Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
Der Hunger riss ihn von innen fast in Stücke.
Er kämpfte sich auf die Füße, versuchte, an seinem Verstand festzuhalten, indem er weiter auf und ab ging. Aber er taumelte nur mehr, stolperte, prallte gegen die Mauern. Es war so eng, so wenig Platz. Nicht genug Luft zum Atmen.
Krampfhaft klammerte er sich an sein Mantra. Kein Bann, kein Bann. Licht! Kein Bann.
Der Nybbas presste sich von innen gegen seine Rip pen, bog die Knochen, spannte sein Fleisch. Es fühlte sich an, als müss t e sein Körper in tausend Fetzen explodieren. Immer noch gelang es ihm nicht, ihn freizulassen.
Der Luzifer hatte die Schwierigkeitsstufe erhöht. Level zwei schien bereits unlösbar und der Endgegner war noch Welten entfernt. Wenn er nur gekonnt hätte – Nicholas hätte seinen Stecker gezogen und sein letztes Gefühl wäre Erleichterung gewesen.
Er brüllte seine Wut und den Schmerz hinaus, seine Schreie hallten von den Wänden wider, die immer näher zu kommen schienen. Er warf sich gegen die Mauern, gegen die Tür. Mit den Fäusten prügelte er auf die Steine ein, bis ihm das Fleisch von den Knö cheln platz t e und Knochen über rauen Stein schabte, bis etwas von beidem ein wenig nachgab.
Er prügelte sich gegen die Begrenzungen seines Ge fängnisses, bis er ohnmächtig wurde und wilde Visio nen von j ahrzehntelanger Bannung sein Bewusstsein füllten. Horrorszenarien, in denen es Joana war, an der der Nybbas sich nach endlosem Hungern verging.
Doch ganz tief unter allem anderen, was tobte und schrie, blieb ihm eine leise Stimme, die sich einen Hauch von Vernunft bewahrt hatte. Sie flüsterte: Was hatte die Nabeshima mit … Brut gemeint?
~*~
Joana presste die Fingerspitzen gegen ihre Brauen und bewegte sie in kleinen Kreisen. Das sollte gegen Kopfschmerzen helfen, tat es aber nicht. Das Ticken der Uhr und das behäbige Klappern von Marys Tasta tur machten sie verrückt. Warum ging das eine so schnell und das andere so langsam? Gerade steckte sie wieder in einem dieser Momente, in denen ihr alles zu viel wurde und sie sich am liebsten im Bett ver krochen und die Decke über d en Kopf gezogen hätte.
Wo bist du nur, Nicholas?!
Die Ungewissheit war auszuhalten, solange sie etwas zu tun hatte. Doch inzwischen war die kurze Liste der möglichen Aktionen abgearbeitet. Tomte war auf der Suche nach dem Fürsten Leviathan, dem einzigen, der ihr helfen konnte, Nicholas aufzuspüren. Sie musste warten, bis er ihr sagen konnte, wo sie den Fürsten fand. Auch Demjan hatte sie informiert und um Hilfe gebeten. Er hatte neben seiner Feste in Island meh rere Unternehmen über die ganze Welt verteilt: In jedem seiner Stützpunkte würde man die Augen nach dem Nybbas offen halten, Hunderte von Fuchsdämo nen würden die Ohren spitzen und auf Gerüchte lau schen. Mama aktivierte die wenigen Kontakte, die sie zu Frederiks ehemaligen Kollegen hatte und versuch te, sich unauffällig nach Bannungen zu informieren. Was, wenn sie ihn längst gefangen hatten? War er irgendwo versteckt, körperlos gebannt, fest in Dun kelheit eingesponnen, und darauf angewiesen, dass sie ihn fand? Die Vorstellung verursachte Joana klaustro phobische Anfälle und sie musste die Fenster aufrei ßen und den Kopf in den Wind halten, damit ihr nicht wieder übel wurde. Sie mochte ihr Asthmaspray nicht mehr inhalieren, weil sie nicht sicher war, ob es dem Baby schaden konnte. Zum Frauenarzt zu gehen, versprach sie ihrer Mutter zwar ständig, konnte sich aber nicht überwinden. Sie fürchtete sich davor, was der Ultraschall preisgab . Wer sagte, dass ihr Halbdä monenbaby nicht aussah wie ein Wesen aus einem Klischeehorrorfilm. Joana wunderte nichts mehr. Au Backe – was würde der Arzt dann denken? Hinterher würde sie im Versuchslabor landen und ihr Baby auf dem Seziertisch oder in Formaldehyd. Nein, das Risiko w ollte sie nicht eingehen. Warum auch? Man sah schließlich noch nichts und sie fühlte sich bis auf einen metallischen Geschmack im Mund sowie ein wenig Übelkeit hin und wieder wie immer. Und was, wenn der Arzt sagte, sie wäre nicht schwanger? Dann blieb ihr nichts von Nicholas, überhaupt nichts. Bes ser sie schob das Ganze eine Weile auf, bis sie das Kind spürte, und suchte sich dann für die nötigen Untersuchungen und die Geburtsbegleitung eine Hebamme ohne Ultraschallapparat. Wenn sie nur bis dahin Nicholas gefunden hatte – wie sollte sie allein ein Baby zur Welt bringen?
Shit, sie konnte nicht länger herumsitzen, in der Wohnung ihrer
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