Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
angeschwollen. Wie konnte die Herrin nur so stolz und stur bleiben, wenn um sie herum alles im Chaos versank. Friedliche Blau wale und Orcas griffen Schiffe an. Monströse Riesen kraken, die stillen Bewohner der unerforschten Tief see, schwammen an die Küsten und zerstörten Häfen, Strandbars und Hotels. Die Menschen kreischten hys terische Litaneien vom Untergang der Welt und flo hen ins Landesinnere. Und ließen ihre Katzen allein auf ausgestorbenen Küstenstraßen zurück!
Die Herrin jedoch hatte kein Wort für Natashas Sorgen übrig. Sie hatte nur Augen für den Nybbas, den zu besitzen sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Um ihn zu brechen, lud sie selbst seine Clerica-Freun din ins Haus ein – sah sie denn nicht die Gefahr? Natasha hatte miterlebt, wie eine scheinbar gewonne ne Schlacht um den Nybbas und die Clerica umschlug. Den Paymon hatte dies das Leben und den Whiro seine Freiheit gekostet. Doch der Luzifer war so stolz, so überheblich, dass er nicht bemerkte, wie kritisch die Situation war.
Sie ließ sich an ihrem Schreibtisch nieder, versetzte die altägyptischen Götzenbildnisse, die ihr als Briefbe schwerer sowie als Erinnerungen an bessere Tage dienten. Eine ihrer Katzen sprang ihr auf den Schoß und begann, genüsslich zu pföteln. Natasha beruhigte sich, während sie das seidige Fell streichelte und die Katzenkrallen feine Fasern aus ihrer Strumpfhose zogen.
Sollte die Herrin doch tun und lassen, was sie woll te. Natasha hatte gesehen , wie sich Pharaonen erho ben, um wieder zu fallen. Eines hatte sie gelernt: Oft fiel die Macht, doch selten nur fiel der König. Manch mal war es dem König schlichtweg egal, seine Macht zu verlieren; manche atmeten danach erleichtert auf. Nie waren Könige die, die unter den Trümmern star ben, die sie geschaffen hatten.
Für eine Sekunde kam ihr der Gedanke, wie es wäre, wieder frei zu sein. Sie hätte ihre Zukunftssicht zu rück für den Preis des Schutzes, den der Luzifer ihr bot. Mit einem Seufzen wies sie die Idee von sich. Nein, der Herrin zu dienen war ihr Wunsch gewesen, sie würde ihre Loyalität nicht bei der ersten Prüfung aufgeben. Doch ebenso wenig konnte sie ihr freies Denken für ihre Treue aufgeben. Und so viel stand fest: Ein Atomkrieg war zu viel.
Ein Dilemma.
„Einen Tod muss man sterben , imōto “, flüsterte sie ihrer Katze zu. „Aber nicht zwingend einen endgül tigen. Du weißt , was ich meine; du, mit deinen neun Leben.“
Sie nahm einen Bogen Papier sowie einen Kugel schreiber, versetzte sich in die Jahre zurück, in denen sie in Persien gelebt hatte und schrieb in ihrem besten Arabisch ein bildgewaltiges Erpresserschreiben.
~*~
Nicholas wurde aus sengender Hitze in eiskaltes Was ser gerissen. Eben noch hatte das Feuer verhindert, dass er frei atmete, nun war es das Wasser. Er starrte Joana an, die sich mühsam vom Boden erhob.
Das hast du nicht getan, Jo. Sag, dass du es nicht getan hast.
Doch was hätte sie sonst tun können? Er hatte ver sucht , sie zu erwürgen, obgleich er seine Hände lieber um seinen Hals oder den von Marina geschlossen h ä t te . Nichtsdestotrotz war es ihre Kehle, die bereits die Abdrücke seiner Finger in dunklen Hämatomen zeig te. Unter ihrer Nase verschmierten ein paar Blutstrop fen.
Er hatte versucht, sie zu töten und er war dem Ziel, das der Luzifer befohlen hatte, verdammt nah gekom men. Dreck, was immer sie mit ihm gemacht hatte – sie besaß jedes Recht dazu.
Er selbst hatte ihr verraten, wie sie die Beschwörung wahrmachen konnte. Er hatte ihr in Bildern und Tö nen und Emotionen gezeigt, welchen Namen sie mit Blut auf seine Haut zeichnen musste, um die absolute Macht über ihn an sich zu nehmen. Er hatte ihr die Schwachstelle gezeigt, die Lorenna geschaffen hatte, als sie ihn beschwor.
Sein Name, mit deinem Blut auf den Leib geschrieben, wird dich bannen und dich zu dem meinen machen.
Jo war klug. Sie hatte zugehört und sich leichtsinnig genug gezeigt, die Beschwörung zu wagen. Sie hatte keine andere Wahl. Er hätte es wissen müssen.
Und doch …
Sein Herz sollte ihr gehören. Nun gehörte er ihr komplett; sein Herz, sein Hirn, sein Fleisch und seine Seele. Ohne ihren Befehl konnte er nicht einmal den Mund öffnen, geschweige denn eine Entscheidung treffen. Seine Liebe war nicht länger Liebe , sondern unzerbrechlicher Zwang.
Ihr ausgeliefert zu sein – ihr Eigentum zu sein, für immer – war eine Demütigung, wie sie kein Luzifer zu verursachen vermochte. Es war
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