Schattenblume
Wechseljahren sein musste. Sie war ungeheuer fett, hatte wahrscheinlich einen Zentner Übergewicht, und ihr Gesicht war eine Maske schierer Wut.
«Du verdammtes Dreckschwein!», schrie sie und schlug mit den Fäusten auf Jeffrey ein.
«Lane –», begann er und versuchte sie abzuwehren.
«Du hast meine Tochter umgebracht, du verfluchter Mörder!», brüllte sie. «Du und dein verdammter Freund. Damit kommt ihr nicht durch!»
Jeffrey versuchte, sie zur Tür hinauszuschieben, aber sie widerstand ihm mit ihrem vollen Gewicht. Wieder schlug sie nach Jeffrey, diesmal fest genug, dass er rückwärts taumelte. Die Tür schwang gegen die Wand, und er stürzte zu Boden.
Sara ging zu ihm, und bevor sie sich bremsen konnte, herrschte sie die Frau an: «Halt!»
Jetzt drehte sich die Frau zu Sara um und musterte sie voll Abscheu. «Ich hab von dir gehört», sagte sie. «Du kleine Hure. Du weißt nicht mal, mit was für Abschaum du dich da eingelassen hast.»
Jeffrey schaffte es, sich aufzurichten, doch er atmete schwer, und Sara fürchtete, die Frau könnte ihm eine Rippe gebrochen haben.
«Wer ist das?», zischte sie.
«Eric!», schrie die Frau nach draußen. «Komm her. Und du auch, Kleiner.»
Jeffrey lehnte an der Wand, als könnte er sich allein nicht auf den Beinen halten. Sara wollte fragen, was hierlos war, da sah sie die zwei kleinen Jungs, die zur vorderen Veranda kamen. Es waren bemitleidenswerte Kreaturen, sie waren unterernährt und starrten vor Dreck. Sara musste an zwei junge Vögel denken, die aus dem Nest gefallen und von ihrer Mutter im Stich gelassen worden waren. Allein der Anblick machte sie wütend. Wer ließ seine Kinder so verwahrlosen?
Die Frau packte einen der Jungen im Nacken und schubste ihn zu Jeffrey. «Begrüß deinen Papa, du Bankert.»
Sara fing den Jungen auf, bevor er hinfiel. Unter dem dreckigen grauen T-Shirt spürte sie die Rippen.
Die Frau sagte: «Das ist das Arschloch, das deine Mama vergewaltigt hat.»
Sara blieb die Luft weg. Sie sah Jeffrey an, doch er wich ihrem Blick aus.
«Vergewaltigt?», stotterte Sara, das Echo hallte in ihrem Kopf nach.
«Hier, du Schwein», schrie die Frau Jeffrey an. «Sei ein Mann, und übernimm einmal in deinem miesen Leben die Verantwortung für deine Taten.»
«Bitte», Sara versuchte, irgendwie die Regie an sich zu reißen. «Nicht vor den Kindern.»
«Was?», kreischte die Frau. «Ein Junge muss seinen Vater kennen. Stimmt’s nicht, Eric? Du willst doch sicher den Mann kennen lernen, der deine Mama vergewaltigt und dann umgebracht hat?»
Neugierig sah Eric zu Jeffrey hoch, doch Jeffreys Miene war wie versteinert, und er würdigte das Kind keines Blickes.
«Alles in Ordnung?», fragte Sara und strich dem Jungen das schmutzige Haar aus den Augen. Er musste etwa in Jareds Alter sein, doch irgendwie sah er kränklich aus.An den Armen und Beinen hatte er seltsame blaue Flecken. Sie fragte: «Bist du krank?»
Die Frau antwortete für ihn. «Er hat schlechtes Blut», sagte sie. «Genau wie das Schwein von seinem Vater.»
«Raus hier», knurrte Jeffrey drohend. «Sie haben hier nichts zu suchen.»
«Und jetzt lässt du Robert dafür bezahlen», sagte sie. «Du verfluchter Feigling.»
«Sie wissen gar nichts.»
«Ich weiß, dass ich in Arztrechnungen ersaufe», schrie sie zurück. «Keiner aus meiner Familie hat diese Scheißkrankheit je gehabt.» Sie sah den Jungen hasserfüllt an, als könne sie seine Nähe nicht ertragen. «Glaubst du etwa, ich hab zu viel Geld? Glaubst du, ich kann’s mir leisten, den Kleinen jedes Mal ins Krankenhaus zu bringen, damit er ’ne Transfusion kriegt, wenn er mal wieder hingeflogen ist?»
Jeffrey warnte: «Raus hier, verflucht nochmal, oder ich ruf Hoss.»
Doch sie gab nicht nach. «Hol ihn doch! Hol ihn her, dann können wir die Sache ein für alle Mal erledigen.»
«Es gibt nichts zu erledigen», gab Jeffrey zurück. «Nichts hat sich verändert, Lane. Sie können gar nichts tun.»
«Zum Teufel mit dir», zischte sie. «Jeder weiß, dass du sie vergewaltigt hast.»
«Die Sache ist seit drei Jahren verjährt», sagte er, und die Tatsache, dass er genau wusste, wovon er sprach, machte Sara Gänsehaut. «Selbst wenn es Beweise gäbe, können Sie mir nichts anhaben.»
Die Frau streckte Jeffrey ihren dicken Finger ins Gesicht. «Dann bringe ich dich eben selbst um, du gottverdammter Bastard.»
«Ma’am», versuchte es Sara, ohne Eric loszulassen. Er schien in Gedanken weit weg zu sein, als wäre
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