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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Euch, Herrin, laßt uns die Stadt verlassen und kämpfen!«
    »Hört auf, mir zu widersprechen. Wenn Ihr kämpfen wollt, werdet Ihr bald die Gelegenheit dazu haben. Jetzt muß ich erst Rache üben … Praa ist in die Hand der Echsen gefal len. Es zerreißt mir das Herz.« Ihr Gesicht rötete sich vor Wut, und die Narbe auf ihrer Wange schimmerte hell. »Der Goldei, den wir mit uns nach Vara brachten - ich will ihn noch einmal sehen! Er soll für den Untergang von Praa büßen.«
    Ejo runzelte die Stirn. »Ihr habt ihn Eurem Gemahl zum Geschenk gemacht. Quazzusdon wird im Ostflügel des Palastes von den Sitharern gefangengehalten.«
    »Dann werden wir ihn uns zurückholen.« Entschlossen wandte sich Inthara um. »Wartet, bis ich mich angekleidet habe, und sucht Eure besten Männer aus. Dies ist die Stunde der Vergeltung.«
    Mit kräftigen Ruderschlägen steuerten die Gardisten das Boot durch den Kanal. Einer von ihnen summte ein Lied. Baniter glaubte die Melodie zu erkennen:
Die Türme von Dalal'Sarmanch …
jene Ballade, die Lyndolin Sintiguren vor langer Zeit in Praa gesungen hatte. Offenbar war sie von den Arphatern nach Vara gebracht worden und dann auf die Stadtbevölkerung übergesprungen, die weder den Text noch den Ursprung des Liedes kannte. Ahnte der summende Gardist, daß kein Geringerer als Baniter Geneder die Worte zu dieser Melodie gedichtet hatte? Allein, seine Lage war zu trostlos, als daß er sich über die Verbreitung des Liedes hätte freuen können.
    Das Haus der Verschwiegenen Schwestern, so wußte Baniter, lag im Süden von Vara; dort lebten die Ärmsten der Stadt. Nur wenige Kanäle zogen sich durch das Elendsviertel, und diese waren eng und schmutzig. Dennoch boten sie die einzige sichere Möglichkeit, in diesen Stadtteil zu gelangen; die Straßen hingegen waren mit Bettelnden und Verzweifelten verstopft. Viele von ihnen waren Flüchtlinge aus dem Hochland, die um jeden Bissen Nahrung kämpften. Der Krieg trieb den Brotpreis immer mehr in die Höhe.
    Wieder klatschten die Ruderflächen auf das Wasser. Baniter saß rückwärts im Boot, mit Stricken an eine Ruderbank gefesselt. Links und rechts des Kanals erhoben sich Ziegelsteinbauten; die meisten Fenster waren schwarz, nur aus wenigen drang Kerzenschein.
Varas Bewohner schlafen in Frieden, während ihr Fürst an ihren Fenstern vorbeigleitet, auf dem Weg in sein neues Gefängnis.
In Baniters Hals saß ein Kloß. Bald würde er in den Händen der Verschwiegenen Schwestern sein, und diese wußten, wie man in kurzer Zeit einen Geist brechen konnte.
    Das Boot schob sich in einen Tunnel. Einer der Bewacher hatte seine Laterne gehoben, um die Durchfahrt auszuleuchten. Ihr Schein huschte über die feuchten Wände. Baniter erkannte Kreidezeichen; die Staker pflegten die Tunnel mit ihren Symbolen zu kennzeichnen. Die Schnörkel und Striche erinnerten Baniter an die Luchsschrift. Er versuchte, einen Sinn in den Kreidestrichen zu erkennen, kniff die Augen zusammen … Doch dann - ein Knall! Glas splitterte. Die Laterne erlosch. Ein gezielter Steinwurf hatte sie getroffen. Das Boot schwankte. Die Gardisten schrieen wild durcheinander, sprangen auf, griffen nach ihren Waffen. Baniter sah, wie aus dem Schatten am vorderen Tunnelmund zwei Kähne glitten. Sie schössen in hoher Geschwindigkeit auf ihr Boot zu. Vermummte Gestalten waren zu sehen, sie zogen die Bootstangen aus dem Wasser. Pfeifend zischten ihre Enden durch die Luft. Ein Gardist riß heulend die Hände vor sein Gesicht. Taumelte. Klatschte ins Wasser. Die Barken teilten sich auf, nahmen ihr Boot in die Mitte. Wieder wirbelten die Stangen umher; zwei Gardisten wurden am Kopf getroffen, sackten im Boot zusammen. Dem dritten gelang es, das Ende einer Stange zu packen. Er rang mit dem Angreifer. Das Boot schaukelte gefährlich. Wasser umspülte Baniters Knöchel. Er zerrte an den Fesseln, vergeblich! Nun sprang einer der Vermummten zu ihnen herüber, landete auf der hinteren Ruderbank. Seine Hand schnellte nach vorne. Der Messerstich traf den Gardisten in den Rücken. Keuchend fuhr er herum; dann beförderte ihn ein Fausthieb ins Wasser.
    Mit klopfendem Herzen blickte Baniter zu dem Vermummten auf. Dieser wischte die Klinge des Messers an seinem Umhang ab, kniete sich dann nieder, um Baniters Fesseln zu zerschneiden. »Seid unbesorgt, Fürst Baniter. Ihr seid bald in Sicherheit.«
    »Sinustre schickt euch!« Baniter konnte es noch immer nicht glauben. »Das ist Rettung im letzten Augenblick. Sie

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