Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
dann an, wenn ich eine schöne Ablenkung gerade besonders nötig habe.“
Mit einem Mal hatte Nicholas so viele Fragen im Kopf, dass er kaum eine formulieren konnte. Wie erstaunlich, wie sehr einen eine unbekannte Erfah rung aus der Bahn werfen konnte, ganz egal, was um ihn herum passierte. „Der ganze Stress“, begann er vorsichtig und fühlte sich unsicher, unerfahren, hilf los. „Schadet er ihm nicht?“
„Ich weiß es nicht“, sagte Joana. „Aber Babys kom men in Kriegsgebieten und zu größten Krisenzeiten zur Welt. Dieses Baby hat einen Kampfgeist sonder gleichen bewiesen, immerhin habe ich bis ungefähr in die zehnte Woche jeden Tag die Pille geschluckt.“ Sie legte ihre Hand über die seine, drückte leicht und gleich kam die Antwort in Form einer Bewegung aus ihrer Gebärmutter. „Es ist stark.“
„Ist es normal?“ Eine seltsame Frage, immerhin war es ein halber Dämon. Was war da schon normal? Joa na wusste, was Nicholas meinte. Erneut zuckte sie gut gelaunt die Achseln. „Die körperliche Entwicklung scheint normal. Ich bin jetzt in der achtzehnten oder neunzehnten Woche, höchstens in der zwanzigsten, ich habe keine Ahnung, wann meine letzte Periode war. In dem Zeitrahmen sind erste Bewegungen abso lut üblich. Alles andere weiß ich nicht. Eine Heb amme hab ich so schnell nicht auftreiben können und mit den ersten Untersuchungen beim Arzt wollte ich auf dich warten. Die machen dort einen Ultraschall und ich wollte nicht riskieren, dass irgendein Arzt etwas Anormales sieht. Stell dir vor, es hat Hörner oder Stacheln und das bemerkt jemand, wenn du nicht dabei bist und dafür sorgen kannst, dass er es wieder vergisst.“
„Ich habe ja auch so viele Hörner und Stacheln.“ Nicholas strich sich flapsig die Haare aus der Stirn.
„Du weißt, was ich meine“, erwiderte sie mit einem zärtlichen Lächeln, das ihn schmerzhaft an früher erinnerte.
„Nicholas, wo wir schon dabei sind“, druckste sie, „wie geht es deinen Hörnern und Stacheln? Ich meine …“
„Der Nybbas?“ Den Namen zu nennen klang fremd; den Gedanken weiterzuführen war wie ein Weg ins Dunkle. Es ängstigte ihn nicht mehr, aber es drückte ihn zu Boden, nahm ihm jede Motivation. „Ich weiß es nicht. Marina hat mir nicht erlaubt, ihn freizulassen. Vielleicht … ist er nicht mehr da.“
„Er kann nicht weg sein!“, fiel Joana ihm heftig ins Wort. „Was soll das heißen – nicht mehr da?“
„Verhungert“, schlug er vor. „Kaputt. Tot.“
Joana schüttelte den Kopf. „Nein!“ Es klang, als bedeutete es ihr etwas, als würde ihr dieses Geschöpf fehlen, vor dem sie sich immerzu geängstigt hatte.
„Ich habe ihn einmal freilassen können. Und dann bin ich in den Hudson River gefallen. Seitdem hab ich ihn nicht mehr gespürt. Keinen Hunger, keine Gier. Nichts.“
Joana hob beide Hände vor den Mund. „Du bist in den Hudson River gefallen?“
„Ist das in New York gesetzlich untersagt?“
Sie schüttelte den Kopf, als wäre es bereits ein unaussprechliches Verbrechen, darüber nachzuden ken. „Was, wenn du es ausprobierst?“
Den Nybbas freizulassen? Er spielte die Idee in Gedanken durch und kam zu der erschreckenden Erkenntnis, dass es ihn in den Wahnsinn triebe, würde er es nicht schaffen. „Ich will es nicht.“
Joana biss sich auf die Unterlippe. „Wegen der Beschwörung?“
Er nickte, weil es eine naheliegende Erklärung war, eine gute Erklärung – aber sie war gelogen. Die Wahr heit beschämte ihn allerdings zu sehr.
Betreten rutschte Joana hin und her. Sie spürte seine umgeschlagene Stimmung sofort. Sie hatte immer je de seiner Emotionen wahrgenommen, bevor er sich ihnen bewusst gewesen war. Nicht selten war es äußerst lästig gewesen, von ihr so mühelos durch schaut zu werden. Aber jetzt, da seine Emotionen ohnehin davon abhingen, was Joana wollte, begann es an tieferen Punkten seines Wesens zu kratzen. Er fühlte sich ausgehorcht und kontrolliert. Was absurd war, denn sie saß einfach nur neben ihm und suchte nach den alten Anknüpfpunkten.
Sie suchte nach ihm, und immer wenn sie ihm näher kam, wich er zurück , ohne sich zu bewegen.
~*~
Joana beschloss, die Dusche sein zu lassen, nachdem sie einen Blick hineingeworfen hatte. Sie ließ sich auf den Klodeckel sinken, sackte in sich zusammen und legte die Stirn auf die Knie.
Nicht heulen, Joana, jetzt bitte nicht heulen.
Hey, was hatte sie erwartet? Er hatte ihren Bauch berührt, er hatte beim Gedanken an das Baby
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