier stehen müssen.» Sie ging zur
    Tür. «Schau mal da.» Sie zeigte auf das Blut auf dem Teppich, wo Swan gelegen hatte. «Robert hätte hier stehen
    müssen.»
    «Warum?»
    «Er schießt», sagte sie und imitierte mit Daumen und
    Zeigefinger eine Pistole. «Die Kugel trifft Swan in den
    Kopf, und das Blut spritzt zurück. Sieh dir das Muster der Spritzer an.»
    Jeffrey stand neben ihr und sah sich den Teppich an.
    «Okay», sagte er. «Jetzt sehe ich es. Er stand also hier.»
    «Warte mal», sagte Sara und war draußen, bevor er fra‐
    gen konnte. Dann kam sie mit dem Nähkorb zurück. «Das
    ist vielleicht nicht ganz lehrbuchmäßig ...»
    «Was hast du vor?»

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    Sie fand eine Rolle gelben Faden, der ihr am besten ge‐
    eignet schien. «Blut folgt den Regeln der Schwerkraft, genau wie alles andere auch.»
    «Und?»
    «Und», sie nahm eine Schachtel Stecknadeln heraus,
    «man kann an der Tropfenform erkennen, woher das Blut
    kam. Ob es schräg spritzte oder senkrecht herunterfiel.»
    Sie zeigte auf das Loch in der Tür, wo die Kugel eingeschla‐
    gen war. «Siehst du?», sagte sie. «An dem Muster sieht
    man, dass Robert bei der Tür stand, als die Kugel aus seinem Körper ausgetreten ist. Die Blutstropfen sind fast
    kreisrund, außer ganz oben, wo sie tränenförmig sind. Das
    bedeutet, dass die Kugel von unten nach oben flog.»
    «Aber es ist alles verschmiert», Jeffrey zeigte auf die fei-nen roten Linien, die von jedem der kreisrunden Tropfen
    ausgingen.
    «Das Blut ist waagerecht auf die Wand getroffen und
    dann zurückgespritzt. » Sie steckte eine Nadel horizontal in
    die Wand. «Hier hat der stärkste Aufprall stattgefunden.»
    «Also gut», sagte er, auch wenn sie ihm anmerkte, dass
    er noch nicht ganz überzeugt war. «Und was sagt uns das ?»
    «Schau her», sagte sie und zupfte am Ende des Fadens.
    Sie wickelte ein paar Meter ab, dann hockte sie sich auf den
    Teppich und legte den Faden neben das Blut. «Ich versuche
    den Winkel einzuschätzen und muss natürlich die parabo‐
    lische Flugbahn mit einrechnen, wahrscheinlich von unten
    nach oben, aber –»
    «Wovon redest du?»
    «Einfache Trigonometrie», antwortete sie wie selbstver‐
    ständlich. «Ich habe nicht die richtige Ausrüstung und
    mache das hier Pi mal Daumen, aber die Formel geht un‐
    gefähr so: Das Verhältnis zwischen Breite und Länge des

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    Blutflecks entspricht dem Winkel des Aufpralls ...» Doch
    Jeffrey kam nicht mit, und so sagte sie einfach nur: «Besorg mir Klebeband.»
    «Kreppband? Gewebeband? Tesafilm?»
    «Irgendwas, das klebt.»
    Während Jeffrey sich auf die Suche machte, ordnete
    Sara mehrere Fäden an. Mit Stecknadeln pinnte sie die En‐
    den am Teppich fest und wickelte jeweils ein paar Meter
    Faden ab.
    «Funktioniert es damit?», fragte Jeffrey und reichte ihr
    eine Rolle Isolierband.
    «Bestimmt.» Sie pulte ein Stück Klebestreifen herunter
    und klebte es sich auf den Arm. Die größten Spritzer befanden sich neben dem Nachttisch, und sie musste aufpas‐
    sen, nicht an die Gehirnmasse zu kommen, die dort klebte.
    Sara wünschte, sie hätte ein Paar Handschuhe dabei, aber
    jetzt war es zu spät.
    Zu Jeffrey sagte sie: «Stell dich da hin» und zeigte zum Fußende des Betts.
    «Was hast du vor?»
    «Ich habe nichts, wo ich die anderen Enden festmachen
    kann», sagte sie. «Du musst sie festhalten.»
    «Okay», willigte er ein. Sara ging zu den anderen Enden
    der Fäden zurück und versuchte, jeweils den Winkel so
    genau zu bestimmen wie möglich. Dann folgte sie dem
    Winkel und steckte das andere Ende des Fadens mit einer
    Stecknadel an Jeffreys Kleidung fest. Am Ende benutzte
    sie das Isolierband, um den Punkt zu markieren, wo sich
    die gelben Faden kreuzten. Sara war schweißgebadet, als
    sie fertig war, doch die Mühe hatte sich gelohnt.
    «Sein Kopf befand sich also hier», sagte Jeffrey und
    zeigte auf den Punkt, wo die Fäden zusammenliefen. Wie

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    eine Spinne im Netz zeigte das schwarze Isolierband die
    Stelle an, wo die Kugel in Luke Swans Kopf eingedrungen
    war und Blut, Knochen und Gehirn unter dem Einschlag
    explodierten.
    Auch wenn Saras Jeans längst schmutzig waren, weil sie
    über den blutigen Teppich gerobbt war, zögerte sie jetzt, bevor sie den Platz

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