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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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letzte Schläger. Kein Wunder, dass sein Vater sich regelmäßig mit Schnaps die Kante gegeben hatte, wenn er seine Frau geschlagen hatte. Ihr Hass musste sich angefühlt haben, als zerfleischte sie ihn bei lebendigem Leib.
    Draußen sah Jeffrey, wie Hoss und seine Hilfssheriffs aufs Haus zukamen. Er schluckte und versuchte ein letztes Mal, vernünftig mit Sara zu reden.
    «Alles, was wir haben, sind Fragen», sagte er. «Ich sorge dafür, dass du die Obduktion durchführst, in Ordnung? Morgen reden wir nochmal mit Bobby und Jess, ja? Gib mir nur ein bisschen Zeit, dass ich rausfinden kann, was zum Teufel hier los ist, bevor du meinen besten Freund auf den gottverdammten elektrischen Stuhl schickst!»
    Sie sah ihm nicht in die Augen, doch ihre Wut war wie eine Sirene, die ihm in den Ohren schrillte.
    «Sara   –»
    Hoss klopfte an die Tür, und Jeffrey legte die Hand auf den Türknauf, als könnte er ihn damit aufhalten. Der Alte warf ihm einen stechenden Blick durchs Fenster zu, und Jeffrey kam sich wieder vor wie fünfzehn, als er vor dem Warenhaus mit dem Radio erwischt worden war, das er nicht bezahlt hatte.
    Sara griff nach dem Türknauf, und Jeffrey öffnete die Tür.
    «Sieh mal einer an.» Hoss streckte die Hand aus, und Jeffrey schüttelte sie. Der alte Mann packte erstaunlich fest zu. Sein Haar war inzwischen schlohweiß, und die Falten hatten sich tiefer in sein Gesicht gegraben, doch ansonsten hatte er sich kein bisschen verändert.
    Hoss sagte: «Verdammt schade, dich unter diesen Umständen wieder zu sehen, Slick.» Dann sah er Sara an, tippte sich an die Mütze und sagte: «Ma’am.»
    Sara machte den Mund auf, doch Jeffrey kam ihr zuvor: «Hoss, das ist Sara Linton. Sara, das ist Sheriff Hollister.»
    Hoss schenkte ihr ein Lächeln, was nur alle Jubeljahre vorkam. «Hab gehört, Sie haben Robert versorgt. Danke, dass Sie sich um den Jungen gekümmert haben.»
    Sara nickte, und Jeffrey sah ihr an, dass sie nur auf den rechten Moment wartete, das Wort zu ergreifen. Sie war immer noch so wütend, dass sie am ganzen Körper bebte.
    Hoss sagte: «Wir können Ihre Aussage morgen aufnehmen. Sie hatten sicher eine anstrengende Nacht.»
    Jeffrey hielt die Luft an, er wartete darauf, dass Sara explodierte.
    Wieder überraschte sie ihn. «Schön, also morgen.»Ohne ihm in die Augen zu sehen, fragte sie dann: «Glaubst du, es ist Nell recht, wenn ich heute Nacht bei ihr auf der Couch schlafe?»
    Jeffrey sah zu Boden und seufzte erleichtert. «Klar.»
    Hoss zitierte einen seiner Hilfssheriffs herbei. «Warum fährst du die Lady nicht zu Possum rüber?»
    Jeffrey kannte den Deputy noch von der Kirche – aus Zeiten, als May Tolliver sonntags nüchtern blieb, um ihrem Sohn ein bisschen Religion einzutrichtern. Er sagte: «Danke, Paul.»
    Paul tippte sich an die Mütze und bedachte Jeffrey mit einem misstrauischen Blick – dem gleichen misstrauischen Blick, den Jeffrey geerntet hatte, seit er laufen konnte. Und schlimmer noch, auch Sara sah ihn jetzt so an, als sie ohne ein weiteres Wort das Haus verließ.
    Hoss sah ihr hinterher, sein Blick sprach Bände. Selbst in einer alten gestreiften Pyjamahose war Sara eine attraktive Frau. «Alle Achtung.»
    Jeffrey sagte: «Sie ist durcheinander.» Er wusste genau, wie Hoss seine Bemerkung auffassen würde.
    «Nicht gerade ein Anblick für eine Frau», stimmte er zu. «Ist Jessie in Ordnung?»
    «Sie liegt auf der Couch», sagte Jeffrey. «Sie schläft.» Es war wie früher, wenn er für seine Mutter lügen musste.
    Hoss nickte, und Jeffrey wusste, er verstand, dass Jessies Schlaf nicht nur von der Erschöpfung kam. «Ich habe ihre Mutter angerufen, sie holt sie ab. Faith ist die Einzige, die das Mädchen beruhigen kann.»
    Dann wandte sich Hoss an seinen zweiten Hilfssheriff, der eine Kamera um den Hals trug und eine große rote Werkzeugkiste dabeihatte. Er sah aus wie zwölf und stellte wahrscheinlich die hiesige Spurensicherung dar. Jeffreyzuckte zusammen, als Hoss dem Deputy zurief: «Reggie, du wartest hier auf Jessies Mutter. Wir sind gleich wieder da.»
    Hoss trat ins Haus und sah sich im Flur um. An den Wänden hingen Fotos, die meisten aus den Zeiten, als Jeffrey, Possum und Robert noch zur Schule gingen. Auf manchen waren auch Nell und Jessie zu sehen, doch zum großen Teil waren es nur die drei Jungs. Ein Gruppenfoto zeigte Jeffreys und Roberts Footballmannschaft mit einem großen Banner im Hintergrund, auf dem «State Champions» stand. Gestern am Pool hatte

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