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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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hatte uns gehört. Unser Stöhnen.» Er blickte wieder auf, als wollte er Saras Reaktion sehen. «Sie hat meine Pistole mitgenommen, weil sie dachte, es wäre vielleicht ein Einbrecher. Hat nicht mal die Polizei gerufen.» Plötzlich wechselte er das Thema. «Deswegen hat sie sich auch mit Faith in die Haare gekriegt. Deswegen war sie so früh zu Hause.»
    Sara schwieg. Sie verstand nicht.
    «Der Streit mit ihrer Mutter. Sie haben sich gestritten, weil Jessie mal wieder vollkommen high war. Besoffen, auf Pillen, egal. Ihre Mutter hat mir die Schuld dafür gegeben, obwohl sich Faith selber jeden Tag die Kante gibt. Draußenim Garten, wenn sie die Blumen gießt, holt sie den Flachmann raus. Und genauso macht es Jessie, wenn sie das Leben mit mir nicht mehr aushält. So kommt sie mit meinem Versagen zurecht. Sie nimmt Pillen, um den Schmerz zu betäuben.»
    Sara hörte, wie der Nachbar die Tür wieder zuschlug. Sie wartete, hoffte, er käme vorbei, um nach den Hunden zu fragen, aber dann hörte sie, wie er den Motor anließ und den Rückwärtsgang einlegte.
    «Jessie wollte mich erschießen», erklärte Robert und blickte zum Fenster hinaus, wahrscheinlich sah er dem Nachbarn hinterher. «Sie war völlig geschockt, und da hat sie den Abzug gedrückt. Sie hat die Sache nicht durchdacht, aber eigentlich wollte sie mich erschießen, nicht ihn. Das hat sie mir zumindest gesagt. Sie sagte, sie wäre so betrunken gewesen, dass sie im ersten Moment dachte, sie würde doppelt sehen. Dachte, ich hätte es endlich geschafft, mich selbst zu ficken.» Er leckte sich die Zähne. «Ich habe nicht mal mitgekriegt, dass sie da war. Plötzlich hat Luke gerufen: ‹Hey, was ist? Willst du mitmachen?› Ich wusste nicht, was er da redet. Erst dann habe ich kapiert, dass er mit Jessie gesprochen hat. Er hat sie provoziert, obwohl sie eine Knarre in der Hand hielt. So war er immer. Er hat die Leute immer gereizt, bis sie explodiert sind.»
    «Sie hat ihn erschossen.»
    «Ich hatte mein T-Shirt an, aber   …» Seine Stimme verlor sich und er schluckte, bevor er weitersprach. «Ich habe was auf meinem Rücken gespürt, es hat sich plötzlich feucht angefühlt. Den Schuss habe ich erst danach gehört, zwei oder drei Sekunden später. Es muss natürlich viel schneller gegangen sein, aber mein Gehirn hat es langsamer verarbeitet. Kennst du das?»
    Sara nickte. Sie wusste aus Erfahrung, dass traumatische Erlebnisse verzögert wahrgenommen wurden, als wollte der Organismus den Schmerz voll auskosten.
    «Es gab einen Knall, wie wenn ein Luftballon platzt.» Er holte tief Luft. «Und dann ist er auf meinem Rücken zusammengesackt, alles war nass   …» Er schüttelte den Kopf. «Er ist an mir abgerutscht.»
    Sara erinnerte sich, wie Robert in jener Nacht mit dem Rücken zur Wand gestanden hatte, die Finger in das T-Shirt gekrallt. Er musste voller Blut gewesen sein.
    «Danach ging alles so schnell.»
    «Was ist dann passiert?»
    «Jessie hat auf mich geschossen.»
    «Sie hat daneben geschossen», sagte Sara und dachte an das Einschussloch in der Wand.
    «Ich habe meine andere Pistole aus dem Schrank geholt. Der Safe war nicht mal abgeschlossen. Nachdem wir das Baby verloren haben   …» Er schüttelte den Kopf, offensichtlich wollte er nicht darüber sprechen. «Ich habe überhaupt nicht nachgedacht. Mein einziger Gedanke war, dass ich wünschte, sie hätte mich getroffen.» Robert schwieg. «Sie hat es nicht noch einmal versucht, als könnte sie mich nicht erschießen, obwohl sie sah, was mit mir los ist. Ich stand eine Sekunde lang einfach nur da, und plötzlich hatte ich alles vor Augen – wie die Leute rausfinden, was passiert ist, rausfinden, was mit mir los ist, und da habe ich mir die Mündung auf den Bauch gehalten und abgedrückt.»
    «Du hattest Glück, dass nicht mehr passiert ist.»
    «Es ging so schnell», sagte er noch einmal. «Ich hatte keine Zeit nachzudenken. Es war wie   …» Er schnippte mit den Fingern.
    Sara schwieg, das Schnippen hallte in ihren Ohren wie ein Schuss.
    «Es hat gar nicht wehgetan», sagte er dann. «Ich hatte erwartet, dass es wehtut, aber den Schmerz habe ich erst viel später gespürt.»
    «War es Jessies Idee zu behaupten, dass du es getan hättest?»
    «Nein», knurrte er, doch sie war sich nicht sicher, ob er die Wahrheit sagte. «Sie ist zum Nachttisch gegangen und hat eine Hand voll Pillen geschluckt. Die meisten sind auf dem Boden gelandet. Ich habe mich nur umgesehen und gedacht: ‹Scheiße,

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