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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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biss sich auf die Lippe, bis sie Blut schmeckte.
    «Ich wollte, dass alles gut wird», sagte er und nahm
    ihr Handgelenk. Sara versuchte sich loszureißen, doch er
    drückte ihre Hand auf die Armlehne.
    Sie starrte seine Finger an, während er sie fesselte, und spürte Verzweiflung in sich aufwallen, bis sie kaum Luft
    bekam.
    Er lehnte sich wieder zurück. «So schlimm ist es doch
    gar nicht.» Dann streckte er die Hand aus und berührte
    ihren Mund. «Du hast dir auf die Lippe gebissen», stellte er fest. Sara zuckte unter seiner Berührung unwillkürlich
    zurück.

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    «Ich bin nicht der, für den du mich hältst», sagte er. «Ich habe sie wirklich geliebt.»
    «Bitte, lass mich gehen», flehte Sara.
    Er rieb sich mit den Händen die Oberschenkel. Die Pis‐
    tole lag neben ihm auf dem Boden. Wie zu sich selbst wie‐
    derholte er: «Ich habe sie wirklich geliebt.»
    Sie starrte die Pistole an, als könnte sie sie mit bloßer Willenskraft in ihre Gewalt bekommen. Beim Sprechen
    versuchte sie das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken:
    «Das klingt, als ob du sie nicht mehr liebst.»
    «Ich weiß nicht, was schief gegangen ist.» Er lächelte sie müde an. «Was sagt dir, dass du Jeffrey liebst?»
    «Ich weiß es nicht», antwortete Sara. Sie konnte den
    Blick nicht von der Pistole wenden. Schließlich zwang sie sich, Robert in die Augen zu sehen. «Robert, bitte. Lass mich nicht so zurück. Ich ertrage das nicht. Ich halte das nicht aus.»
    «Du schaffst das schon.»
    «Nicht so», sagte sie. «Bitte. Ich flehe dich an.»
    «Sag mir, woher du weißt, dass du Jeffrey liebst», ver‐
    langte er, als würde er sich auf einen Deal einlassen. «Was
    macht dich so sicher?»
    «Ich weiß nicht.»
    «Komm schon», sagte er, und Sara begriff, dass er ver‐
    suchte, sie zu beruhigen, um es sich leichter zu machen.
    «Ich weiß es nicht», wiederholte sie. «Robert –»
    «Da muss doch was sein», sagte er und lächelte sie ge‐
    zwungen an, als wären sie heide gute Menschen, die sich
    unter ungünstigen Umständen kennen gelernt hatten.
    «Aber sag jetzt nicht, es ist sein Sinn für Humor und sein guter Charakter. »
    Sie zermarterte sich das Gehirn. Sie musste die richtige

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    Antwort finden, die Antwort, die ihn dazu brachte, sie los-zubinden und freizulassen, aber es fiel ihr einfach nichts ein.
    «Du weißt es nicht?»
    Dann sagte Sara das Einzige, das ihr in den Sinn kam.
    «Es sind die kleinen Dinge. Genau das hat Nell auch über Possum gesagt – die kleinen Dinge.»
    «Ja?»
    «Ja», wiederholte sie. Sie versuchte, die Panik hinunter‐
    zuschlucken, versuchte sich zu erinnern, was Nell gesagt
    hatte. Sie hörte ihre eigene Stimme gedämpft, als würde
    sie unter Wasser sprechen. «Er kommt immer pünktlich
    nach Hause, und es macht ihm nichts aus, für sie einzu‐
    kaufen.»
    Robert lächelte traurig, als er aufstand. «Vielleicht hätte ich für Jessie auch mal einkaufen gehen sollen.»
    Irgendwo klingelte es in Saras Hirn, doch sie kam nicht
    darauf, was es war. Trotzdem redete sie weiter. «Das hast du doch bestimmt manchmal getan.»
    Robert zog ein längeres Stück Klebeband von der Rolle
    und riss es mit den Zähnen ab, die Rolle ließ er fallen.
    «Nie.» Er klebte ihr das Band über Brust und Oberarme
    und fesselte sie aufrecht an die Rückenlehne. «Sie hat gesagt, sie geht gern einkaufen. Das hat ihr das Gefühl gege‐
    ben, sie kümmert sich um mich.»
    «Du warst nie einkaufen?», fragte Sara. Etwas, das Jef‐
    frey gestern Abend zu ihr gesagt hatte, fiel ihr wieder
    ein, und sie spürte, wie eine unheimliche Ruhe über sie
    kam.
    Er sah sich nach dem Klebeband um. «Verdammt.» Als
    er sich vor das Bett kniete, verzog er das Gesicht, die Hand
    auf der Schussverletzung an seinem Bauch. «Unters Bett

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    gerollt», murmelte er und hielt sich an der Matratze fest, während er sich tief nach unten beugte.
    «Du bist nie für sie in den Laden gefahren?» Sie sah ihn an, wie er vor dem Bett kniete. Er hatte die eine Hand noch
    auf der Matratze, und ihr schoss das Bild des Handab‐
    drucks durch den Kopf, den Luke Swan auf dem Bett hin‐
    terlassen hatte.
    «Nein, nie», sagte er, dann setzte er sich auf und holte Luft. «Scheiße, das hat wehgetan.»
    Sara hatte das Gefühl, dass sie langsam wieder die Kon‐
    trolle über die Situation gewann. «Ist sie öfter mit deinem Truck gefahren?»
    «Komische Frage», sagte er. «Ja. Sie kann den Truck
    nicht leiden, aber wenn ich hinter ihr

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