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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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klappte das
    Messer wieder zu. «Robert wollte nicht sagen, wer ihn in die große Zelle gesteckt hat, aber ich habe den Verdacht, dass es Reggie war.»
    «Genauso gut hätte man Robert eine Zielscheibe auf
    den Rücken malen können.»

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    «Wenn mir dieser miese Hinterwäldler noch einmal vor
    die Augen kommt, reiße ich ihm eigenhändig den Kopf
    ab.»
    Sara konnte sich einerseits kaum vorstellen, dass Reggie
    an so einer Sache beteiligt war. Andererseits hatte auch
    Nell sie gewarnt, dass man ihm nicht trauen konnte.
    Sie fragte: «Geht es Robert so weit gut?»
    Jeffrey öffnete die Tür und trat beiseite, um Sara den
    Vortritt zu lassen. «Ich habe versucht, aus ihm herauszu‐
    bekommen, was passiert ist, aber er macht den Mund nicht
    auf.»
    «Wurde er schwer verprügelt?»
    «Das ist es nicht allein», erklärte er und sein Gesicht
    sprach Bände.
    «O nein», sagte sie und griff sich ans Herz. «Wie
    schlimm?»
    Er schloss die Tür hinter sich. «Er sagt, es geht ihm
    gut.»
    «Jeffrey», sagte sie und legte ihm die Hand auf die
    Schulter. Er starrte in den Flur, ohne sie anzusehen, und sie spürte, wie viel Kraft es ihn kostete, die Fassung zu bewahren.
    «Possum war heute Morgen auf dem Revier, um die
    Kaution zu stellen», brachte er dann hervor. «Ich bin nicht einmal auf die Idee gekommen.»
    «Er ist auf Kaution draußen?»
    «Wahrscheinlich hat Hoss ein paar Strippen gezogen»,
    erklärte Jeffrey. «Immerhin besteht keine Fluchtgefahr.
    Wo sollte er schon hin?»
    «Es tut mir so Leid.» Sara konnte seinen Kummer mit‐
    fühlen.
    Jeffrey nahm sie in die Arme, und sie hielt ihn fest, ver-336
    suchte ihm ein wenig Trost zu spenden, denn sie wusste,
    sonst konnte sie nichts tun.
    «Ach, Sara», seufzte er und legte seinen Kopf auf ihre
    Schulter. Sein Körper entspannte sich, und trotz all der Ereignisse spürte sie ein überwältigendes Glück, dass sie ihm
    mit ihrer Umarmung solchen Frieden schenken konnte.
    «Ich will einfach nur mit dir hier weg.»
    «Ich weiß», sagte sie und streichelte seinen Nacken.
    «Ich will mit dir tanzen gehen», sagte er, und sie lachte, denn sie wussten beide, dass sie in etwa das Rhythmusge-fühl eines neugeborenen Fohlens hatte. «Ich will mit dir
    am Strand spazieren gehen und Pifia Colada aus deinem
    Bauchnabel trinken.»
    Wieder lachte sie und zog die Arme zurück, doch er ließ sie noch nicht los. Sara küsste seinen Nacken und ließ die Lippen auf seiner Haut verweilen. Er schmeckte salzig, ein bisschen nach Meer, und sie roch den männlichen Duft seines Aftershaves. «Ich bin ja da.»
    «Ich weiß», sagte er und löste schließlich die Umar‐
    mung. Er seufzte tief, dann machte er eine müde Handbe‐
    wegung. «Bringen wir es hinter uns.»
    «Wonach suchen wir?», fragte sie, als sie ihm ins
    Wohnzimmer folgte.
    «Ich weiß es nicht.» Er zog die Schubladen des Couch‐
    tischs auf, wühlte kurz darin herum und schloss sie wieder.
    «Wo hatte er seine Ersatzwaffe?»
    «Hat er nicht gesagt, im Wohnzimmer?» Sara erinnerte
    sich nicht mehr genau.
    «Irgendwo muss der Waffensafe sein», sagte er. «Wenn
    er die Wahrheit gesagt hat.»
    Sara wusste nicht, was man Robert überhaupt noch
    glauben konnte, doch sie öffnete den Fernsehschrank. Bis

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    auf ein großes Fernsehgerät und ein paar Videokassetten
    fand sie nichts. Sie bückte sich zu den Schubladen und sagte:
    «Sie haben keine Kinder. Vielleicht hatte er die Waffe einfach in der Schublade.»
    «Dafür ist Robert zu erfahren», entgegnete Jeffrey und
    ließ sich auf alle viere nieder, um unter der Couch nachzusehen. «Hoss hat uns beiden eingetrichtert, Waffen immer
    sicher zu verwahren.» Er hockte sich auf die Fersen und
    sah traurig zu Boden. «Robert hat die Little League trainiert», sagte er. «Wahrscheinlich waren öfter Kinder hier.
    Er hätte nie eine Waffe rumliegen lassen.»
    «Und Jessie», überlegte Sara. «Nell hat mir erzählt, dass sie nach der Fehlgeburt zu viele Pillen geschluckt hat.»
    «Noch ein Grund, die Waffe wegzuschließen», stellte
    Jeffrey fest.
    Sara fand einen Stapel Gebrauchsanweisungen von
    jedem Elektrogerät im Haus. Daneben lagen ein paar aus‐
    gediente Fernbedienungen, alte Batterien und eine Nagel‐
    feile. Alles, nur kein Waffensafe. «Wo bewahrst du eigentlich deine Ersatzpistole auf?»
    «Neben dem Bett», antwortete er. «Zu Hause lasse ich
    die Dienstwaffe in der Küche.»
    «Warum gerade dort?»
    «Ich habe nie drüber nachgedacht», sagte er und

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