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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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uns in eure Zechrunde auf. Unsere Kehlen sind ganz ausgedorrt.« Der Prasser fackelte nicht lange. Eigenhändig sorgte er dafür, daß jeder Fischer einen bis zum Rand gefüllten Becher bekam. Das Bier schmeckte herb und stark, und Parzer leckte sich nach dem ersten Schluck anerkennend die Lippen.
    »Na ja. Läuft gut rein, auch wenn die Brühe nicht die Wahrhaftigkeit eines Raschen erreicht.« Schalim zog die Augenbrauen hoch. »Einen Raschen? Das Gesöff kenne ich. Sagt, kommt ihr etwa aus Galbar Are, der Hauptstadt von Morthyl?«
    »Frechheit!« bellte Parzer. »Morthyl ist unsere Heimat, aber mit der Pestbeule Galbar Are haben wir nichts zu schaffen.«
    »Und doch habe ich dort meinen ersten Raschen genossen. Es war in einer miesen Spelunke am Hafen … vor langer Zeit, als ich noch mit meinem Schiff das Silbermeer befuhr. Da bin ich oft in Galbar Are eingekehrt und habe mit den Männern der Hafenzunft ein paar Rasche vernichtet. Bei Tathril, die Kopfschmerzen am nächsten Morgen werde ich nie vergessen.«
    Ungeld rückte sich entrüstet den Turban zurecht. »Was da in Galbar Are ausgeschenkt wird, ist Ausfluß, Pisse, schales Wasser … den Namen Raschen hat es aber nicht verdient. Den gibt es nur in Morthyls Fischerdörfern, und bei uns in Rhagis wird der beste Rasche überhaupt gebrannt.«
    »Dann seid ihr also Fischerleute aus Morthyl.« Schalims Augen ruhten auf Mäulchens Bauch, der appetitlich unter ihrem Hemd hervorlugte. »Ich wußte gar nicht, was für hübsche Frauen dort zu finden sind.« Parzer schmeckten diese schalen Komplimente noch weniger als das Bier. »Ach ne, du warst also früher Kapitän? Sagt bloß, du warst mit diesem häßlichen Pott unterwegs.«
    »Augenblick mal!« Der Prasser drohte mit erhobenem Zeigefinger. »Auf die
Hotteposse
lasse ich nichts kommen! Sie hat mir als Handelsschiff treue Dienste geleistet, zehn Jahre lang. Ich bin mit ihr bis nach Harsas gesegelt, einmal sogar bis nach Iarac. Bis das alte Mädchen dann den Stürmen im Silbermeer nicht mehr gewachsen war … da mußte ich die Handelsfahrerei an den Nagel hängen. Der
Hotteposse
aber habe ich einen friedlichen Lebensabend beschert, hier auf dem See Velubar.«
    »Und wie hast du sie vom Meer hierher verfrachtet?« wollte Ungeld wissen.
    Schalim nahm einen kräftigen Schluck aus dem Becher. »Im Norden der Stadt gibt es eine Stelle, an der Velubar nah an das Haff heranragt - ein Streifen von kaum zwei Meilen. Dort ließ ich die
Hotteposse
zum See hinüberziehen.
    Anschließend habe ich zwei Jahre lang Silberschürfer zwischen Sibura und Venetor hin- und hergeschippert, bis die
Hotteposse
dann ihrer jetzigen - und edelsten - Bestimmung zugeführt wurde.«
    »Äch ne! Du hast das Schiff einfach so übers Land gezogen, hä?«
    »Glaubst du mir etwa nicht? Man nennt diese Stelle ›Venetors Nadeh. Ein paar entrindete Baumstämme, ein Haufen starker Burschen - und schon läßt sich selbst der schwerste Brocken zum See zerren.« Er warf Mäulchen einen feurigen Blick zu. »Ich kann euch den Ort gerne zeigen. Es ist wunderschön, auf der Nadel zu stehen … im Westen der See, im Osten das Haff, und beide funkeln im Mondlicht …«
    »Vom Haff habe ich mehr als genug gesehen«, knurrte Mäulchen. »Den Gang können wir uns also sparen.« »Nein, glaub mir, Venetors Nadel ist wirklich interessant! Vorgestern etwa haben die Gyraner dort eine Galeere nach Velubar überführt. Ein eindrucksvolles Schauspiel! Sie liegt übrigens ganz in der Nähe vor Anker, ein schmuckes Schiff.« Der Prasser ließ sich von dem Knaben seinen Becher füllen. »Ich war in der Nähe, um mir diesen dreisten König anzuschauen, der unsere Insel besetzt hat. Tarnac der Grausame … er stand am Seeufer und beaufsichtigte seine Leute, die die Galeere über die Nadel zerrten. Er sah eigentlich recht mickrig aus, ein dürres Männchen, kaum Fleisch auf den Rippen, wie es sich für einen echten Kerl gehört. Keine Krone, kein Tand, wenn man von seinem goldenen Armreif absieht, mit dem unentwegt spielte.«
    Nun wurde Parzer hellhörig. »Wie? Tarnac von Gyr hatte einen goldenen Armreif?«
    »Wenn ich es doch sage! Er sah aus wie ein Turmbinder, nur eben aus Gold und nicht aus Silber. Ich kenne mich da aus, habe lange Zeit selbst einen besessen. Den habe ich leider beim Würfeln an einen candacarischen Kaufmann verloren.« Er seufzte. »Pech im Spiel und Glück bei den Weibern mein ewiges, schweres Los.« Parzer raufte sich vor Aufregung den Bart. »Varyns Erbe!

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