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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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brannte,
    als würde sich ein glühender Schürhaken durch sein Fleisch
    bohren. Er wollte seine Schulter betasten, doch Sara hielt ihn davon ab.
    «Matt», sagte sie. «Nicht.»
    Er fuhr mit der Zunge durch den Mund, schmeckte
    Blut.
    Als sie ihm das Haar aus dem Gesicht strich, sah er ein goldenes Funkeln an ihrem Finger. Sie trug seinen College‐Ring. Warum trug sie seinen College‐Ring?
    «Matt?»
    Er blinzelte, in seinen Ohren klingelte es leise. Jeffrey presste die Augen zusammen und versuchte sich zu orientieren. Das Klingeln kam vom Telefon auf Marias Schreib‐
    tisch. Das Blut in seinem Mund kam von einer Wunde an
    seinem Kopf.
    «Matt?», wiederholte Sara. «Kannst du mich hören?»
    Er sagte: «Warum –»
    Sie setzte ihm eine Flasche Wasser an die Lippen.
    «Trink. Du brauchst Wasser.»
    Jeffrey trank und spürte, wie die kühle Flüssigkeit sei‐
    ner trockenen Kehle wohl tat. Wasser rann ihm übers
    Kinn, als er mit dem Schlucken nicht mitkam.
    «Gut», sagte er und schob ihre Hand weg.
    Er schloss wieder die Augen, versuchte den Blick klar zu bekommen. Als er sie wieder öffnete, verschmolzen die
    beiden Marias zu einer. Ihre Wangen waren eingefallen,
    ein Auge war violett verfärbt und blutete. Daneben kauer‐
    ten tatsächlich zwei Kinder, beide mit dem gleichen Aus‐
    druck im Gesicht. Ein drittes Kind lehnte sich an Sara,
    keuchend versuchte das Mädchen, seine Angst zu beherr‐
    schen.

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    Jeffrey blickte wieder zu Sara. Er hatte sie noch nie so in
    Angst gesehen. Sie sah ihm tief in die Augen, als versuchte
    sie ein Loch in ihn hineinzustarren, ihm einen Gedanken
    ins Hirn zu treiben.
    Langsam nickte er. Er sollte Matt sein.
    Sie fragte wieder: «Gut?»
    «Ja.» Er sah sich um und versuchte sich zusammenzu‐
    reimen, was hier los war. Sie lagen auf dem Boden im hinteren Teil des Mannschaftsraums, um sie herum war alles
    leer. Brad stapelte vor der Brandschutztür Aktenschränke
    aufeinander. Jeffreys Bürofenster und ‐tür waren ähnlich
    verbarrikadiert. Um sie herum zwischen den Trümmern
    lagen Leichen. Burrows, Robinson, Morgan. Morgan war
    Vater von fünf Kindern. Burrows war ein großer Tier‐
    freund und hatte zwei ausgesetzte Greyhounds bei sich
    aufgenommen. Robinson ... Robinson war neu. Jeffrey er‐
    innerte sich nicht einmal an seinen Vornamen, obwohl er
    ihn vor knapp einer Woche eingestellt hatte.
    Jeffrey wurde schwindelig, er schloss die Augen, Übel‐
    keit stieg in ihm auf.
    «Ruhig atmen», redete Sara auf ihn ein, während sie
    ihm das Haar zurückstrich. Sein Kopf lag in ihrem Schoss, und nach dem Blut auf ihrem Kleid zu urteilen, lag er
    schon eine Weile so da. Jeffrey versuchte sich zu bewegen,
    doch er stellte fest, dass seine Füße mit seinem eigenen Gürtel gefesselt waren.
    Plötzlich stand ein Mann über ihnen, der mit einer
    Schrotflinte auf Maria zielte, während er eine Sig‐Sauer‐
    Armeepistole auf Brad gerichtet hielt. In einem Brustgurt
    trug er zwei weitere Schusswaffen und Ersatzmunition.
    Smith. Jeffrey erinnerte sich, dass sich der Mann als
    Smith vorgestellt hatte. Langsam erinnerte er sich an alles:

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    Wie Sara seinen Namen rief, wie Matts Kopf an der Glas‐
    tür explodierte, die anschließende Schießerei, die Toten.
    Sam. Der Vorname des neuen Streifenpolizisten war Sam.
    Der Mörder musterte Jeffrey abschätzig. «Hinsetzen.»
    Sara sagte: «Er muss ins Krankenhaus.» Sie wartete
    nicht auf eine Antwort. «Die Kinder stehen unter Schock.
    Sie müssen alle ins Krankenhaus.»
    Smith legte den Kopf zur Seite, als hätte er etwas gehört.
    Er drehte sich zur Lobby, wo ein zweiter Mann auf ein
    Sturmgewehr gestützt am Anmeldungstresen stand und
    zum Eingang zeigte. Er war ähnlich ausstaffiert, dunkler
    Mantel und kugelsichere Weste. Er trug eine schwarze
    Baseballkappe, tief ins Gesicht gezogen. Er nickte kurz,
    ohne Smith anzusehen.
    Sara nutzte den kurzen Moment der Ablenkung und
    flüsterte Jeffrey etwas zu. Es klang wie: «Die Asche.»
    Smith sah wieder zu Jeffrey herunter. «Hinsetzen.» Er
    trat Jeffrey gegen das Bein, der Schmerz schoss hoch bis in
    die Schulter und ließ Jeffrey aufschreien.
    «Er muss ins Krankenhaus», wiederholte Sara.
    «Hey», mischte sich Brad ein, wie ein Kind, das zwischen streitenden Eltern schlichten will. «Ich brauche Hilfe.»
    Smith hielt Sara die Mündung der Schrotflinte ins Ge‐
    sicht. «Los, hilf ihm.»
    Doch Sara blieb, wo sie war. «Matt muss medizinisch
    versorgt werden», sagte sie mit

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