Schattenblume
selbstgefällig in sich hinein. «Nicht zu alt, um von ihrer Mutter übers Knie gelegt zu werden, als der alte Blossom Durst bekam und uns erwischte.»
«Du scheinst diese Wirkung auf Mütter zu haben.»
Er lachte wieder und legte ihr die Hand auf den Oberschenkel. «Nicht auf alle, Honey.»
«Honey?», wiederholte sie. Er hörte sich an, als würde er beim Metzger ein Filetstück bestellen.
Jetzt lachte er über ihre Reaktion, dabei war es ihr vollkommen ernst. «Du machst doch jetzt nicht auf Feministin, oder?»
Sie betrachtete seine Hand auf ihrem Bein und schickte ihm die klare Botschaft, dass er sie wegnehmen sollte, und zwar sofort. «Da kannst du Gift drauf nehmen.»
Er zwickte sie ins Knie und grinste sie mit dem Lächeln an, das ihn vermutlich schon tausendmal vor Ärger bewahrt hatte. Sara war nicht wirklich böse, eher hatte sie das Gefühl, dass er es ihr heimzahlen wollte dafür, wie sie vor ihrer Mutter über ihn geredet hatte. Ganz gegen ihre Gewohnheit ließ sie die Sache auf sich beruhen.
Langsam fuhren sie durch das Städtchen, das nicht viel anders als Heartsdale war, nur noch kleiner. Unterwegs zeigte er ihr die anderen «Sehenswürdigkeiten» seiner Kindheit. An seinem schiefen Grinsen erriet Sara, dass jede dieser Stellen mit einem Mädchen verknüpft war, doch die Details wollte sie lieber gar nicht erst hören.
«Hier bin ich zur Highschool gegangen.» Er zeigte auf ein langes flaches Gebäude, vor dem mehrere Wohnwagen standen. «Ach ja, Mrs. Kelley …»
«Eine deiner Eroberungen?»
Er knurrte leise. «Schön wär’s. Lieber Gott, sie muss heute um die achtzig sein, aber damals …»
«Schon verstanden.»
«Eifersüchtig?»
«Auf eine Achtzigjährige?»
«Wir sind da», verkündete er dann und bog links ab. Sie befanden sich auf der Main Street, die ebenfalls der von Heartsdale glich. Er fragte: «Kommt es dir bekannt vor?»
«Bei euch liegt der Supermarkt zentraler», gab Sara zurück und beobachtete eine Frau, die mit drei Tüten im Arm und einem kleinen Kind auf jeder Seite aus dem Laden kam. Sara sah zu, wie sich die Kinder am Kleid ihrer Mutter festhielten, und fragte sich, wie es wohl war, ein solches Leben zu führen. Sara hatte immer gedacht, dass sie, sobald ihre Praxis lief, heiraten und selbst Kinder bekommen würde. Doch dann hatte eine Bauchhöhlenschwangerschaft nach der Vergewaltigung diese Möglichkeit zunichte gemacht.
Plötzlich hatte sie einen Kloß im Hals, als sie wieder einmal daran erinnert wurde, was ihr genommen worden war.
Jeffrey deutete auf ein großes Gebäude zu ihrer Rechten. «Das Krankenhaus», erklärte er. «Als ich geboren wurde, hatte es nur zwei Stockwerke, mit einem Schotterparkplatz dahinter.»
Sie starrte das Gebäude an, versuchte die Fassung wiederzugewinnen.
Er reichte ihr ein Taschentuch. «Alles in Ordnung?»
Sara nahm das Taschentuch. Aus irgendeinem Grund machte sie die nette Geste noch weinerlicher. Aber sie putzte sich die Nase und sagte nur: «Müssen die Pollen sein.»
«Klar», sagte er und schloss das Fenster. «Der verdammte Hartriegel.»
Sie legte ihm die Hand in den Nacken und fuhr ihm durchs Haar. Sie war immer wieder überrascht, wie weich sein Haar war, fast wie bei einem Kind.
Er blickte auf die Straße, dann wieder zu ihr. Mit seinem schiefen Lächeln sagte er: «Gott, du bist wunderschön.»
Um das Kompliment zu widerlegen, schnäuzte sich Sara lautstark die Nase.
Jeffrey richtete sich auf und fuhr langsamer. «Du bist wunderschön», wiederholte er und küsste ihren Hals. Er wurde immer langsamer und küsste sie wieder.
«Du hältst noch den Verkehr auf», warnte sie, doch sie waren allein auf der Straße.
Er küsste sie wieder, diesmal auf die Lippen. Sara war hin und her gerissen zwischen dem Impuls sich hinzugeben und dem Gefühl, dass das halbe Krankenhaus ihnen hinter heruntergelassenen Jalousien zusah.
Sanft schob sie ihn fort. «Ich will nicht als eine der örtlichen Sehenswürdigkeiten enden, wenn du das nächste Mal eine Frau hierher bringst.»
«Glaubst du etwa, ich bringe andere Frauen her?», fragte er, und sie wusste nicht, ob er es ernst meinte oder nicht.
Hinter ihnen hupte ein Wagen, und so setzten sie ihren Weg mit den erlaubten fünfzig Stundenkilometern fort. Sara verkniff sich die Bemerkung, dass er sich, seit sie eingestiegen waren, zum ersten Mal ans Tempolimit hielt. Irgendetwas war anders, aber sie wusste nicht genau was. Bevor sie die Frage formulieren konnte, bog
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