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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Jeffrey ein paar Jahre länger, um sich zu mäßigen. Erst als er irgendwann mit einer Hand in Gips und einem Filmriss in der Nähe von Tuscaloosa im Krankenhaus aufwachte, beschloss er endlich, dass die wilden Tage vorbei waren.
    Reggie Ray saß am Schreibtisch, als Jeffrey die Wache betrat. Er fragte: «Was willst du denn hier?»
    Jeffrey hatte für Höflichkeiten keine Zeit. «Leck mich.»
    Reggie war so schnell auf den Beinen, dass sein Stuhl umfiel. «Sag mir das ins Gesicht   –»
    Jeffrey war schon an ihm vorbei, doch jetzt drehte er sich um: «Ich dachte, das hätte ich gerade getan.»
    Beide ließen sich auf das kindische Kräftemessen ein, aus dem Männer in ihrem Alter längst heraus sein sollten. Jeffrey war das wohl bewusst, trotzdem gab er keinen Millimeter nach. Er hatte es satt, so behandelt zu werden. Nein, es war noch mehr. Er hatte es satt, dass er sich so behandeln ließ. Nach all den Jahren hatte ihm das Gespräch mit Sara endlich klar gemacht, dass er mitverantwortlich war für seine ewigen Schuldgefühle. Sara hatte ihn nie als Sohn seines Vaters betrachtet. Selbst heute, nachdem sie die schlimmsten Geschichten über ihn gehört hatte, blieb sie dabei. Obwohl sie ihn erst so kurz kannte, schien sie ihn viel besser zu durchschauen als alle anderen hier, Nell eingeschlossen.
    Jeffrey verschränkte die Arme vor der Brust. «Ist noch was?»
    «Wie kommt es, dass jedes Mal, wenn du hier aufkreuzt, irgendeine Sauerei passiert?»
    «Muss Zufall sein.»
    «Ich kann dich nicht leiden», sagte Reggie.
    «Ist das alles, was du zu sagen hast?», fragte Jeffrey. «Dann sag ich dir mal was, du kleines Arschloch, ich kann dich auch nicht leiden. Ich kann dich nicht leiden seit dem Tag, an dem du in die Garage deines Vaters reingeplatzt kamst, wo mir deine Schwester einen geblasen hat.»
    Reggie holte aus, doch Jeffrey fing seine Faust in der Luft ab. Jeffrey drückte Reggies Faust zusammen, bis der Mann in die Knie ging.
    «Dreckskerl», zischte Reggie und versuchte sich loszureißen.
    Jeffrey riss den Mann nach vorn und stieß ihn gegen den Tisch, bevor er ihn losließ. In diesem Moment ging die Tür auf, und Possum kam herein. Er warf einen Blick aufReggie, der sich krümmte, dann lächelte er Jeffrey freundlich an, als wäre zwischen ihnen nie etwas vorgefallen.
    «Possum», begann Jeffrey. Er kam sich vor wie ein Schwein, als er die violette Beule an Possums Kinn sah.
    Doch wie immer war Possum die Ruhe selbst. «Keine große Sache, Slick», sagte er und klopfte Jeffrey auf die Schulter. «Du kriegst noch dein Wechselgeld von gestern. Erinner mich dran.»
    «Nein, vergiss es, hörst du?»
    Possum ging weiter. «Hast du mit Robert gesprochen?»
    «Ich wollte gerade zu ihm.»
    «Heute Morgen haben sie die Kaution festgesetzt», sagte Possum und zog einen dicken Umschlag aus der Tasche.
    Als Jeffrey das Bündel Geldscheine sah, zog er Possum ein paar Meter weiter in den Gang. Zwar konnte Reggie Ray immer noch mithören, aber Jeffrey war es wohler, wenn zwischen ihnen ein gewisser Abstand war.
    Er sagte: «Possum, wo hast du so viel Geld her?»
    «Ich hab eine Hypothek auf den Laden aufgenommen», erklärte er. «Nell hätte fast einen Herzinfarkt bekommen, aber wir können Robert doch nicht in einer Zelle sitzen lassen.»
    Wieder schämte sich Jeffrey. Er war überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass Robert auf Kaution freikommen könnte, geschweige denn auf die Idee, selbst Geld aufzutreiben. «Jessies Familie hat Geld wie Heu», sagte er. «Die sollten das übernehmen.»
    «Die weigern sich», erklärte Possum, und ausnahmsweise machte er ein grimmiges Gesicht. «Ich sag dir eins, Slick, mir tut es im Herzen weh, wie sie ihn behandelt. Egal, was hier los ist, er ist immer noch ihr Mann.»
    «Hast du mit ihr geredet?»
    «Ich komme gerade von ihr.» Er senkte die Stimme. «Sie war sternhagelvoll, und es ist noch nicht mal Mittag.»
    «Was hat sie gesagt?»
    «Sie meint, was sie angeht, soll er in der Hölle schmoren. Ist das zu glauben? Sie sind eine Ewigkeit zusammen, und dann schreibt sie ihn einfach ab.»
    «Sie hatte was mit einem anderen, vergiss das nicht.»
    «Und seit wann?», fragte Possum, und Jeffrey musste zugeben, dass das eine gute Frage war. «Ich meine, das ergibt doch überhaupt keinen Sinn. Egal, wie zickig sie manchmal ist, wie sollte sie hier mitten in der Stadt mit einem Typen rummachen können, ohne dass es jemand mitkriegt und Robert was steckt?»
    «Vielleicht hat ja jemand

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