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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Robert was gesteckt», sagte Jeffrey und blickte zu Reggie. Der Hilfssheriff starrte ihn hasserfüllt an.
    Auch Possum schien zu merken, was los war. Er stellte sich zwischen die beiden Männer und fragte Reggie: «Wo kann ich die Kaution bezahlen?»
    «Hinten», sagte Reggie. «Ich bring dich hin.»
    Reggie rückte seinen Pistolengurt zurecht, als er auf Jeffrey zukam, die rechte Hand auf dem Kolben. Er rempelte Jeffrey mit der Schulter an, doch diesmal reagierte Jeffrey nicht. Er hatte in letzter Zeit schon genug Streit angefangen. Kaum waren die beiden Männer fort, klopfte er an Hoss’ Tür und ging gleichzeitig hinein.
    «Hallo», sagte Hoss und stand von seinem Schreibtisch auf. Robert saß in der orangenen Knastuniform vor ihm, die Hände auf dem Schoß, mit hängenden Schultern. Von hinten sah er aus, als wartete er auf seinen Henker.
    «Possum zahlt deine Kaution», erklärte Jeffrey.
    Robert ließ die Schultern noch tiefer sinken. «Das soll er nicht.»
    «Er hat eine Hypothek auf den Laden aufgenommen.»
    «O Gott», stöhnte Robert. «Warum hat er das getan?»
    «Er konnte nicht mit ansehen, wie du hier drin sitzt», sagte Jeffrey und versuchte, Hoss’ Blick aufzufangen. Doch der Alte starrte hinaus auf den Parkplatz. Jeffrey hatte das Gefühl, er hatte die beiden bei irgendetwas unterbrochen. «Ich muss sagen, ich bin auch nicht gerade begeistert davon.»
    Robert sagte: «Mir geht’s gut.»
    Jeffrey wartete, dass er sich umdrehte, aber Robert rührte sich nicht. «Bobby?»
    Endlich warf er Jeffrey einen kurzen Blick über die Schulter zu, doch es reichte, um zu sehen, dass er ein blaues Auge und eine aufgeplatzte Lippe hatte. Jeffrey kam zu ihm, um ihn sich genauer anzusehen. Robert war grün und blau geprügelt worden, und am linken Arm trug er einen dicken Verband. Jeffrey ballte die Fäuste. «Wer war das?»
    Hoss antwortete: «Ist ein bisschen wild zugegangen gestern Nacht.»
    «Warum war er nicht in einer Einzelzelle?», bellte Jeffrey.
    «Er wollte keine Sonderbehandlung.»
    «Sonderbehandlung?», wiederholte Jeffrey fassungslos. «Gott im Himmel, das ist keine Sonderbehandlung, das ist Menschenverstand.»
    «Mir brauchst du das nicht zu sagen, Junge», warnte Hoss und zeigte mit einem Finger auf Jeffrey. «Ich kann niemanden zwingen, wenn er sich weigert.»
    «So ein Quatsch», gab Jeffrey zurück. «Er ist ein verdammterHäftling. Wenn du willst, kannst du ihn in seiner eigenen Scheiße schlafen lassen.»
    «Ich war aber nicht hier!», brauste Hoss auf. «Gottver dammt , ich war doch gar nicht hier.» Er wischte sich über den Mund, und Jeffrey konnte seinen Kummer förmlich greifen. Egal, wie mies sich Jeffrey fühlte, Hoss ging es schlimmer.
    «Wer war es?», fragte er Robert. «War es Reggie Ray? Wenn er es war, dann   –»
    Doch Robert unterbrach ihn: «Reggie Ray kann nichts dafür.»
    «Wenn er   –»
    «Ich habe darum gebeten, zu den anderen zu kommen», sagte Robert. «Ich wollte wissen, wie es ist.»
    Jeffrey fiel dazu nichts mehr ein.
    Hoss rückte sich den Pistolengurt zurecht, genau wie Reggie es getan hatte. «Ich geh raus. Sieh zu, dass du dich wieder beruhigst», sagte er zu Jeffrey. Sein Ton war deutlich genug, doch er unterstrich seine Botschaft, indem er die Tür zuschlug.
    Jeffrey musste der Sache auf den Grund gehen. «Was ist passiert?»
    Robert zuckte die Achseln, dann verzog er vor Schmerz das Gesicht. «Ich habe geschlafen. Irgendwann haben sie mich geweckt und in die große Zelle gesteckt.»
    Jeffrey konnte es nicht fassen, dass Polizisten einem von ihnen so etwas antaten. Es gab einen Ehrenkodex, und Robert hielt sich sogar jetzt, nach dem, was die Schweine ihm angetan hatten, noch daran.
    «Warum hast du nicht um Hilfe gerufen?»
    «Wen denn?», fragte Robert traurig. «Sie haben doch alle nur darauf gewartet, dass so etwas passiert.» Er nicktemit dem Kopf in Richtung der Hilfssheriffs. «Es ist noch genauso wie früher, Jeffrey. Nichts hat sich verändert. Alle haben nur darauf gewartet, dass ich Scheiße baue, damit sie mich den Löwen zum Fraß vorwerfen können.» Er lachte verbittert. Jeffrey wagte kaum sich vorzustellen, wie fürchterlich die Nacht gewesen sein musste. Für die anderen Häftlinge war es wahrscheinlich wie Weihnachten, dass sie ihre Aggressionen eine ganze Nacht lang an einem Polizisten auslassen durften.
    Robert fuhr fort: «All die Jahre   … ich habe wirklich gedacht, ein paar von ihnen wären meine Freunde   … dass ich mich

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