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Schattenbrut (German Edition)

Schattenbrut (German Edition)

Titel: Schattenbrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Seider
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sagte Ursula und starrte vor sich auf den Tisch. »Du irrst dich.«
    Billy öffnete die Lippen, um eine scharfe Bemerkung zu erwidern, schloss sie aber gleich wieder.
    »Wenn du glaubst, dass Oren hinter dem Mord an Clarissa steckt, irrst du dich«, wiederholte sie.
    Billy stützte ihren Ellenbogen auf den Tisch und legte ihre Wange auf die Hand. »Es ist grausam, ich weiß. Aber es passt alles zusammen.«
    »Nein, es passt nicht zusammen. Wenn Oren am Tag von Julias Beerdigung mit Paula zusammen war, kann er den Kranz nicht auf ihr Grab gelegt haben.«
    Billy hob ihren Kopf. Daran hatte sie nicht gedacht. Oren war Paulas Alibi, zumindest für jenen Nachmittag. Sicherlich hatte die Polizei ihre Aussage überprüft.
    »Dann hat es eine andere Person für ihn getan. Am Tag von Clarissas Mord war Paula auf jeden Fall bei ihrer Familie.«
    »Oren ist dein Kind, Sibylle. Du kannst ihn nicht einfach einer Sache beschuldigen, ohne ihm die Gelegenheit zu geben, Stellung zu beziehen.«
    »Er hatte die Gelegenheit!«, rief Billy.
    »Aber er hat nicht gesagt, dass er es getan hat«, beharrte Ursula. »Wenn alles so wäre, wie du glaubst, dann würde er es doch zugeben.«
    »Er hat es aber auch nicht abgestritten.«
    »Was meinte er, als er sagte, dass auch er gerne seine Fehler rückgängig machen würde?«
    »Was weiß ich.« Das Reden fiel Billy schwer, das Denken noch mehr. Sie war wie betäubt.
    »Und du glaubst wirklich, dass er Clarissa umgebracht hat?«, schaltete sich Tamy ein, die bisher nur steif zugehört hatte.
    »Es sieht so aus«, gab Billy müde zurück. »Wenn man davon ausgeht, dass er sich an mir rächen will, hat er als Einziger zumindest einen Grund, mir zu schaden. Alles andere passt auch. Er lief mir ausgerechnet am Tag von Julias Beerdigung über den Weg, als wollte er keinen Zweifel daran lassen, dass er damit zu tun hat. Er hatte eine Affäre mit Paula und somit alle Informationen, die man braucht, um diesen Text schreiben zu können.« Sie schloss einen kurzen Moment lang die Augen.
    Tamy neigte den Kopf. »Ist das nicht zu viel Aufwand, um dir zu schaden? Außerdem, wenn es Oren nur darum ging, sich an dir zu rächen, warum nimmt er sich nicht dein heutiges Leben vor? Warum muss er so tief in deiner Vergangenheit graben?«
    »Vielleicht, weil es in meinem heutigen Leben nichts gibt, woran mir etwas liegt«, sagte Billy leise.
    Tamy zog die Schultern hoch, als würde sie frieren. »Wirst du zur Polizei gehen?«
    »Nein«, gab Billy hart zurück.
    »Ich habe Angst.« Tamy kratzte sich am Unterarm.
    »Du hast nichts zu befürchten.«
    »Wie kannst du dir so sicher sein? Im Moment sieht es so aus, als hätte dieser Oren Clarissa getötet. Vielleicht bin ich die Nächste? Vielleicht ist deine Mutter die Nächste?«
    »Ich glaube nicht, dass Oren Clarissa getötet hat«, meldete sich Ursula zu Wort. »Ich bin sicher, dass sich die Sache aufklären wird.«
    »Außerdem geht es hier um mich. Dieser Oren ist mein Sohn. Ich bin diejenige, die er treffen will, und ich muss mich darum kümmern«, sagte Billy scharf.
    »Es geht hier auch um Frank, und da hänge ich genauso drin wie du«, erwiderte Tamy.
    »Es geht hier nicht mehr um Frank.« Billy verkeilte ihre Hände krampfhaft ineinander.
    »Bitte geh zur Polizei«, bat Tamy und hörte auf, sich zu kratzen.
    »Nein.«
    »Dann hättest du Sicherheit.«
    Billy ahnte, dass Tamy es war, die Sicherheit brauchte. Die Sicherheit, dass der Mörder hinter Schloss und Riegel saß, weil sie vorher nicht mehr ruhig würde leben können. Sie sah von ihr zu Ursula und erhob sich langsam. »Ich gehe ins Bett«, sagte sie nur und spürte die besorgten Blicke der beiden, als sie aus der Küche hinaus und mit schweren Schritten die Treppe hochstieg.

28.
     
    Erschöpft zog Billy die Decke bis zu ihrem Kinn, drehte sich auf die Seite und streckte ihre Nase in das Kissen, das nach Herbstwald und Blumenwiese duftete. Ihr Rücken schmerzte vom Liegen, doch es war ihr egal. Der Funkwecker zeigte 23.41 Uhr, was bedeutete, dass sie seit mehreren Stunden apathisch im Bett lag. Langsam reichte es. Es gab keinen Gedanken mehr, der nicht bereits in alle Richtungen gedreht worden war, doch auch an Schlaf war nicht zu denken.
    Sie rollte sich auf die Seite und versuchte, ruhig zu atmen. Waren die Dinge so, wie sie schienen? Trotz ihrer Erschöpfung gab es einen Teil in ihr, der nicht Ruhe geben wollte. Da war etwas, das sie nicht greifen konnte. Ein Hauch von Bedrohung, die weit über Oren

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