Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
wachsen.
Wütend schlug er mit der Faust auf die Erde. „Die Bedingungen sind gerade etwas mies, um zu wachsen. Wie stellst du dir das überhaupt vor – das Wachsen? Dreck, sprich nicht in Rätseln! Was meinst du? Was – willst – du – von mir?“
Jetzt stellt er die richtigen Fragen. Sie will ihm von einer Legende berichten.
~*~
Joana fühlte sich, als hätte sie anstelle ihres Gehirns ein hartes Brötchen im Kopf. Ihre Gedanken waren wie kratzige, lästige Krümel, die zu nichts gut waren, bloß nervten. Als reichte es nicht, dass die Streife mit Abraham in ihren Augen eine Katastrophe gewesen war, war sie auf dem Rückweg ins Hotel noch in einen scheußlichen Regenschauer gelangt und hatte natürlich trotz aller Bemühungen kein Taxi zum Anhalten bewegen können. Zu allem Überfluss lag ihr Handy mal wieder da, wo sie es am wenigsten brauchte: im Hotelzimmer.
Auf dem Weg durch die Lobby tropfte sie das Parkett nass. Sie nickte dem Portier zu und trottete in den Fahrstuhl. Er ruckelte während der Fahrt in den vierten Stock und nicht zum ersten Mal beschloss Joana, beim nächsten Mal daran zu denken, die Treppe zu nehmen. Dieser Aufzug war zu unruhig und zu eng. Wenn jemand zustieg, stieg Joana grund sätzlich aus, weil schon bei zwei oder drei Personen die Enge atemberaubend wurde. Zwischen den vier Kunststoffwänden eingepfercht, musste sie erneut an das Wesen denken, dass sie eben gebannt hatten. Sie fühlte sich schuldig und ärgerte sich darüber. Was hatte sie denn erwartet? Sie konnte doch nicht ernsthaft davon ausgegangen sein, dass Abraham, nur weil er ein netter Kerl war, anders war als andere Clerica und ebenso wenig konnte sie darauf speku lieren, auf ihren Touren mit ihm keinen Dämonen zu begegnen. Worauf sie allerdings nicht gefasst gewesen war, war die vermeintliche Harmlosigkeit, die Un schuld dieser Wesen. Der Kerl hatte nichts getan und wäre er in seinem jungen Leichtsinn nicht dummer weise fasziniert von ihr gewesen, hätten weder Abra ham noch sie gemerkt, dass er kein Mensch war. Ein solches Geschöpf einfach vorsorglich zu bannen, konnte doch nicht richtig sein. Ihr Gewissen randa lierte, und es half überhaupt nichts, dass sie den Bann nicht gesprochen hatte , sondern Abraham.
Frustriert rammte sie ihre Schlüsselkarte in das Lesegerät und öffnete die Tür. „Es hat keinen Zweck, das ist doch alles bescheuert“, begrüßte sie ihre Mut ter, die mit ihrem Handy am Schreibtisch saß. „Ich geh da nicht mehr hin, das bringt uns keinen Schritt weiter. Ich habe nichts herausge…“ Sie warf Mary einen Blick zu und verstummte im Wort. „Mama? Du bist ganz grau im Gesicht, was ist passiert?“
„Er hat es herausgefunden.“
Joana ließ ihre Handtasche fallen. Diese paar Worte konnten alles bedeuten. Ihre Fantasie spielte ihr in Höchstgeschwindigkeit ein paar Horrorszenarien vor, in denen die schlimmsten Dinge geschahen, weil irgendwer irgendetwas herausgefunden hatte. Die in frage kommenden Kombinationsmöglichkeiten waren exorbitant zahlreich.
„Wer …?“, fragte sie und registrierte, dass es ihr eigenes Mobiltelefon war, das Mama anstarrte und das die Schreckensnachricht überbracht haben musste, „hat was rausgefunden?“
„Dieser verdammte, gruselige Fürst in Russland.“ Mary schüttelte sich regelrecht. Sie nahm dem Levia than die kleine Tierschau in seinem Vorgarten noch übel. „Er weiß, dass der Luzifer Nicholas zu Recht in seiner Gewalt hat. Er weiß von dem doppelten Schwur.“
Bamm, das hatte gesessen. Joana hatte damit rech nen müssen, alles andere wäre schon eine enorm glückliche Fügung. Aber es ausgesprochen zu hören, nicht als Möglichkeit , sondern als Fakt, war ein Schuss vor den Bug. Aber warum konsternierte es Mama so?
Mary starrte immer noch das Telefon an, als wäre es schuld an der Misere. „Der Leviathan hat dem Luzifer ein Ultimatum gestellt, den Nybbas unverzüglich frei zulassen.“
„Bis wann?“, schnappte Joana. Sie hatte das Gefühl, in ihrem unteren Bauchbereich würde sich etwas regen, aber das war sicher nur der Schreck.
„Bis heute“, antwortete Mary, aber es klang keines wegs so erleichtert, wie es sollte.
„Der Luzifer hat sich der Anweisung natürlich ver weigert ...“
Warum wunderte sie das nicht?
„... und der Leviathan sinnt daher auf Rache.“
Auch das kam nicht unerwartet. Dass der Fürst des Neides sein Eigentum unkommentiert dem Fürsten des Hochmuts überließ, war schwer nachvollziehbar. In
Weitere Kostenlose Bücher