Schattenblume
es ist mir scheißegal, ob du mit im Wagen sitzt oder nicht.»
Drei Sekunden vergingen, dann brach er in Gelächter aus. «Allmächtiger», sagte er. «Das war mehr, als du auf der ganzen Fahrt gesagt hast.»
Sara war so wütend, dass sie ihn mit aller Kraft gegen die Schulter boxte.
«Au», sagte er und rieb sich die Stelle.
«Ach, unser Footballstar verträgt einen sanften Schlag nicht?» Sie schlug noch einmal zu. «Warum hast du mir nicht mal erzählst, dass du Football gespielt hast?»
«Ich dachte, das weiß jeder.»
«Und woher hätte ich es wissen sollen?», fragte sie. «Von Rhonda auf der Bank?» Er packte ihre Hand, bevorsie noch einmal zuschlagen konnte. «Von der Schlampe beim Schilder-Dienst?» Sie versuchte sich loszureißen, doch sein Griff war zu fest.
«Honey –» Dann verbesserte er sich grinsend. «Sara.»
«Glaubst du etwa, ich weiß nicht, dass du praktisch jede Frau in der Stadt gevögelt hast?»
Er machte ein betroffenes Gesicht. «Das waren doch nur Platzhalter, während ich auf dich gewartet habe.»
«So eine gequirlte Scheiße.»
Er kam einen Schritt auf sie zu und legte ihr die Hände um die Taille. «Und mit dem Mund gibst du deiner Mutter einen Kuss?»
Sie versuchte ihn wegzustoßen, doch er drückte sie gegen die Wand. Das vertraute Gewicht seines Körpers war nicht unangenehm, aber Sara dachte nur an seine Freunde vor der Tür, die sie wahrscheinlich in diesem Moment beobachteten. Sie erwartete, dass Jeffrey sie als Nächstes leidenschaftlich küssen würde, um seine Männlichkeit zur Schau zu stellen, und dann würde er eine Ehrenrunde um den Pool drehen und sich von Possum auf die Schulter klopfen lassen. Doch stattdessen küsste er sie sanft auf die Stirn und sagte: «Ich war seit sechs Jahren nicht mehr hier.»
Sara starrte ihn an, sein Gesicht war nur ein paar Zentimeter vor ihrem.
Plötzlich schwang die Tür auf, und einer der attraktivsten Männer, die Sara je gesehen hatte – jedenfalls im wahren Leben –, schlenderte herein. Er war etwa so groß wie Jeffrey, doch er hatte breitere Schultern und bewegte sich männlicher.
Als er den Mund aufmachte, sprach er mit dem erotischsten Südstaaten-Akzent, den man sich nur vorstellenkonnte. «Traust du dich nicht, mir dein neues Mädel vorzustellen, Slick?»
«Klar doch», sagte Jeffrey und legte Sara besitzergreifend den Arm um die Hüfte. «Honey, das ist Spot. Er und Possum und ich sind zusammen aufgewachsen.»
«Und der hier ist immer noch nicht fertig damit», sagte der Mann und boxte in die Luft in Richtung Jeffrey. «Ich heiße jetzt Robert.»
Possum rief von draußen: «Kann einer von euch die Burger aus dem Kühlschrank mitbringen?»
«Slick, übernimm du das.» Bevor Jeffrey protestieren konnte, nahm Robert Sara am Arm und führte sie den Flur hinunter. Er öffnete ihr galant die Fliegentür und fragte: «Wie war die Fahrt?»
«Gut», sagte sie, auch wenn sich darüber streiten ließe. Doch sie wollte positiv klingen. «Lieber Himmel, was für ein wunderschöner Garten.»
Possum strahlte. «Nell hat einen grünen Daumen.»
«Das sieht man», sagte Sara und meinte es auch so. Überall blühten üppig Blumen, sie wucherten aus Kübeln auf der Veranda und kletterten den Holzzaun hinauf. Hinten im Garten stand ein riesiger Magnolienbaum, in dessen Schatten eine Hängematte hing, und die Stechpalmen vor dem Lattenzaun bildeten einen hübschen Kontrast. Bis auf die bellenden Hunde nebenan war der Garten eine wahre Oase.
«Hoppla», rief Robert und stieß gegen sie, als die Hündin an ihnen vorbeischoss.
«Tig!», befahl Possum halbherzig, doch die Töle war schon in den Pool gesprungen. Sie schwamm einmal quer hinüber, kletterte dann wieder heraus, rollte sich durchs Gras und strampelte mit den Beinen in der Luft.
«Mann», stöhnte Possum. «Die hat ein Leben.»
Die Frau, die am Pool saß, drehte sich um. «Das hat sie von Jeffrey gelernt.» Sie zeigte auf den Stuhl neben sich. «Komm, setz dich zu mir, Sara. Ich bin nicht so zickig wie Nell.»
Dankbar nahm Sara das Angebot an.
«Jessie», stellte sich die Frau vor. Mit einer trägen Geste deutete sie auf Robert. «Und dieser Prachtkerl ist mein Mann.» Sie hauchte das Wort, dass es fast pornographisch klang.
Sara sagte: «Scheint ein netter Kerl zu sein.»
«Das scheinen sie am Anfang alle», gab Jessie zurück. «Wie lange kennst du Slick schon?»
«Nicht sehr lange», gestand Sara. Sie fragte sich, ob hier jeder einen Spitznamen hatte.
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