Schattenblume
schnitt.
Sara war Sekunden nach Lena aufgesprungen und wand Smith die Sig Sauer aus der Hand, während weiter vorn im Raum ein Schuss fiel. Die drei kleinen Mädchen begannen zu kreischen, als das Glas des Eingangstür zerbarst.
GB I-Agenten stürmten das Revier. Brad stand über Sonny und hielt ihm die Mündung der Flinte ins Gesicht, ein Fuß auf seiner Brust.
«Steh auf», sagte Sara zu Lena und stieß sie von Smith weg. Lena rutschte in einer Blutlache aus, während Sara ihn auf den Rücken legte.
«Einen Krankenwagen», rief Sara. Mit beiden Händen drückte sie auf die Wunde an Smiths Hals, um die Blutung zu stillen. Es war ein aussichtsloser Kampf. Überall war Blut, es schoss aus der Schlagader wie aus einem Springbrunnen. Lena hatte noch nie so viel Blut gesehen. Es spritzte immer weiter.
«Helft mir», japste Smith.
«Du schaffst das», beruhigte ihn Sara. «Halt durch.»
«Er hat Menschen getötet», protestierte Lena. Sara musste verrückt geworden sein. «Er hat versucht, Jeffrey umzubringen.»
«Hol den Krankenwagen», wiederholte Sara. «Bitte», flehte sie, während sie die Hände auf die klaffende Wunde drückte. «Bitte. Er braucht Hilfe.»
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
Dienstag
J effrey ließ sich auf einen der Stühle fallen, die draußen vor Hoss’ Büro standen. Nach den vergangenen Tagen wusste er, was mit dem Ausdruck gemeint war, einem laste das Gewicht der ganzen Welt auf den Schultern. Jeffrey hatte das Gefühl, auf seinen Schultern lasteten zwei Welten, und auf keiner von beiden ging es besonders zivilisiert zu.
Sara setzte sich neben ihn. «Wird Zeit, dass wir wieder nach Hause kommen, was?»
«Ja.»
Seit er hier war, hatte Jeffrey nur noch fortgewollt aus dieser Stadt. Und doch hatte er das Gefühl, dass alles, was er zum Leben brauchte, hier bei ihm war. Wie immer schien Sara zu wissen, was er dachte, und als sie die Hand auf sein Bein legte, verschränkte er die Finger mit ihren und fragte sich, wie sein Leben gleichzeitig so kaputt und so schön sein konnte.
«Hat er gesagt, wie lange es dauert?», fragte Sara.
«Ich glaube, er wartet immer noch darauf, dass ich sage, es war alles nur ein übler Scherz.»
«Es wird schon gut gehen», sagte sie und drückte seine Hand.
Jeffrey sah über den dunklen Flur, der zu den Gefängniszellen führte, und hoffte, dass er sich nicht von seinen Gefühlen übermannen lassen würde. Sara war so gut darin, vernünftig zu handeln, dass es ihm manchmal Angst machte. Er kannte niemanden, der so wie sie mit allem fertig wurde, was sich ihr in den Weg stellte, und er fragte sich, welchen Platz in ihrem Leben er einnehmen könnte.
Sara unterbrach seinen Gedankengang. Sie sprach die Frage aus, die er sich nicht zu stellen wagte. «Denkst du jetzt anders über ihn, jetzt wo du weißt, dass er schwul ist?»
Er zuckte die Achseln.
«Jeff?»
Er küsste ihre Finger und versuchte vom Thema abzulenken. «Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mich gefühlt habe, als ich dich unter dem Schaukelstuhl fand. Was mir alles durch den Kopf gegangen ist.»
Sie wartete auf seine Antwort.
«Ich weiß nicht, wie ich dazu stehe», sagte er dann. «Ich würde ihn am liebsten verprügeln für das, was er dir angetan hat.» Wieder packte ihn die Wut. «Das …», er schüttelte den Kopf, versuchte sich zu beruhigen. «Ich schwöre, wenn ich ihn je in die Finger kriege, wird er dafür büßen.»
«Er war verzweifelt», entgegnete sie. Jeffrey verstand nicht, wie sie Robert noch entschuldigen konnte. «Was ist schlimmer?», fragte sie. «Was er mir angetan hat oder die Tatsache, dass er schwul ist?»
Jeffrey wusste nicht, was er antworten sollte. «Ich weiß nur, dass er mich all die Jahre angelogen hat.»
«Hättest du dich denn noch mit ihm abgegeben?»
«Das werden wir jetzt wohl nicht mehr rausfinden, oder?»
Sara ließ seine Worte im Raum stehen.
«Als ich Roberts Jacke bei Swan gefunden habe …»
Er lehnte sich zurück, ließ ihre Hand los und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine eigene Letterman-Jacke hatte Jeffrey ganz hinten in seinem Schrank verstaut, und selbst wenn er sie nie trug, brachte er es nicht übers Herz, sie zur Altkleidersammlung zu geben. Er war schlimmer als die Freizeit-Quarterbacks im Heimwerkermarkt und hing an der Jacke, als könnte er damit seine Jugend festhalten.
Er sagte zu Sara: «Ich weiß es nicht. Als ich seine Jacke sah, kam mir der Gedanke, ob da vielleicht mehr zwischen ihm und Swan war. Doch nur
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