Schattenblume
sie sich weigerte, fügte er hinzu: «Es tut mir Leid wegen vorhin. Ich hätte dich nicht anschreien dürfen.»
Sie starrte die Pistole an. «Sie ist nicht geladen.» Sara wünschte, ihre Worte wären wahr.
Es klickte dumpf, als er den Schlitten zurückzog. «Jetzt
schon.»
Sie rührte sich nicht vom Fleck. «Was hast du vor?»
«Nichts», sagte er, und dann: «Ich muss dich fesseln.»
Saras Herz schlug bis zum Hals. Sie konnte sich nicht
fesseln lassen. Sie würde verrückt werden, wenn sie sich
nicht bewegen könnte. Sie schnappte nach Luft, aber das
war das Problem. Sie atmete zu viel, zu schnell.
«Ich brauche einen Vorsprung», erklärte er. Wieder
richtete er die Pistole auf sie. «Geh von der Tür weg, Sara.
Ich würde schießen.»
«Warum?», fragte sie. Sie betete, dass er endlich wieder
zur Vernunft kam, doch gleichzeitig fragte sie sich, ob das auch Luke Swans letzter Gedanke war, bevor sein Kopf explodierte.
«Ich will dir nicht wehtun», sagte Robert, als könnte sie das über die auf ihre Brust gerichtete Pistole hinwegtrösten. «Aber du würdest es Jeffrey sagen, und er würde mich
finden.»
Saras Hände begannen zu zittern. Wenn sie nicht bald
ihre Atmung in den Griff bekäme, würde sie hyperventi‐
lieren. «Ich weiß nicht, wo Jeffrey ist.»
«Er ist bestimmt bald wieder da», sagte er. Er hielt
die Pistole auf sie gerichtet, während er noch einmal
den Schrank durchging. Dann schob er mit dem Fuß eine
kleine Werkzeugkiste heraus. «Er kann die Finger nicht
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von dir lassen. So was habe ich bei ihm noch nie ge‐
sehen.»
Sara versuchte, die Strecke zum Flur abzuschätzen. Ro‐
bert war immer noch ein sportlicher Mann. Er wäre min‐
destens so schnell bei der Tür wie sie. Und eine Kugel wäre
noch schneller. Doch sie musste es versuchen. Sie machte
einen kleinen Schritt nach vorn.
Mit einer Hand klappte Robert die Werkzeugkiste auf.
Er ließ Sara nicht aus den Augen, als er eine Rolle silber-nes Gewebeband herausnahm.
Sie öffnete den Mund, doch sie konnte nicht atmen.
Genau das gleiche Klebeband hatte der Vergewaltiger be‐
nutzt, um sie zum Schweigen zu bringen, während er sie
schändete. Sie hatte nicht einmal schreien können.
«Ich hätte lieber was anderes genommen», sagte Ro‐
bert. «Das hier tut weh, wenn man es abzieht.»
«Bitte», flehte Sara mit zitternder Stimme. «Schließ
mich im Schrank ein.»
«Dann schreist du.»
«Nein», versprach sie. Ihre Knie zitterten so stark, dass sie fürchtete, sie würden nachgeben. «Ich schwöre, ich
schreie nicht», wiederholte sie. Tränen liefen ihr über das Gesicht, wenn sie nur an das Klebeband auf ihrer Haut
dachte. Irgendwie schaffte sie es, noch einen Schritt in
Richtung Tür zu machen. Sie streckte ihm die Hände
entgegen. «Ich verspreche, ich bin still. Ich sage kein
Wort.»
Die Tatsache, dass sie die Fassung zu verlieren begann,
schien ihn noch ruhiger zu machen, und jetzt sprach er
ganz vernünftig mit ihr. «Ich kann dir nicht vertrauen.»
Sie schluchzte laut. «Bitte, Robert. Ich flehe dich an.
Bitte tu das nicht. Bitte ...»
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«Hör auf –»
Sara stürzte zur Tür. Robert sprang aus der Hocke auf,
und sie spürte seine Fingerspitzen, als sie an ihm vorbei-sprintete. Sie wagte nicht, sich umzusehen, als sie ins
Wohnzimmer rannte. Als sie fast an der Haustür war, hatte
Robert sie eingeholt. Er riss sie an der Hüfte zurück und schleuderte sie gegen den Couchtisch. Possums Fan‐Artikel flogen zu Boden und gingen zu Bruch, die dicke Glasplatte des Couchtischs zersprang unter dem Gewicht der
beiden Körper. Sara bekam keine Luft mehr.
«Verflucht nochmal», brüllte Robert und riss sie hoch.
Ihre Arme flogen durch die Luft und ihre Füße pflügten
durch die Scherben am Boden, als Robert sie zurück ins
Schlafzimmer schleifte.
«Bitte –», flehte sie und versenkte die Fingernägel in
seiner Hand. Sie griff nach allem, was sie zu fassen bekam, hielt sich an Vorhängen fest, riss Bilder und Pflanzen herunter. Sie packte den Türrahmen und spürte, wie ihre
Fingernägel abbrachen, als Robert sie schließlich mit einem
Ruck ins Schlafzimmer zerrte.
«Herrgott», schrie Robert und warf sie zu Boden. Sara
rappelte sich hoch, wollte schreien, doch es kam kein Laut
aus ihrem Mund. Ihre Hände bluteten, aber sie würde wei‐
terkämpfen.
«Hör auf! », warnte er und riss ihr die Beine weg. Als sie auf allen vieren weiter in Richtung Tür kroch,
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