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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Flut treiben ließen. »Ihr legt eure eigenen Schiffe in Brand? Nimmt dieser Irrsinn denn kein Ende?« Wieder wurde sie gepackt, fester diesmal. Die Stimmen drangen wie durch Watte an ihr Ohr. »Wir nahmen dich mit uns, wir ließen dich leben; so wird dir die Ehre des Ordens zuteil. Nun trag unsere Bürde und lerne zu sehen, und schneide das Band, das dich fesselt, entzwei.«
    Zu spät sah sie Mhadags Gesicht vor sich auftauchen; sein Lächeln war tröstend und traurig zugleich. In den Händen hielt er einen Eisenhaken. Die Spitze glühte. Mhadag wisperte den Namen der Fürstin. »Jundala Geneder… habt keine Angst. Ich folge Euch bald nach. Ihr seid nicht allein auf dem Weg in die Finsternis.«
    Ein Südsegler packte ihren Nacken, hielt sie fest wie ein Schraubstock. Der Haken näherte sich ihrem Gesicht. Funken sprühten von der glimmenden Spitze.
    Jundala schrie auf.
    Mhadags Augen, leuchtend wie Smaragde, waren das Letzte, das sie in dieser Welt sah.

KAPITEL 6
Befreiung
    Sie holten Baniter um Mitternacht. Er hatte sich bereits schlafen gelegt, als die vier Gardisten in den Turmsaal stürmten, ihn fesselten und mit sich schleiften. Kein Wort wurde gewechselt; sie sagten nicht, wohin sie ihn bringen wollten, und Baniter fragte nicht danach. Sein Schicksal lag in des Kaisers Hand, und es machte wenig Sinn, sich gegen die nächtliche Entführung aufzulehnen, auch wenn man ihn im schlimmsten Fall zu seiner Hinrichtung brachte, wie einst seinen Großvater.
    Der Schlüssel sprengt den Stein, der Tod ein Trug …
Die Gardisten ruderten ihn in einem größeren Boot von der Eisernen Insel fort. Sie kreuzten durch mehrere Tunnel, bis sie den Kaiser-Hamir-Kanal erreichten. In der Nähe des Palastes legten sie an. Vara lag in tiefem Schlummer, nur wenige Feuerkörbe beleuchteten die Straßen.
Die Flammenhüter sind wohl zu faul, ihre Runden zu drehen,
dachte Baniter.
Wenn selbst diese biedere Zunft beginnt, ihre Pflicht zu vernachlässigen, steht es um die Stadt nicht eben zum Besten.
    Zumindest die zum Palast führende Prunkstraße wurde von zahlreichen Fackeln erhellt. Sie steckten im festgetretenen Boden der Gärten, die sich an der Straße entlangzogen. In den zertrampelten Blumenbeeten hatten die Arphater ihre Zelte aufgeschlagen; überall erblickte Baniter die olivfarbenen Gesichter der Bena-Sajif und Sajessin, die beim Umtrunk zusammensaßen, sich dem Würfelspiel hingaben oder gemeinsam zu ihren Göttern beteten. Fast wirkte es, als belagerten sie den Palast, obwohl sie doch als Verbündete nach Vara gekommen waren.
Sinustre hat recht
-
die Arphater
stellen eine Gefahr für den Kaiser dar. Inthara könnte Uliman im Handumdrehen absetzen, wenn sie es nur will.
Man führte Baniter durch das Tor und brachte ihn zum Kaisersaal. Nur eine Handvoll Gardisten bewachte den Eingang;
Uliman muß sich sehr sicher in seinem Palast fühlen …
Der junge Kaiser hockte auf den Stufen des Thronpodestes und wartete bereits auf Baniter. Der leere Thron hinter ihm wirkte bedrohlich; seine Größe betonte, wie aberwitzig der Entschluß des Silbernen Kreises gewesen war, ein zwölfjähriges Kind zum Herrscher zu krönen. Vor dem hölzernen Ungetüm wirkte Uliman jünger, als er war; doch Baniter täuschte sich nicht über die Gefährlichkeit des Knaben.
    Uliman beobachtete, wie die Gardisten Baniter vor den Thron schubsten. »Wir müssen miteinander reden«, begrüßte er den Fürsten. »Ich habe dich lange genug im Turm Gendor eingesperrt.«
    »Ich muß Euch wohl dafür danken, auf dem Stammsitz meiner Familie einsitzen zu dürfen.« Baniter hob mit säuerlicher Miene die Hände und zeigte seine Fesseln. »Die anderen Fürsten sind nicht so glimpflich davongekommen.« Er rief sich ins Gedächtnis, was sich vor einigen Wochen in diesem Saal zugetragen hatte; hörte wieder das qualvolle Röcheln der Fürsten, die auf den Boden sanken, glaubte ihre aufgedunsenen Gesichter zu sehen …
    »Sie verdienten den Tod.« Der Kaiser spielte mit einer seiner blonden Locken. »Der Thronrat ließ erst meine Mutter und dann meinen Vater beseitigen. Ich mußte Vergeltung üben.« Er sah Baniter prüfend an. »Nur bei dir wirkte meine Magie nicht. Ich habe viel darüber nachgedacht.«
    »Ich bin äußerst gespannt auf Eure Erklärung, Majestät«, erwiderte Baniter.
    »Der Zauber verschonte den einzigen Fürsten, der keine Schuld auf sich geladen hatte. Als Akendor Thayrin im Kerker ermordet wurde, befandest du dich noch auf der Rückreise aus Arphat. Du

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