Schattenblume
«Also», begann sie, gegen den Türpfosten gelehnt. «Du bist Jeffreys neuestes Spielzeug?»
Sara wusste nicht, ob das ein Witz sein sollte, doch auch in Grant County hatte sie in der Richtung schon einiges erlebt. Resigniert verschränkte sie die Arme vor der Brust. «Sieht so aus.»
Nell verzog den Mund, sie war noch nicht fertig. «Ste wardess oder Stripperin?»
Jetzt lachte Sara laut los, doch sie brach ab, als Nell nicht mit einfiel. Dann streckte sie den Rücken durch und sagte: «Stripperin.» Das klang exotischer.
Die Frau kniff die Augen zusammen. «Jeffrey sagt, du machst was mit Kindern.»
Sara wollte etwas Witziges sagen, doch das Einzige, das ihr spontan einfiel, war: «Ich trete mit Luftballon-Tieren auf.»
«Aha.» Endlich trat Nell einen Schritt zur Seite. «Die anderen sitzen draußen.»
Sara ging durch das Wohnzimmer des bescheidenen Heims. Es war mit mehr Auburn-Tigers-Devotionalien voll gestopft, als die Polizei erlaubte. Pompons und Wimpel schmückten den Kamin, und über dem Kaminsims hing ein gerahmtes Trikot mit der Nummer siebzehn. Unter einer Glasglocke auf dem Couchtisch stand ein Modelldorf, das wahrscheinlich den College-Campus darstellte. Im Regal lagen stapelweise Footballheftchen, und sogar der Schirm der Stehlampe trug das orangeblaue Auburn-Logo.
Nell führte sie durch den Flur zur Hintertür, doch vor einem gerahmten Zeitschriftencover blieb Sara stehen. Unter dem Banner des
SEC Monthly
war ein Foto von Jeffrey an der Fünfzig-Yard-Linie zu sehen. Er trug das Haar länger, und sein Schnurrbart outete das Foto als mindestens fünfzehn Jahre alt. Er hatte einen blauen Pullover an und den Fuß auf den Football gestellt. Darunter stand: «Der große Coup für die Tigers?»
Ohne nachzudenken, fragte Sara: «Er hat für Auburn gespielt?»
Endlich lachte Darnell. «Er hat dich ins Bett gekriegt, ohne dir vorher seinen Sugar-Bowl-Ring zu zeigen?», fragte sie und schaffte es, Sara gleichzeitig das Gefühl zu geben, dumm
und
ein Flittchen zu sein.
«Hey.» Für Saras Geschmack trat Jeffrey ein bisschen zu spät auf den Plan. In der Hand hatte er ein Bier. «Ihr habt euch also schon kennen gelernt.»
Nell sagte: «Du hast mir nicht erzählt, dass sie Stripperin ist, Slick.»
«Nur am Wochenende», sagte er und reichte Nell das Bier. «Und nur so lange, bis sie bei der Fluggesellschaft eine Vollzeitstelle bekommt.»
Sara versuchte seinen Blick aufzufangen, um ihm klar zu machen, dass sie so schnell wie möglich hier verschwinden wollte. Doch entweder hatte Jeffrey noch nicht gelernt, ihre Zeichen zu deuten, oder er war sich voll bewusst, welcher Behandlung sie ausgesetzt war, und amüsierte sich. Sein freches Grinsen bestätigte sie in der letzteren Vermutung.
Jeffrey nahm sie in den Arm, zog sie an sich und küsste sie aufs Haar. Es fühlte sich an, als wollte er ihr mitteilen, was für ein toller Kumpel sie war. Doch Sara hatte keine Lust auf solche Spielchen. Sie zwickte ihn, so fest sie konnte, in den Arm.
Er zuckte zusammen und rieb sich die Stelle. «Nell, lässt du uns einen Moment allein?»
Nell ging über den Flur zurück und verschwand in einer Tür, wahrscheinlich in die Küche. Durch die offene Hintertür sah Sara einen Pool im Garten und ein zweites Paar, das in Plastikstühlen saß. Irgendwo bellte ein Hund. Possum stand mit einer langen Gabel hinter dem Grill und winkte ihnen durch die Fliegengittertür zu.
Sara zischte: «Dein kleiner Umweg scheint ja bestens geplant zu sein.»
«Wie bitte?»
Sie redete leise, denn sie war überzeugt, dass Nell mithörte. «Gehört das zum Einführungskurs für deine neuen Spielzeuge?»
«Meine was?»
Sie zeigte auf die Küche. «So hat mich deine Freundin bezeichnet.»
Wenigstens hatte er den Anstand, verärgert auszusehen. «Sie denkt nur –»
«Dass ich eins deiner Flittchen bin?», knurrte Sara, die Wut schnürte ihr die Kehle zu. «Dafür hält sie mich nämlich, das hat sie mir unmissverständlich klar gemacht.»
Er versuchte es noch einmal mit seinem Lächeln. «Sara, Honey –»
«Wage es bloß nicht, mich nochmal so zu nennen, du Mistkerl.»
«Ich habe nicht –»
Sie musste sich sehr beherrschen, um nicht laut zu werden. «Für wen zum Teufel hältst du dich eigentlich, mich über den verdammten Moskitoäquator zu schleppen, nur um mich bloßzustellen? Nicht mit mir, das sag ich dir. Du hast zwei Sekunden, um dich von diesen Leuten zu verabschieden, denn ich fahre nach Grant County zurück, und
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