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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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»AUCH WENN SIE ES SELBST NICHT WEISS. MICH ABER SENDET SAl'KANEE . . . ICH BEGEGNETE IHR IM VERLIES DER SCHRIFTEN, UND SIE BAT MICH, EUCH JENE BOTSCHAFT zu ÜBERBRINGEN. ES HAT MICH GROSSE KRAFT GEKOSTET, DIE SCHRIFTROLLE IN DEN PALAST ZU BRINGEN; SELBST IN DER NACHT GIBT ES ZUVIEL Licht IN DEN STRASSEN VON VARA . . .«
    »Sai'Kanee lebt also?« Vergeblich versuchte Ejo, das Wesen zu erkennen, doch abgesehen von dem silbrigen Schimmern der Steinbogen war nichts zu sehen. »Was hat sie unter dem Dom entdeckt? Wann kehrt sie zurück? Und was für Gefahren drohen uns?«
    »DAS REICH DER SCHATTEN … EINE WELT UNTER DER WELT, EINE STADT UNTER DER STADT … DIE TORE DES VERLIESES WURDEN GEÖFFNET; NUN GIBT ES KEIN ZURÜCK MEHR.« Das Leuchten wurde heller, und Ejo erkannte eine dürre Hand; sie waberte wie schwerer Rauch. Ihre Finger umschlossen ein Kästchen; dieses sandte das unwirkliche, silbrige Licht aus. »DER ALTE PLAN TRITT IN KRAFT; NICHTS HÄLT UNS AUF. DOCH DIES WIRD SCHRECKLICHE FOLGEN HABEN. INTHARA MUSS GESCHÜTZT WERDEN - SIE UND DAS KIND, DAS SIE MIT BANITER GENEDER ZEUGTE …«
    Ejos Blick verdüsterte sieht. Schon seit langem wußte er von der Schwangerschaft der Königin; ihr Bauch ließ sich auch unter weiten Kleidern kaum noch verbergen. Daß Intharas zwölfjähriger Ehemann nicht der Vater sein konnte, war offensichtlich, und so hatte Ejo eines Tages Sai'Kanee nach dem wahren Erzeuger gefragt. Die Antwort hatte ihn erschüttert. Ausgerechnet Baniter Geneder, dieser Inbegriff der Verschlagenheit, hatte die Tochter des Sonnengottes geschwängert.
    »Kein Wort von diesem Kind, verfluchter Dämon! Und nun sage mir auf der Stelle, was im Verlies vor sich geht!«
    »MEINE ZEIT IST FAST UM. DAS KÄSTCHEN … NIMM ES AN DICH. BRINGE ES INTHARA; DOCH SIE DARF ES NICHT ÖFFNEN. SEIN INHALT IST ZU WERTVOLL. ER WIRD DIE KÖNIGIN BESCHÜTZEN, WENN DIE SCHATTEN EMPORDRINGEN. BIS ZU DIESER STUNDE MUSS DER SCHATZ VERBORGEN BLEIBEN; DIE GOLDEI KÖNNTEN IHN WITTERN, SIE FÜRCHTEN, WAS DIESES KÄSTCHEN BIRGT, UND WERDEN ES VERNICHTEN WOLLEN. INTHARA SOLL ES IMMER BEI SICH TRAGEN … DIESE BOTSCHAFT LÄSST SAI'KANEE DIR AUSRICHTEN.«
    Ejo starrte auf das Kästchen und steckte den Säbel fort. »Und warum hast du das Kästlein nicht zusammen mit dem Brief in den Palast gebracht? Was soll dieses Versteckspiel?«
    »ICH BIN GLAM … AUSSERHALB DES VERLIESES SCHWINDET MEINE MACHT. EINEN BRIEF KONNTE ICH ÜBERBRINGEN, DOCH ES WAR EIN MÜHSAMER WEG. DENN wo DAS LICHT HERRSCHT, BIN ICH SCHWACH, UND EINEN so MÄCHTIGEN GEGENSTAND HÄTTE ICH NICHT ZU TRAGEN VERMOCHT. ICH WÄRE VERBLICHEN …« Glams Flüstern wurde schwächer. Seine Hand löste sich auf, und das Kästchen fiel herab. Ejo fing es in der Luft auf. Es war recht schwer; fast riß das Gewicht den Schechim zu Boden.
    »Bleib, Dämon!« keuchte er. »Woher weiß ich, daß dieses Kästchen keinen Fluch enthält und tatsächlich von Sai’Kanee stammt?«
    Glams Stimme war kaum mehr zu hören. »Es BRAUCHT KEINEN BEWEIS. INTHARA WIRD DIE WAHRHEIT ERKENNEN. ICH ABER MUSS FORT … DAS VERLIES RUFT MICH.«
    Der Windhauch legte sich. Mißtrauisch betrachtete Ejo das Kästchen in seiner Hand. Dann befahl er den Mönchen, ihre Fackeln zu entzünden. Zündsteine rieben aneinander, Flammen prasselten auf, und schließlich brannten die Fackeln wieder.
    Der Schechim ließ seine Finger über die Oberfläche des Kästchens gleiten. Eine goldene Mondsichel war in das Silber eingearbeitet. Ejo runzelte die Stirn.
    »Was mag dieses häßliche Zeichen bedeuten?« Er warf einen letzten Blick auf den Hauseingang; die Schwärze der Öffnung ließ ihn erschauern. »Zurück zum Palast! Die Königin muß gewarnt werden!«
    Der Käfig bestand aus geflochtenen Binsen; seine Form erinnerte an eine geschlossene Dolde. Unter der von Drähten zusammengehaltenen Spitze klafften Luftschlitze; aus ihnen drang ein Fauchen, boshaft und angriffslustig.
    »Wir haben ihn zuletzt vor zwei Stunden gefüttert, Majestät.« Angewidert setzte der Priester den Käfig vor dem Thron ab; dann trat er einen Schritt zurück. Der rote Saum der Priesterkutte verriet seine Herkunft; er war ein Mitglied der troublinischen Tathril-Kirche. »Er ist gefräßig, und wenn er nicht rechtzeitig versorgt wird, erfaßt ihn Raserei. Einer meiner Novizen büßte sein rechtes Auge ein, als er ihm eines Nachts zu spät zu fressen gab.« Schweigend blickte der Kaiser von seinem Thron herab. Dieser stand auf einem Podest in der Mitte

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