Schattenblume
Rolle Isolierband.
«Bestimmt.» Sie pulte ein Stück Klebestreifen herunter und klebte es sich auf den Arm. Die größten Spritzer befanden sich neben dem Nachttisch, und sie musste aufpassen, nicht an die Gehirnmasse zu kommen, die dort klebte. Sara wünschte, sie hätte ein Paar Handschuhe dabei, aber jetzt war es zu spät.
Zu Jeffrey sagte sie: «Stell dich da hin» und zeigte zum Fußende des Betts.
«Was hast du vor?»
«Ich habe nichts, wo ich die anderen Enden festmachen kann», sagte sie. «Du musst sie festhalten.»
«Okay», willigte er ein. Sara ging zu den anderen Enden der Fäden zurück und versuchte, jeweils den Winkel so genau zu bestimmen wie möglich. Dann folgte sie dem Winkel und steckte das andere Ende des Fadens mit einer Stecknadel an Jeffreys Kleidung fest. Am Ende benutzte sie das Isolierband, um den Punkt zu markieren, wo sich die gelben Fäden kreuzten. Sara war schweißgebadet, als sie fertig war, doch die Mühe hatte sich gelohnt.
«Sein Kopf befand sich also hier», sagte Jeffrey und zeigte auf den Punkt, wo die Fäden zusammenliefen. Wieeine Spinne im Netz zeigte das schwarze Isolierband die Stelle an, wo die Kugel in Luke Swans Kopf eingedrungen war und Blut, Knochen und Gehirn unter dem Einschlag explodierten.
Auch wenn Saras Jeans längst schmutzig waren, weil sie über den blutigen Teppich gerobbt war, zögerte sie jetzt, bevor sie den Platz einnahm, wo Luke Swan gekniet hatte, als er starb. Er war kaum einen Meter vom Bett entfernt gewesen, als ihn die Kugel traf. Sie sagte: «Er war ein bisschen kleiner als ich, aber sein Kopf muss ungefähr hier gewesen sein, ein paar Zentimeter mehr oder weniger, wenn man die Messfehler mit einrechnet.»
«Jessie lag im Bett», sagte Jeffrey. Mit den Fäden am Leib konnte er sich nicht bewegen. «Swan muss also vor ihr gekniet haben.»
Sara entdeckte etwas, das aussah wie ein Handabdruck. «Hier», sagte sie. «Siehst du das?»
«Ja», er nickte. «Swan hat sich hier aufgestützt. Vielleicht hat er sich ans Bett gelehnt.»
«Er hat jedenfalls in die Richtung gesehen», sagte Sara und zeigte aufs Bett. «Die Kugel ist hier seitlich eingetreten», sie legte den Finger auf den Bereich über ihrem Ohr. «Auf der anderen Seite ist sie wieder ausgetreten.» Sie zeigte ein Stück Gewebe, das noch am Nachttisch klebte. «Da ist sein Ohrläppchen.»
«Es passt also alles», sagte Jeffrey. «Robert stand ungefähr da, wo ich jetzt stehe, und Swan kniete neben dem Bett, was immer er da getan hat.»
«Er hat Jessie angesehen.»
Jeffrey ließ die Schultern sinken, und die Fäden bewegten sich. «Robert hat also die Wahrheit gesagt. Nicht mal gewarnt hat er ihn. Er hat ihn einfach kaltblütig erschossen.»
«Komm, ich befreie dich», sagte Sara und begann, ihm die Nadeln abzunehmen. «Wir wissen immer noch nicht warum.»
«Warum ist sonnenklar», sagte er und half ihr mit den Nadeln. «Er hat gesehen, wie ein anderer seine Frau gevögelt hat. Ich hätte genauso reagiert.»
«Aber du hättest niemanden erschossen.»
«Ich weiß nicht, was ich getan hätte», sagte Jeffrey. «Wenn ich dich mit einem anderen erwischen würde …»
«Erst hat er sie entdeckt», sagte Sara. «Er hatte die Waffe aber nicht dabei, als er ins Zimmer kam.»
«Nein», bestätigte Jeffrey. «Er muss nochmal raus gegangen sein, zu seinem Truck oder wo zum Teufel er das Ding hatte.»
«Dann kam er zurück», fuhr Sara fort. «Das bedeutet vorsätzlicher Mord.»
«Ich weiß», sagte Jeffrey und ließ die Nadeln in die Plastikschachtel fallen.
Sie wickelte den Faden wieder auf und fragte sich, was sie jetzt tun sollten. Robert hatte schon ein Geständnis abgelegt. Eigentlich waren sie hergekommen, um seine Geschichte zu widerlegen. Doch das Einzige, was sie zustande brachten, war zu beweisen, dass er den Mann mit Vorsatz erschossen hatte. Worum es ging, waren zehn Jahre mit der Chance auf frühzeitige Entlassung oder die Todesstrafe.
Vor dem Haus quietschten Reifen, als Jeffrey begann: «Ich frage mich, was –», dann schlug eine Autotür zu. Sie gingen nach vorn, um nachzusehen. Jeffrey riss die Tür auf. Die Frau vor der Tür wollte gerade anklopfen.
«Du!», schrie sie hysterisch. «Du dreckiges Schwein! Ich hab gewusst, dass du hier bist!»
Jeffrey versuchte, ihr die Tür vor der Nase zuzuschlagen, doch sie war schon drin. Zuerst schlug Sara der Gestank entgegen, ein metallischer Geruch nach Menstruationsblut, obwohl die Frau längst in den
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