Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
unterwirfst. Du wirst es noch tun. Auf den Knien, mein Bester, wirst du liegen und zu mir aufschauen. Ich habe Zeit, auf dich zu warten. Und glaube nicht, ich würde dir diese Zeit versüßen. Du wirst bald schon auf deine nächste Möglichkeit, mich um meine Gunst zu bitten, warten. Hoffe, dass ich guter Dinge bin, sonst wartest du sehr, sehr lange.“
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„I
hr Name war Sinae.“ Marys Stimme klang leiser als sonst und leicht rau, was verriet, dass sie lange nicht über das Thema gesprochen hatte. Vielleicht noch nie. Joana musste sich Mühe geben, ihre Mutter nicht auffällig anzustarren und nach Anzeichen zu suchen, die sie j ahrelang übersehen hatte. Es fühlte sich nach dieser schweren Wahrheit so seltsam an, Mama gegen überzusitzen . Ein Teil von ihr war ihr mit einem Schlag fremd geworden. Sollte sich nicht Wut spüren über die Lügen? Vielleicht. Aber noch war da nichts zu spüren bis auf den Drang, endlich Klarheit zu be kommen. Womöglich hatte sie sich längst an all die Ausflüchte gewöhnt; sie gaben ihr bloß noch das Ge fühl, daheim zu sein. Ein frustrierender Gedanke, sie schüttelte ihn ab und konzentrierte sich auf die Ge schichte ihrer Mutter.
„Ich war jung und haltlos damals. Heute weiß ich, warum ich meinen Eltern ein Dorn im Auge war, wa rum sie mich nicht gewollt hatten und nur glücklich waren, wenn ich in unserem verrauchten Wohnzim mer vor dem Fernseher saß. Dort konnte ich keinen Schaden anrichten. Natürlich ging das nicht lange gut.“ Mary lächelte unglücklich. Vielleicht dachte auch sie daran zurück, wie wild Joana als Jugendliche ge wesen war. Immer ruhelos umherstreunend, immer auf der Suche nach Erfahrungen, nach Futter für den hungrigen Geist. „Ich entwischte durch das Fenster, wann immer ich konnte, und habe mich einer Gruppe schwarzer Kids angeschlossen, die auf der Suche nach unseren Wurzeln waren. Zunächst dachte ich, in ihnen Freunde gefunden zu haben, doch es war, wie überall auf der Welt. Es gab jene, die sich für Bessere hielten und dementsprechend auch solche, die sich ihnen fügen mussten. Freunde hatte man nur, solange man ihrer Meinung war. Also war man es. Wir legten unse re christlichen Namen ab und gaben uns afrikanische. Lindiwe hab ich mich genannt – die, die wartet.“
„Auf was hast du gewartet?“
„Ich wusste es nicht. Nicht damals.“ Mary seufzte, als läge ihr der Gedanke auf der Zunge, dass sie es besser nie erfahren hätte. „Aber etwas später, ich mag fünfzehn oder sechzehn gewesen sein, da haben wir etwas gefunden. Ein altes Buch. Zu schlecht erhalten, als dass es einen Antiquitätenhändler interessiert hät te, sonst hätten die älteren Jungs es für sich bean sprucht. Ich hatte jedoch sofort das Gefühl, etwas Wertvolles in den Händen zu halten und habe es mit genommen.“ Mary pausierte, was Joana dazu bewegte, unruhig auf ihrem Stuhl hin - und herzurutschen .
„Was stand darin?“
„Das war schwierig herauszufinden. Es war in meh reren Sprachen geschrieben, die ich zum großen Teil nicht kannte. Arabisch, Englisch, Französisch, Portu giesisch, Spanisch sowie afrikanische Sprachen. Ich hielt es für riskant, es jemandem zu zeigen. Mein Ge fühl sagte, dass dieses Buch mein Geheimnis bleiben sollte. Also schrieb ich nur einzelne Worte ab und ließ sie mir übersetzen. Und ich klaute Wörterbücher, ach herrje, Joana, ich klaute wie ein Rabe.“
Sie lachten beide ein bisschen; gezwungen.
„Irgendwann hatte ich genug zusammen, um halb wegs übersetzen zu können, was auf den Seiten stand. Ich hielt es für afrikanische Rituale. Magie. Voudou.“
Joana wünschte, nicht gefragt zu haben. Zu deutlich erinnerte sie sich an den Traum, den Nicholas ihr ge zeigt hatte. Seine Beschwörung. Die Folter und Opfe rung des jungen Mannes, die dazu vonnöten war. Schon damals hatte das barbarische Ritual sie an dun kelsten Voudou erinnert.
„Aber es war etwas anderes“, sagte sie leise. „Es war eine Anleitung, einen Dämon zu beschwören.“
Mary wirkte einen winzigen Moment erstaunt darü ber, wie viel Joana wusste. Doch sie fing sich sofort. „Ich glaube nicht, dass das etwas anderes ist, aber ja, du hast recht.“
„Und du hast es getan?“ Jetzt nur nicht an die Traumbilder denken. Nicht an die brutale Zigeuner hexe und nicht an ihren gequälten Sohn.
Auch Mary schien gequält. Ihr Gesicht verzog sich bei jedem ihrer Worte mehr. „Ich war einsam. Ein Dschinn – so nannte sie das Buch – schien die Ver
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