Schattenblume
gefahren. In euremKühlschrank war nur Milch und Saft. Ich habe die Einkaufsliste in deinem Truck gesehen.»
Er zupfte immer noch an dem Klebeband herum.
«Wenn Jessie einkaufen war, dann war es Jessie, die nach Hause kam. Du hast die Wahrheit gesagt, Robert, nur ein paar Fakten hast du vertauscht. Es war Jessie, die nach Hause kam, und du warst es –» Verblüfft hielt sie inne. «Du warst im Schlafzimmer», sagte sie dann. «Du warst mit Luke Swan zusammen, nicht Jessie.»
Robert lachte gekünstelt, er knüllte den Klebestreifen zusammen.
Sara fuhr fort, sie war sich jetzt ganz sicher. «Du warst auf dem Boden, du hast vor dem Bett gekniet.»
«Vielleicht reicht eins», sagte Robert und hob das Klebeband auf.
«War Luke hinter dir, als er erschossen wurde?»
Er riss einen zehn Zentimeter langen Streifen ab. «Ich muss dir den Mund zukleben.»
Sie kämpfte gegen die Angst. Sie musste jetzt einfach die Wahrheit wissen. «Sag mir, was passiert ist, Robert. Du hast ihn nicht umgebracht. Ich weiß, dass du ihn nicht umgebracht hast. War es Jessie? Hat sie euch erwischt? Robert, du musst es jemandem sagen. Du kannst nicht einfach so gehen.»
Er machte sich daran, ihr den Mund zuzukleben, doch im letzten Moment hielt er inne. Sara starrte ihn an, als er noch einmal ansetzte, doch aus irgendeinem Grund brachte Robert es nicht übers Herz, sie zu knebeln.
Er ging ein paar Schritte zurück und setzte sich wie benommen aufs Bett. Das Klebeband hielt er noch in den Händen, vorsichtig, als hätte er Angst, es würde explodieren.
Sara zwang sich, sanft zu sprechen, sie wusste nicht, wieweit sie ihn drängen durfte. «Du warst an dem Abend mit Luke zusammen, nicht wahr?»
Robert starrte nur auf seine Hände, doch sein Schweigen war Antwort genug.
«Hat Jessie es vorher gewusst?» Sie wartete, dann fragte sie: «Robert?»
Langsam schüttelte er den Kopf. «Ich wollte so sehr, dass es mit uns klappt», sagte er schließlich. «Sie war die einzige Frau auf der Welt, mit der ich mir eine Ehe hätte vorstellen können.» Er sah aus dem Fenster in den Garten. Sara fragte sich, ob er an die Barbecues und die Picknicks dachte, an die Ballspiele, die er nie mit seinem Sohn spielen würde. «Sie wollte eine Weile weg sein», fuhr Robert fort. «Sie hat gesagt, sie fährt bei ihrer Mutter vorbei und dann zum Supermarkt, wie jeden Sonntagabend.»
«Was ist passiert?»
«Sie hat sich mit ihrer Mutter gestritten.» Er seufzte resigniert. «Sie ist früher heimgekommen und hat die Lebensmittel eingeräumt. Ich bin ein toller Cop, was? Ich hab nicht mal gehört, dass sie in der Küche war.»
«Sie hat euch erwischt?»
«Sie dachte, ich wäre noch bei Possum, um mir das Spiel anzusehen.»
«Hat sie euch erwischt?», wiederholte Sara.
«Ich habe es verheimlicht», sagte er, ohne auf ihre Frage zu antworten. «Ich habe es all die Jahre verheimlicht.» Er rieb sich die Augen. «Ich habe eine Abmachung mit Gott getroffen. Ich habe Ihm versprochen, ich würde aufhören, und er sollte Jessie dafür ein Baby schenken.» Er ließ die Hände sinken. «Das war das Einzige, was uns gefehlt hat, um eine Familie zu sein, verstehst du? Ich wäre ein guter Vater gewesen.»
Offenbar wollte er eine Bestätigung von ihr hören, denn er wandte sich ab, als Sara schwieg. «Doch Gott hatte andere Pläne. Vielleicht wusste er, dass ich mein Versprechen nicht halten würde.»
«Gott lässt nicht mit sich verhandeln.»
«Nein», sagte er. «Nicht mit Männern wie mir.»
«Schwul sein bedeutet nicht, dass du ein schlechter Mensch bist.»
Er zuckte zusammen, als er das Wort hörte.
Sara bewegte ihr Bein unter dem Klebeband, um zu sehen, ob sie sich nicht doch befreien könnte.
«Alles, was ich für sie tat, ging den Bach runter.» Auf einmal erschien ein seltsames Lächeln auf seinen Lippen. «Weißt du, wie es sich anfühlt, wenn man das erste Mal im Leben verliebt ist?»
Sara antwortete nicht.
«Dan Phillips», sagte er. «Gott, war er schön. Unfassbar, dass ein Junge so hübsch sein konnte. Er hatte himmelblaue Augen, die …» Er legte sich die Hand auf den Mund, dann ließ er sie sinken. «Wird dir nicht schlecht davon?»
«Nein.»
«Mir ist schlecht geworden», sagte er. «Julia hat uns hinter der Turnhalle erwischt. Verdammt, ich hab mich nie mit ihr eingelassen. Dan auch nicht. Wir haben nicht mal gewusst, dass das die Stelle war, wo sie mit den Jungs hinging.» Er lachte bitter. «Es war unser erstes Mal. Das erste und
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