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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Stim‐
    me wurde weicher. «Bitte sieh mich nicht so an.»
    «Ich wollte nur‐»
    Als sie nichts sagte, fragte er: «Was?»
    Sara presste das Kinn auf die Brust. Für diese Unterhal‐
    tung war sie noch nicht bereit. Stattdessen kam sie auf das

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    gegenwärtige Problem zurück. «Ich will mir Roberts Ein‐
    schusswunde noch einmal ansehen.»
    «Warum?»
    «Ich bin mir nicht sicher, aber ...», begann sie, doch
    dann war sie plötzlich überzeugt. «Unterhalb der Wunde
    waren Schmauchspuren.»
    «Du bist dir nicht sicher?»
    «Ich will mir nicht sicher sein, aber im Grund bin ich es.»
    Er lachte tonlos. «Er hat die ganze Zeit die Hand drauf gedrückt.»
    «Er hat das Blut mit seinem Hemd gestillt.»
    «Hat er dich das Hemd ansehen lassen?»
    Sara schüttelte den Kopf. Wenn die Pistole aus nächster
    Nähe abgefeuert worden war, wären auch auf dem Hemd
    Schmauch‐ und Pulverspuren.
    Er sagte: «Im Krankenhaus haben sie es wahrscheinlich
    weggeschmissen. »
    «Oder er.»
    «Oder er», bestätigte Jeffrey. Er schüttelte den Kopf.
    «Wenn er doch nur mit mir reden würde. Er könnte mir
    versuchen zu erklären, was passiert ist ...»
    «Was machen wir jetzt?»
    Er schüttelte wieder den Kopf. «Warum redet er bloß
    nicht mit mir?»
    Die Antwort lag auf der Hand, doch Sara schwieg.
    «Vielleicht hat Luke Swan versucht, sich auf ihn zu
    stürzen. Er lag schließlich nur einen knappen Meter ent‐
    fernt.»
    «Eher anderthalb.»
    «Dann hat Robert ihn weggestoßen», sagte Jeffrey.
    «Swan war wahrscheinlich auf den Knien.»

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    «Möglich.»
    Sie hörte die Anspannung in seiner Stimme, als er ver‐
    suchte, alles irgendwie zu erklären. «Vielleicht hat Swan
    gehört, wie Robert seine Pistole holte. Da ist er auf ihn los. Vielleicht stand er direkt vor ihm.» Jeffrey hielt die Hand hoch, mit den Fingern machte er die Pistole nach.
    «Er hat auf Robert geschossen, und dann hat Robert ihn
    erschossen.»
    Sara versuchte die Schwachstelle in der Theorie zu se‐
    hen. «Möglich.»
    Jeffrey war spürbar erleichtert. «Warten wir die Autop‐
    sie ab, in Ordnung? Bis dahin können wir es doch für uns behalten. Die Autopsie wird zeigen, was passiert ist.»
    «Hast du gefragt, ob ich dabei sein darf?»
    «Hoss will sogar, dass du die Untersuchung machst.»
    «Also gut.»
    «Sara ...»
    «Ich habe schon gepackt», sagte sie und stand auf. «So‐
    bald ich fertig bin, möchte ich los.» Um keine Zweifel aufkommen zu lassen, erklärte sie: «Ich will nach Hause.»

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KAPITEL ZEHN

    13.32 Uhr

    as Telefon kreischte wie Fingernägel auf einer Tafel.
    DSaras
    Ohren fingen an, ihr Streiche zu spielen. Sie
    hatte das Gefühl, das Klingeln wurde lauter und leiser, wie
    eine Polizeisirene. Um die Zeit zu überbrücken, zählte sie die Sekunden dazwischen, verzählte sich, bis sie dachte, es
    hätte aufgehört, nur um das nächste Schrillen umso lauter wahrzunehmen. Das Telefon klingelte noch mit einer
    Glocke, nicht mit einer computergenerierten Melodie. Der
    schwarze Apparat war so alt, dass es Sara nicht gewundert
    hätte, wenn eine Wählscheibe dran gewesen wäre. Es hatte
    weder ein leuchtendes Display noch stromlinienförmige
    Tasten. Bei all den Handys und schnurlosen Telefonen mit
    ihren digitalisierten Klingelzeichen hatte Sara vergessen,
    wie sich ein richtiges Telefon anhörte.
    Mit dem Handrücken wischte sie sich den Schweiß von
    der Oberlippe. Ab dem Moment, da der Strom abgestellt
    worden war, wälzte sich die Hitze von draußen in den
    schlecht belüfteten Mannschaftsraum herein. Inzwischen,
    über eine Stunde später, war es stickig und man bekam
    kaum noch Luft. Zu allem Überfluss begannen die Leichen
    zu riechen.

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    Smith hatte Brads Uniformhemd und ‐hosen in den Be‐
    lüftungsschacht gestopft, wahrscheinlich um zu verhin‐
    dern, dass die Polizei sich Einblick verschaffte. Jetzt saß Brad in weißen Boxershorts und schwarzen Socken da,
    doch es war ihm schon lang nicht mehr peinlich. Aus ir‐
    gendeinem Grund hatte Smith Vertrauen zu Brad, und er
    war der Einzige, dem Smith irgendeine Art von Freiheit
    zugestand. Sara war es gelungen, Brad Jeffreys Brieftasche
    zuzuschieben, als er die kleinen Mädchen aufs Klo brachte.
    Sie hatte allerdings keine Ahnung, wo er sie versteckt
    hatte. Sie hoffte nur, es war ein gutes Versteck.
    Der Stress hatte zwei der übrig gebliebenen Mädchen
    schließlich so erschöpft, dass sie beide, mit den Köpfen in Brads Schoss, eingeschlafen waren. Maria saß

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