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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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einnahm, wo Luke Swan gekniet hatte,
    als er starb. Er war kaum einen Meter vom Bett entfernt gewesen, als ihn die Kugel traf. Sie sagte: «Er war ein bisschen kleiner als ich, aber sein Kopf muss ungefähr hier
    gewesen sein, ein paar Zentimeter mehr oder weniger,
    wenn man die Messfehler mit einrechnet.»
    «Jessie lag im Bett», sagte Jeffrey. Mit den Fäden am Leib
    konnte er sich nicht bewegen. «Swan muss also vor ihr ge‐
    kniet haben.»
    Sara entdeckte etwas, das aussah wie ein Handabdruck.
    «Hier», sagte sie. «Siehst du das?»
    «Ja», er nickte. «Swan hat sich hier aufgestützt. Viel‐
    leicht hat er sich ans Bett gelehnt.»
    «Er hat jedenfalls in die Richtung gesehen», sagte Sara
    und zeigte aufs Bett. «Die Kugel ist hier seitlich eingetreten», sie legte den Finger auf den Bereich über ihrem Ohr.
    «Auf der anderen Seite ist sie wieder ausgetreten.» Sie
    zeigte ein Stück Gewebe, das noch am Nachttisch klebte.
    «Da ist sein Ohrläppchen.»
    «Es passt also alles», sagte Jeffrey. «Robert stand unge‐
    fähr da, wo ich jetzt stehe, und Swan kniete neben dem
    Bett, was immer er da getan hat.»
    «Er hat Jessie angesehen.»
    Jeffrey ließ die Schultern sinken, und die Fäden bewegten
    sich. «Robert hat also die Wahrheit gesagt. Nicht mal gewarnt hat er ihn. Er hat ihn einfach kaltblütig erschossen.»

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    «Komm, ich befreie dich», sagte Sara und begann, ihm
    die Nadeln abzunehmen. «Wir wissen immer noch nicht
    warum.»
    «Warum ist sonnenklar», sagte er und half ihr mit den
    Nadeln. «Er hat gesehen, wie ein anderer seine Frau ge‐
    vögelt hat. Ich hätte genauso reagiert.»
    «Aber du hättest niemanden erschossen.»
    «Ich weiß nicht, was ich getan hätte», sagte Jeffrey.
    «Wenn ich dich mit einem anderen erwischen würde ...»
    «Erst hat er sie entdeckt», sagte Sara. «Er hatte die
    Waffe aber nicht dabei, als er ins Zimmer kam.»
    «Nein», bestätigte Jeffrey. «Er muss nochmal raus ge‐
    gangen sein, zu seinem Truck oder wo zum Teufel er das
    Ding hatte.»
    «Dann kam er zurück», fuhr Sara fort. «Das bedeutet
    vorsätzlicher Mord.»
    «Ich weiß», sagte Jeffrey und ließ die Nadeln in die Plas-tikschachtel fallen.
    Sie wickelte den Faden wieder auf und fragte sich, was
    sie jetzt tun sollten. Robert hatte schon ein Geständnis
    abgelegt. Eigentlich waren sie hergekommen, um seine
    Geschichte zu widerlegen. Doch das Einzige, was sie zu‐
    stande brachten, war zu beweisen, dass er den Mann mit
    Vorsatz erschossen hatte. Worum es ging, waren zehn
    Jahre mit der Chance auf frühzeitige Entlassung oder die
    Todesstrafe.
    Vor dem Haus quietschten Reifen, als Jeffrey begann:
    «Ich frage mich, was –», dann schlug eine Autotür zu. Sie gingen nach vorn, um nachzusehen. Jeffrey riss die Tür
    auf. Die Frau vor der Tür wollte gerade anklopfen.
    «Du!», schrie sie hysterisch. «Du dreckiges Schwein!
    Ich hab gewusst, dass du hier bist! »

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    Jeffrey versuchte, ihr die Tür vor der Nase zuzuschla‐
    gen, doch sie war schon drin. Zuerst schlug Sara der Gestank entgegen, ein metallischer Geruch nach Menstrua‐
    tionsblut, obwohl die Frau längst in den Wechseljahren
    sein musste. Sie war ungeheuer fett, hatte wahrscheinlich
    einen Zentner Übergewicht, und ihr Gesicht war eine
    Maske schierer Wut.
    «Du verdammtes Dreckschwein! », schrie sie und schlug
    mit den Fäusten auf Jeffrey ein.
    «Lane –», begann er und versuchte sie abzuwehren.
    «Du hast meine Tochter umgebracht, du verfluchter
    Mörder!», brüllte sie. «Du und dein verdammter Freund.
    Damit kommt ihr nicht durch!»
    Jeffrey versuchte, sie zur Tür hinauszuschieben, aber
    sie widerstand ihm mit ihrem vollen Gewicht. Wieder
    schlug sie nach Jeffrey, diesmal fest genug, dass er rück-wärts taumelte. Die Tür schwang gegen die Wand, und er
    stürzte zu Boden.
    Sara ging zu ihm, und bevor sie sich bremsen konnte,
    herrschte sie die Frau an: «Halt!»
    Jetzt drehte sich die Frau zu Sara um und musterte sie
    voll Abscheu. «Ich hab von dir gehört», sagte sie. «Du
    kleine Hure. Du weißt nicht mal, mit was für Abschaum
    du dich da eingelassen hast.»
    Jeffrey schaffte es, sich aufzurichten, doch er atmete
    schwer, und Sara fürchtete, die Frau könnte ihm eine
    Rippe gebrochen haben.
    «Wer ist das?», zischte sie.
    «Eric!», schrie die Frau nach draußen. «Komm her. Und
    du auch, Kleiner.»
    Jeffrey lehnte an der Wand, als könnte er sich allein
    nicht auf den Beinen halten. Sara wollte fragen, was hier

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