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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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hier?»
    Sara griff sich ans Herz, Erleichterung machte sich in
    ihr breit. Doch die Erleichterung währte nicht lang, als ihr auffiel, dass nicht sie hier am falschen Ort war. Warum
    war Robert hier? Was suchte er?
    Sie stammelte: «Ich habe ...»
    Robert sah sich um, als würde er nach einer Erklärung
    für ihre Anwesenheit suchen. «Raus hier, Sara.»
    Sie wollte tun, was er sagte, doch ihre Glieder gehorch‐
    ten ihr nicht.
    «Was willst du?», fragte er. Als sie nicht antwortete,
    stellte er die Flasche auf den Waschtisch und durchstöberte
    den Badezimmerschrank.
    «Nell kommt gleich zurück», stammelte Sara, während
    er Handtücher und Schachteln auf den Boden warf.
    Er warf einen Blick über die Schulter. «Possum hat
    alle ins Kino eingeladen, und danach wollen sie essen
    gehen.»
    Endlich schaffte es Sara, sich zu bewegen. Robert würde
    ihr nichts tun, er war Jeffreys Freund. Sie stieg mit einem Bein über den Wannenrand. «Jeffrey ist –»
    «Er kommt nicht so bald wieder», sagte Robert, und
    dann: «Bleib, wo du bist, Sara.»
    Doch sie hörte nicht auf ihn, sondern ging in Richtung
    Tür. «Ich will nur –»
    «Nicht bewegen!», schrie er, seine Stimme hallte von
    den Wänden wider. Seine Augen funkelten wild, und lang‐
    sam dämmerte Sara, wie verzweifelt er war.

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    Sie versuchte, gegen die Panik anzukämpfen. «Ich muss
    gehen.»
    Er richtete sich auf und versperrte ihr den Weg. «Wo‐
    hin?»
    «Jeffrey wartet auf mich.»
    «Wo?»
    «Auf dem Revier.»
    Seine Blicke durchbohrten sie. «Du lügst, Sara. Warum
    lügst du mich an?» Als sie nicht sofort antwortete, schrie er: «Was machst du hier, gottverdammt nochmal? Was
    hast du hier –»
    «Ich ... ich ...», stammelte sie, doch sie fand keine
    Worte. Sie hatte bisher noch keine Angst vor Robert ge‐
    habt, doch jetzt fiel ihr schlagartig ein, dass er wegen Mor‐
    des angeklagt wurde. Wenn sie Robert so ansah, fragte sie
    sich, ob Jeffrey sich irrte. Wenn Robert sich in die Ecke gedrängt fühlte, war er vielleicht tatsächlich in der Lage, jemanden umzubringen.
    «Komm mit.» Er packte Sara am Arm und schob sie in
    Richtung Schaukelstuhl. «Setz dich.»
    Sara wollte sich weigern, doch ihre Knie gaben nach,
    und sie sank auf den Stuhl.
    Robert durchsuchte die Schubladen der Kommode un‐
    ter dem Fenster – ohne sie aus den Augen zu lassen. Auf dem Fernseher war ein mit Alufolie umwickelter Drahtbü‐
    gel als Antenne befestigt. Als Robert die oberste Schublade
    aufzog, gab die Alufolie ein trockenes Knistern von sich.
    «Was suchst du?», fragte Sara. «Geld? Brauchst du
    Geld? Ich kann dir –»
    Doch er baute sich vor ihr auf, packte die Armlehnen
    rechts und links und hielt das Gesicht dicht vor ihrs. «Ich will
    dein Scheißgeld nicht! Glaubst du, Geld kann mich retten?»

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    «Ich –»
    «Verdammt! » Er drückte sich ab, und der Schaukelstuhl
    wippte heftig. Er setzte die Durchsuchung der Schubladen
    fort. Als er die unterste Schublade aufzog, nahm er eine kleine schwarze Kiste heraus, die Sara sofort als Waffensafe erkannte.
    Sie sprang auf, doch sie erstarrte, als er sich zu ihr umdrehte, mit wutverzerrtem Gesicht. Gegen die Wand ge‐
    drückt, versuchte sie sich zur Tür vorzuarbeiten, während
    er die Kombination des Zahlenschlosses einstellte. Sie
    musste sich beeilen. Warum rannte sie nicht einfach los?
    Warum konnte sie sich nicht bewegen?
    Jetzt, nachdem er gefunden hatte, was er suchte, wirkte
    er ruhiger. «Wo willst du hin?»
    «Wofür brauchst du eine Waffe?»
    «Ich verlasse die Stadt», sagte er und stellte mit dem
    Daumen die Zahlen ein. Der Behälter sprang auf, und er
    nahm die Pistole heraus. «Sechs‐dreizehn, das Ergebnis
    von unserem letzten Spiel gegen Corner.»
    «Ich muss –»
    Er richtete die Waffe auf sie. «Bleib stehen, Sara.»
    Wieder musste sie an die Qualen denken, die sie im
    Waschraum des Grady Hospital durchgestanden hatte.
    Am ganzen Körper blutend, ohne sich rühren zu können,
    ohne um Hilfe rufen zu können. Sie würde es nicht zulassen, dass sie noch einmal in eine ähnliche Situation ge‐
    riete. Das würde sie nicht überleben.
    Er zeigte auf den Schaukelstuhl und befahl: «Setz dich.»
    Sie versuchte sich zu beruhigen, doch ihr Herz raste.
    «Ich werde niemand was sagen», keuchte sie und stellte
    fest, dass sie bettelte.
    «Ich kann dir nicht vertrauen», widersprach er und

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    winkte sie mit der Pistole zurück zum Schaukelstuhl. «Los, setz dich.» Er wartete, doch als

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