Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
verzichtete aber auf die Antwort. Sie spürte instinktiv, dass das Wesen ihr gegenüber die Wahrheit nie verstanden hätte, egal, was sie sagte.
„Du willst den Nybbas mit dir nehmen“, riet die Lady.
„Ich will bloß, dass du ihn gehen lässt.“
Die Lady lächelte. „Du glaubst, ich würde ihn gefan gen halten? Du darfst dich später davon überzeugen, dass dem nicht so ist.“ Sie goss Wasser aus einer gro ßen Karaffe in ein Glas. Ihre Hände zitterten. Waren es Zeichen der Schwäche, auf die Demjan angespielt hatte? „Ich nehme an, du hast mir etwas mitgebracht, um es mir im Tausch anzubieten?“
„Großer Fürst Luzifer“, sagte Joana und zwang sich trotz aller Furcht ein wenig Spott auf, „was könnte ich haben, das dich interessiert?“
„Eine Grimoire vielleicht“, schlug die Lady vor und erklärte das Wort, als sie erkannte, dass Joana keinen Schimmer hatte, wovon sie sprach. „Als Hexenbuch bezeichnen es die Ahnungslosen. Du würdest es den Almanach der Clerica nennen.“
„Tut mir leid, ich besitze nichts dergleichen .“
„Wie schade.“ Die Lady seufzte. Ich mag alte Din ge.“ Ganz langsam erhob sie sich, nahm das Glas an sich, trat auf Joana zu und reichte es ihr. „Bitte. Trink etwas.“
Sie fühlte sich geprüft wie im Garten des Levia thans. Wie auch dort sagte ihr eine innere Stimme, dass es mitunter die beste Entscheidung war, einfach weiterzugehen. Sie zögerte nur einen Moment. Gift galt als beliebte Waffe bei Frauen, aber das Ding vor ihr war keine Frau. Würde der Fürst des Hochmuts sich dazu herablassen, einen Feind in seinen v ier W än den zu vergiften? Joana fand das wenig wahrschein lich, nahm das Glas und leerte es zur Hälfte. Ihr Gegenüber schien zufrieden.
„Habe ich das richtig verstanden?“, hakte Joana nach. „Er ist hier?“
„Durchaus.“ Die Lady wandte sich ab und trat zu einem Sideboard, auf dem Obst, Pralinen und Ge tränke zwischen Statuetten aus Kristall und Gold standen wie Opfergaben. Sie schenkte sich ein Glas Champagner ein und griff sich eine Erdbeere aus einer silbernen Schale. So war das also. Joana wurde ihr Stellenwert demonstriert. „Und zwar aus voller Überzeugung. Er hat eingesehen, dass er sich zu viel Macht, schwere, gefährliche Macht, auf die Schultern läd t , wenn er weiterhin in dieser Verbindung mit dir lebt. Stell dir vor, diese Macht wird offen bekannt. Es griffe sowohl in unserem als auch in deinem Volk um sich wie eine Pandemie. Alle würden nach dieser Macht lechzen. Der Nybbas hat beschlossen, diese Gefahr nicht weiter anzuheizen und zu seinen Wur zeln zurückzukehren.“
Joana dagegen hatte beschlossen, alles mit Schwei gen abzustrafen, was sie für Unsinn hielt. Zwar be gann es ihr jetzt schon schwerzufallen, aber wenn sie sich nur kräftig auf die Unterlippe biss, ging es. Es gab Wichtigeres zu besprechen.
„Ich war positiv überrascht, dass du dich mir nun ebenfalls auslieferst. Ich hatte mich gerade darange macht , die Suche nach dir zu beginnen. Deinen Na men hatte dein Liebster mir bereits verraten, ebenfalls die Berliner Adresse deiner lieben Mutter. Neukölln, soso. Es soll dort ja sehr … abwechslungsreich sein.“
Joana atmete langsam aus und bemühte sich, nicht auf die Provokation einzugehen. Sicher hatte Nicho las sie nicht verraten. Der Teufel wusste, wo sie die Informationen herhatte . „Ich wollte dich nicht mit der Suche nach mir überfordern. Ich mache es meinem Gegenüber gern leicht, wenn ich den Eindruck habe, dass dies angebracht ist.“
Die Lady musterte sie. Minimal verengte Augen deuteten darauf hin, dass sie nicht mehr so entspannt wie zu Anfang war. „Ein unkomplizierter Mensch.“ Das Murmeln schien eher an sich selbst denn an Joa na gerichtet zu sein. „ Geradeheraus , mutig und ohne Freude am Herumreden um den heißen Brei. Direkt und unverblümt. Ja, das passt zu meinem Nybbas. Ich verstehe, was er an dir fand.“
Joana deutete eine spöttische Verbeugung an – ab geschaut bei Nicholas. Er war ein idealer Lehrmeister, wenn es darum ging, Gelassenheit zu demonstrieren, wenn eigentlich Grund zur Panik bestand.
„Du siehst erschöpft aus, Luzifer.“ Es war raus; der unheilvolle Name war genannt.
Die Angesprochene winkte ab. „Bitte nenn mich Marina.“
„Marina, gut. Du hast einen anstrengenden Vor mittag hinter dir. Ich habe das Resultat im Fernsehen gesehen.“
Die Lady ließ sich in einen Sessel sinken und schlug graziös die Beine übereinander. „Das war ein
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