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Schattenbrut (German Edition)

Schattenbrut (German Edition)

Titel: Schattenbrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Seider
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damals. Oren hat verstanden, wie sehr mich mein Gewissen noch heute plagt, und hat mir geraten, mit Ursula zu reden. Ihr zu sagen, dass es mir leidtut.«
    Billys Magen verkrampfte sich wieder, doch sie konzentrierte sich darauf, ruhig zu sprechen. »Hast du Oren meinen Namen gesagt?«
    Paula überlegte. »Ja, deinen Vornamen auf jeden Fall. Später gab ich ihm Ursulas vollen Namen, damit er mir ihre Adresse heraussuchen könne. Ich bin nicht gut in solchen Dingen.«
    Ihr Inneres schien sich nach außen zu stülpen. Gedanken stürzten wie Stromstöße auf sie ein. Sie wollte wegrennen. Fliehen, egal wohin. Doch zuerst musste sie ihren Sohn finden. »Kannst du mir sagen, wo er sich aufhält? In seiner Wohnung ist er nicht.«
    »Ach Billy.« Paula lächelte.
    »Bitte Paula.«
    »Warum machst du so ein Geheimnis daraus, woher ihr euch kennt?«
    »Es ist kein Geheimnis, es ist nur ...« Sie sog schwer die Luft durch die Nase. »Es ist eine verdammt lange Geschichte.«
    Paula sah sie an. »Ist alles in Ordnung?«
    Nein!
    »Ja. Wie kamt ihr auf uns zu sprechen? Hat er dich danach gefragt?«
    Paula zögerte. »Nicht direkt.« Sie kniff die Augen zusammen. »Worauf willst du eigentlich raus?«
    »Diese Sache kommt mir seltsam vor. Dir nicht? Wie kam es eigentlich, dass Oren in Landau in die Sauna ging? Das ist ein ganzes Stück Fahrt.« Ein Teil von ihr hoffte immer noch auf einen Zufall.
    »Er erzählte mir von einem Freund, den er besucht hat. Warum habe ich das Gefühl, in einem Kreuzverhör zu sein?«
    »War dieser Freund mit ihm in der Sauna?«
    »Nein, er war alleine.« Paulas Gesicht bekam einen zweifelnden Ausdruck. »Glaubst du, er hat mich belogen?«
    »Glaubst du das denn?«
    »Nein. Vielleicht.« Paula atmete hektisch. »Es kam mir zuerst komisch vor. Oren sah mich und es schien, als hätte er sich sofort in mich verliebt. Ich konnte das damals nicht verstehen, er ist ein gutaussehender, junger Mann, und am Anfang vermutete ich ...«
    »Was hast du vermutet?«
    »Dass Remy ihn geschickt hatte, um meine Treue zu testen.« Sie lachte freudlos.
    »Und dann?«
    »Ich war vorsichtig, aber Oren schien wirklich an mir interessiert. Und Remy stellte keine Fragen. Billy ...« Ihre Stimme hatte etwas Eindringliches bekommen. »Die Sache mit Oren ist für mich erledigt. Ich liebe meinen Mann. Wenn er jemals davon erfährt ...«
    »Ich werde kein Wort sagen, das verspreche ich.«
    Sie hatten das Lokal erreicht und blieben vor dem Eingang stehen.
    »Und jetzt du, Billy«, sagte Paula entschieden. »Du siehst aus, als würdest du jeden Moment zusammenbrechen. War Oren auch mit dir zusammen?«
    »Nein.« Billy rang sich ein gequältes Lächeln ab. »Darf ich eine letzte Frage stellen, bevor ich auf deine antworte?«
    »Nur noch eine.«
    »Könnte es sein, dass Oren genug über unsere Kindheit gewusst hat, um diesen Text zu schreiben?«
    Paula dachte kurz nach. »Wir haben so viel geredet. Aber diese Details. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich ihm das so genau geschildert habe, doch ganz sicher bin ich nicht. Aber warum sollte er das tun?«
    Billys Magen rebellierte nun völlig unkontrolliert. Alles ergab plötzlich Sinn. Einen furchtbaren Sinn. Aber sie schuldete Paula immer noch eine Antwort.
    »Er ist mein Sohn.«
    Paula neigte den Kopf, als wisse sie nicht, ob sie lachen sollte.
    »Ich habe ihn vor neunzehn Jahren zur Adoption freigegeben. Vor ein paar Tagen trat er wie zufällig in mein Leben. Aber nun sieht es danach aus, als hätte er mich durch dich ausspioniert.«
    Paulas Unterkiefer sackte nach unten und Billy fragte sich, wie sie jemals so viel Hass hatte empfinden können. Sie konnte nur ahnen, was diese Erkenntnis auch für Paula bedeutete. Sie wollte etwas Tröstliches sagen, doch sie hatte keine Kraft mehr. Tränen brannten ihr wie Feuer in der Kehle und sie hatte das Gefühl, jeden Moment die Beherrschung zu verlieren.
    »Ich muss gehen«, stieß sie hervor und drehte sich um, ohne Paula noch einmal anzusehen. Sie musste die Schritte zügeln, um nicht zu rennen. Als sie den Audi erreicht hatte, stieg sie ein, ließ den Motor aufheulen und fuhr los. Während sie mit einer scharfen Kurve wendete, sah sie Paula, die immer noch am Gehsteig stand und ihr nachblickte.
    Sie nahm denselben Weg, den sie hergefahren war, und bog nach kurzer Zeit in einen Schotterweg ein, der zwischen abgeernteten Maisfeldern verlief. Als der Weg einem grasbewachsenen Trampelpfad wich, bremste sie ruckartig, stellte den Motor aus,

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