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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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dich?« Uliman deutete auf Intharas Bauch. »Du kannst deinen Zustand vor mir nicht verbergen. Auch wenn ich erst zwölf bin, weiß ich, wie ein Kind gezeugt wird. Ist Baniter der Vater des Bastards?«
    Inthara legte die Hände vor den Bauch. »Bastard … in Arphat gibt es ein solches Wort nicht. Es ist wahr, ich bekomme ein Kind; es wird mein Erbe sein.«
    »Und der meine, falls das Volk mich für den Vater hält - auch wenn ich zu jung bin und nie das Bett mit dir geteilt habe.« Der Kaiser trat zur Seite; nun erblickte Inthara den schwarzen Schwan, der auf dem Thron saß. Seine gläsernen Augen waren auf sie gerichtet. »Du darfst das Kind nicht bekommen. Ich bin der letzte Nachfahre der Gründer. Mir folgt niemand auf dem Thron.«
    »Außer diesem häßlichen Vogel, wie es scheint.« Ein kalter Schauer lief über Intharas Rücken. »Was, bei allen Göttern, ist das? Was ist mit seinem Gefieder? Es ist so schwarz …«
    »Die Farbe der Rache«, erwiderte Uliman, »die Verneinung des Lichts. Die Herrschaft der Schatten bricht an. Der Schwan wird mich retten, wenn Vara zugrunde geht.« Er ballte die Fäuste. »Du weißt also, daß Baniter lebt, und ich ahne auch, von wem du es erfahren hast. Ja, ich habe ihn verschont, um ein Geheimnis in Erfahrung zu bringen - das Geheimnis, warum er meinen Kräften widerstehen konnte. Sobald ich es herausgefunden habe, werde ich über sein Schicksal entscheiden. Du kannst es nicht beeinflussen.«
    »Da irrst du dich, mein teurer Gemahl. Tausend arphatische Krieger lagern vor deinem Palast. Wie viele Schwerter hast du um dich versammelt? Fünfhundert? Sechshundert? Wenn du Baniter nicht freiläßt, lasse ich dich in deinem eigenen Palast aufknüpfen. Das Volk wird dich nicht verteidigen; seit dem Fürstenmord lebt es in Angst vor dir. Also wage es nicht, mir zu drohen. Nur unser gemeinsamer Feldzug gegen die Echsen hält mich davon ab, mir deinen Kopf zu holen.«
    Sie hatte die Worte im Zorn gesprochen, und das Funkeln ihrer Augen verriet, wie ernst sie es meinte. Uliman schwieg für einen Augenblick. Fast schien es, als spiele er mit dem Gedanken, Inthara von seinen Gardisten ergreifen zu lassen, doch diese waren in der Unterzahl. Schließlich streckte er die Hand nach dem Schwan aus, und dieser rieb gurrend seinen Hals an Ulimans Fingern. »Begeh keinen Fehler, Inthara. Meine Macht ist groß, und deine einzige Vertraute, die magische Kräfte besaß, stieg in das Verlies der Schriften hinab. Sie wird niemals von dort zurückkehren. Wenn ich erst die Quelle beherrsche, wird dich keiner mehr verteidigen.« »Deine Drohungen lassen mich kalt. Ich sage es dir ein letztes Mal: Laß Baniter frei, sonst wirst du es bereuen.« »Du wirst ihn nie mehr zu Gesicht bekommen.« Uliman wies auf die offenstehende Tür. »Wir haben uns nichts mehr zu sagen. Wage dich nicht wieder hierher.«
    Ohne eine Antwort wandte sich Inthara zum Gehen. Die arphatischen Mönche schützten ihren Rückzug. Als sie die Tür des Saales durchschritt, hörte sie hinter sich das Kreischen des Schwans, das Flattern schwarzer Flügel, doch sie sah sich nicht um. Nur ihre Schritte wurden schneller, und ihr Herz raste, obwohl sie sich zur Ruhe zwang.
    Ein wiederkehrendes Geräusch: Holz schlug gegen Stein mit hohlem Laut. Das Boot schaukelte auf dem Kanal; es war an einer Mole vertäut, doch sanfte Wellen schoben es immer wieder gegen die Mauer. Im Inneren räkelte sich ein Mann; sein Atem ging pfeifend, wechselte sich mit Gebrabbel ab. Er stank nach Schnaps, sein Hemd war fleckig. Auf den Kragen war ein Symbol gestickt, zwei gekreuzte Bootsstangen; der hehre Zecher gehörte zu den Stakern und hatte in einer nahen Kaschemme den Tageslohn umgesetzt. Wie er es in seinem Zustand zurück in sein Boot geschafft hatte, war kaum zu sagen; hier lag er nun und wollte sich von den Wellen in den Schlaf wiegen lassen. Doch der Schnaps ließ ihn nicht zur Ruhe kommen; immer wieder schlug er mit den Händen um sich, als wollte er Mücken vertreiben.
    »… du Hundesohn … dir zahl ich's heim … mich einfach rauszuwerfen …« Der Staker wälzte sich auf den Rücken und blinzelte in den Sternenhimmel. »Ein Glas noch, ein einziges … was? … du Hurensohn von einem Wirt! Dir fackele ich dein Drecksloch ab!« Er gähnte und betrachtete seine Hände, die im Schein des nahen Feuerkorbes schimmerten. »Was? … betrunken soll ich sein? Könnte kein Geheimnis bewahren? … ah, ich kann schweigen wie ein Grab … hab nichts gesehen, hab

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