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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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er Robert das nie angetan hätte.» Nell zog die Füße unter ihren Hintern. «Ich glaube nicht, dass er es getan hat, sagt mir mein Bauchgefühl. Schon damals hatte Jeffrey diesen Kompass in sich, der ihm den Unterschied zwischen richtig und falsch zeigte.»
    «Ich dachte, er hätte ständig Ärger gehabt?»
    «O ja», sagte Nell. «Aber er wusste genau, was er anstellte. Deswegen hab ich mich ja immer so aufgeregt. Er wusste, dass er Dummheiten machte. Aber er war noch nicht an dem Punkt, an dem er beschloss, auf seinen Bauchzu hören.» Sie fügte hinzu: «Der Bauch ist viel schlauer, als man meint.»
    Sara dachte an die Unterhaltung mit ihrer Mutter gestern. «Mein Bauch sagt mir, dass ich ihm vertrauen kann.»
    «Meiner auch», stimmte Nell zu. «Ich weiß noch, als Julia am Tag nach der Vergewaltigung zur Schule kam. Es war furchtbar. Sie hat es jedem erzählt, der es hören wollte. Bis zum Mittagessen hatte die Geschichte in allen Einzelheiten die Runde gemacht, und wir konnten uns alle ausmalen, wie übel zugerichtet sie sein musste.» Sie hielt inne. «Dann habe ich sie auf dem Flur gesehen. Sie hat weiß Gott nicht so ausgesehen, als wenn sie wer weiß wie fertig gewesen wäre. Eher so, als ob sie die ganze Aufmerksamkeit genoss.» Nell zuckte wieder die Achseln. «Das Problem war, sie hat sowieso ständig gelogen. Sie hat gelogen, weil sie Aufmerksamkeit wollte, weil sie Mitleid wollte. Keiner glaubte ihr. Höchstwahrscheinlich war ihr selbst der Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge gar nicht bewusst.»
    «Was hat sie denn erzählt?»
    «Dass Robert sie mit in die Höhle genommen hat und ihr Bier eingeflößt hat, um sie willig zu machen.»
    «Und wann ist Jeffrey aufgetaucht?»
    «Später», erklärte Nell. «Die Geschichte hat ein Eigenleben entwickelt, so ist es bei solchen Sachen doch immer. Jeffrey hat Stein und Bein geschworen, dass er in der Zeit, als es passiert sein soll, mit Robert zusammen war, und dann hat sie wie beiläufig gesagt, ach ja, übrigens, Jeffrey war auch dabei. Sie hat gesagt, die beiden hätten sich abgewechselt.»
    «Sie hat ihre Geschichte verändert?»
    «Das hab ich gehört, aber es gibt eben verschiedene Gerüchte.Vielleicht hat sie auch von Anfang an gesagt, dass es beide waren, und ich hatte es nur falsch verstanden. Es ging alles drunter und drüber. Am Ende hieß es sogar, sie wäre von einer Bande aus Comer vergewaltigt worden. Ein paar Jungs von der Footballmannschaft wollten sich die Kerle schon vorknöpfen. Wenn so was passiert, drehen die Leute immer durch.»
    «Und die Polizei   –» Sara brach ab. «Hoss.»
    «Ja, klar. Hoss kam. Irgendein Lehrer hat Julia in der Schule herumheulen hören und hat Hoss gerufen.»
    «Was hat er getan?»
    «Sie befragt, schätze ich. Himmel, keiner wusste so gut wie er, wo sie wohnte. Kurz bevor ihr Vater starb, war er jedes Wochenende da draußen, wenn der Alte und Lane sich gekloppt haben.»
    «Hat er auch Jeffrey und Robert befragt?»
    «Wahrscheinlich», sagte Nell, doch sicher war sie offensichtlich nicht. «Julia hat ihre Geschichte ziemlich schnell zurückgenommen, nachdem Hoss mit ihr geredet hatte. Sie hat aufgehört, an der Schule damit anzugeben und so zu tun, als wäre sie das Opfer gewesen. Die Leute wollten, dass sie was erzählte – nicht aus Anteilnahme, sondern weil es ein toller Skandal war   –, doch sie sagte nichts mehr. Kein Wort. Einen Monat später oder so ist sie fort.»
    «Fort?»
    «Wahrscheinlich, um das Baby zu kriegen, keine Ahnung», sagte Nell. «So fett, wie Lane ist, hat sich damals keiner was gedacht, als sie erzählte, sie wäre wieder schwanger.» Nell schwieg. «Es war ein Segen, dass der Alte abgekratzt ist. Er war ein Monster, tausendmal schlimmer als Lane. Schlimmer als Jeffreys Dad, wenn du mich fragst. Ein gemeiner, bösartiger Widerling.»
    «Wie viele Kinder hatte sie?»
    «Der letzte Stand war sechs.»
    «Ist der Kleine, den ich heute gesehen habe – Sonny   –, ist er ihr Jüngster?»
    «Das ist ein Neffe. Keine Ahnung, warum sie ihn angenommen hat. Wahrscheinlich kriegt sie Geld vom Staat dafür.»
    «Das ist unglaublich», sagte Sara und fragte sich, wie jemand dieser Frau ein Kind anvertrauen konnte, geschweige denn zwei.
    «Julia ist dann neun oder zehn Monate später zurückgekommen, und da war dann auch Eric da, ihr neuer Bruder.»
    «Hat keiner was zu dem Timing gesagt?»
    «Was hätte man schon sagen sollen?», fragte Nell. «Und ein paar Wochen später war sie wieder

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