Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
ihn alles lehrte, was ich über Dämonen wusste. Ich erklärte mich bereit, ihm zu Erfolgen zu verhelfen, denn inzwischen wusste ich längst, dass ich als Be schwörerin verlockend auf andere Dämonen wirkte. Im Gegenzug verlangte ich seine Hilfe. Er sollte das Versteck von Sinaes Banngefäß für mich finden.“
„Und darauf hat er sich wirklich eingelassen?“
„Joana, dein Vater mag jung und unerfahren gewe sen sein. Aber er war ein Clerica mit ehrgeizigen Zie len; er geiferte nach Erfolgen. Denk an Agnes. Sie missgönnten einander den Dreck unter den Fingernä geln. Nichts war Frederik damals wichtiger, als das Talent seiner Schwester zu überbieten und sie vom Thron des Lieblingskindes der Sippschaft zu stoßen.“
„Er war skrupellos?“
„Ebenso wie ich.“ Mary sah Joana so fest in die Au gen, dass ihr unangenehm wurde. Was war in dieser Hinsicht mit ihr? Was mochte sie von ihren Eltern geerbt haben?
„Wir spielten den anderen vor, uns verliebt zu haben, um unsere Ziele zu verbergen. Du kannst dir kaum vorstellen, was für ein Theater Frederiks Eltern veranstalteten. Sie flippten vollkommen aus und ha ben ihn sogar postwendend enterbt, als er mit mir nach Deutschland kam und vo n Heirat sprach – damit ich bleiben und mit ihm reisen konnte.“
„Selbst das war ihm egal? Obwohl es ihm doch um die Anerkennung seiner Familie ging?“
„Er hatte etwas viel Besseres gefunden. Anerken nung der Clerica. Sein Vater mochte ihn hassen, ja gut. Aber jeder andere sprach seinen Namen voller Respekt aus, schließlich war er bekannt für seine ful minante Quote. Im Stillen, davon war Frederik über zeugt, bewunderte ihn auch sein Vater. Das war ihm mehr als genug, zumal Agnes zu seinem Schatten wurde, um ein wenig von seinem Glanz abzubekom men. In Europa waren Agnes und Frederiks Vater die Einzigen , die von meinem ‚Talent‘ wussten. Frederik war für alle der Wunderknabe.“
„Lass mich raten“, unterbrach Joana. „Sein Verspre chen blieb trotzdem unerfüllt.“
Mary ließ kurz den Kopf in die Hände sinken, als wäre er plötzlich zu schwer geworden. „Natürlich. Ich hätte es wissen müssen, aber die Hoffnung hat mich blind und taub und hilflos gemacht. Er hielt mich hin, machte Versprechungen, beteuerte immer wieder, eine Spur zu verfolgen. Als wir dann verheiratet waren, hatte ich kaum noch eine Möglichkeit, mich ihm zu widersetzen, schließlich sprach ich damals kein Wort Deutsch und musste den Lügen glauben, die er mir über das Ehe- und Scheidungsrecht erzählte.“
Ein Verdacht, der sich langsam in Joanas Hirnwin dungen grub, ließ ihr sch w ummerig werden und ihren Magen schmerzen. „Mama? Er hat dich aber nicht … ich meine …“
„Vergewaltigt?“, sprach Mary aus, was Joana nicht über die Lippen wollte. „Nein. In gewisser Weise – sah man von seinen Lügen ab – war er ein höchst an ständiger Mann. Es kam vor, dass wir Spaß mitein ander hatten, so seltsam dir das erscheinen muss. Wir waren immer noch beide einsam und belogen die ganze Welt. Irgendwie schweißte das auch zusammen und trotz all der Wut lernt man, auch Positives anein ander zu sehen, weil es im Leben sonst nichts Posi tives mehr gäbe.“
Das verstand Joana gut. „Der Mensch ist nicht gemacht für ausschließlich schlechte Tage.“
„So ist es. Und eines Abends im Sommer, wir ka men aus dem Autokino und tranken später Wein auf der Terrasse, ist es einfach passiert und wir verbrach ten die Nacht zusammen.“
„Eine einzige Nacht?“
„Nur diese eine, ja. Und es war uns all die Monate zuvor so abwegig erschienen, uns nur zu küssen oder bei den Händen zu halten, dass wir an Verhütung nicht im Ansatz dachten.“
Joana konnte nicht anders, als boshaft zu grinsen. „Und die Rache folgte auf dem Fuße.“
Leider schien Mary das nicht amüsant zu finden. Eher wirkte sie, als würde der wahrhaft tragische Teil der Geschichte noch kommen und sie wand sich unbehaglich auf ihrem Stuhl.
„Mama, was ist?“
„Nichts, ist schon gut. Ich bin allenfalls etwas scho ckiert, wie ruhig du das alles aufnimmst. Wenn Men schen bei solchen Gesprächen gelassen bleiben, heißt das meist, das sie bereits weit S chlimmeres erlebt haben.“
Da hatte sie nicht ganz unrecht. Tatsächlich war Joanas Welt schon so oft aus den Fugen gehebelt wor den, dass sie das Wackeln inzwischen akzeptiert hatte. „Ganz ehrlich, Mama? Meine wichtigste Überlegung ist gerade, ob mir diese neuen Informationen irgend wie weiterhelfen.
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